home 2013, 2017 Liebevoll-komische Rundreise durch die Märchenwelt

Liebevoll-komische Rundreise durch die Märchenwelt

Update, 28.12.2017

In der diesjährigen Wiederaufnahme steht erneut Franziska Kuropka in ihrer Paraderolle als 13. Fee und böse Stiefmutter auf der Bühne. Sie überstrahlt in Verschlagenheit alle Kollegen und jagt einigen Kindern mit ihren nebelumwobenenen Auftritten einen ordentlichen Schrecken ein. Doch auch als rappende Rapunzel und Ossi-Zwerg hat Kuropka die Lacher auf ihrer Seite. Neu im Ensemble ist Christian Petru, der als symatisch-schusseliges Schneiderlein eine Märchenschönheit nach der anderen befreit. Natürlich helfen hierbei aber der Zufall und eine gehöige Portion Glück gehörig mit.

Veit Schäfermeier steht erstmal als Vater und König auf der Bühne. Er macht seine Sache mehr als gut und bringt viele mit seiner gar nicht wirklich strengen Art zum Lachen. Katrin Taylor macht in sämtlichen Prinzessinnenrollen ene gute Figur: Ob als tumpes Dornröschen, liebliches Schneewittchen oder selbstbewusstes Rotkäppchen – durch den Wechsel von Dialekten und Habitus unterscheiden sich die Figuren so sehr, dass nicht jedes Kind sofort merkt, dass überall die gleiche Schauspielerin dahintersteckt. Timo Riegelsbeger komplettiert das Ensemble an diesem Tag und ist ein sehr niedlicher böser Wolf zum Knuddeln. Auch als leicht trotteliger Diener des Königs macht er viel Spaß.

Am Ende jubelt das Publikum begeistert und klatscht und tanzt zwischen den Stuhlreihen mit. „Es war einmal“ ist hervorragende Familienunterhaltung und kann  jedem, der Freude an wortwitzigem Musiktheater für Groß & Klein hat, dringend ans Herz gelegt werden.

Michaela Flint


Papa ist alles andere als Märchenfest – das merken seine drei Kinder mehr als deutlich als er ihnen die Geschichte vom „Tapferen Schneiderlein“ in einer sehr kreativen Fassung erzählt.

Das Schneiderlein erlegt sieben Fliegen mit einem Schlag, soweit so richtig. Gut, die Fliegen saßen nicht auf einem Pflaumenmusbrot, sondern auf einem Honigbrot… Aber richtig schräg wird es als der König, der dem vermeintlich übermächtigen Schneiderlein unlösbare Aufgaben stellt, die Hand seiner Tochter verspricht. Und dieses Töchterlein ist Schneewittchen. Da blättert man dann doch im Geiste in seinen Grimmschen Märchenbüchern und überlegt, welche Querverbindung man vergessen haben könnte.

Doch es kommt noch besser. Dss Schneiderlein muss nicht nur Dornröschen aus seinem 100jährigen Schlaf wachküssen, Rapunzel aus em Turmgefängnis retten und das Rotkäppchen sicher zu seiner Großmutter bringen. Nein, das Schneiderlein muss ich auch mit dem Froschkönig, Hänsel & Gretel und Schneewittchens böser Stiefmutter herumschlagen.

Was wie das pure dichterische Chaos klingt, entpuppt sich als Riesenspaß für Groß und Klein auf der Bühne des Schmidt Theaters. Es läuft so einiges durcheinander, aber die Kinder lieben den jammernden und ganz und gar nicht bösen großen grauen Wolf. Sie unterstützen das Schneiderlein bei all seinen Abenteuern und helfen Dornröschen und Rapunzel lautstark gegen ihre Widersacher. Dass die böse Stiefmutter ausgebuht wird, versteht sich von selbst.

Auch Handpuppen kommen in diesem Stück in Gestalt von singenden Rosen und dem extrem flirtenden Froschkönig zu Ruhm. Kids haben an dieser Art von Mitmachtheater sehr viel Freude.

Aber auch für die erwachsenen Besucher bietet „Es war einmal…“ viel. Heiko Wohlgemuth hat gewohnt spitzfindige Dialoge und Songtexte geschrieben. Während Kinder so etwas wie „Wir gehen in den Har(t)z4!“ oder „…nur Spiegel-Leser wissen mehr.“ oder „Rapunzel, Du hast die Haare schön!“ einfach überhören, wissen die Großen ganz genau, was dahinter steckt und schütten sich aus vor Lachen.

Martin Lingnau hat schmissige, abwechslungsreiche Songs für das Märchenmusical geschrieben. Seine Handschrift ist unverkennbar, mitklatschen ist ausdrücklich erlaubt. Dass die Kreativen sich dabei selbst nicht so ernst nehmen, zeigt die Ballade „Dies ist ein trauriges Lied“, deren einziger Songtext aus der Wiederholung des Titels besteht.

Doch auch tänzerisch hat „Es war einmal“ einiges zu bieten. Benjamin Zobrys hat den Darstellern schwungvolle Choreographien beigebracht, die auch das Publikum zum Mittanzen anregen.

Auch die Darsteller haben sichtlich Spaß, allen voran Franziska Kuropka, die sich als 13. Fee und böse Stiefmutter in der Ablehnung des Publikums weidet. Als überdrehte gute Fee und überschwänglicher Ossi-Zwerg hat sie aber ganz klar die Sympathien auf ihrer Seite. Auch Marco Knorz begeistert als sympathisch-tolpatschiges Schneiderlein. Torsten Hammann schüchtert allein ob seiner puren Statur als König ein. Seine sonore Stimme sorgt für Gänsehautschauer. Doch auch als schwuler Zwerg und schusseliger Papa macht er Spaß. Hakan T. Aslan ist der böse Wolf, dem gleich mehrfach der Bauch aufgeschnitten wird. Auch als „Türken-Zwerg“ sorgt er mit wunderbaren Sprüchen für Lacher („Hab‘ ich Kino im Gesicht, oder was?!“). Johanna Haas ist als Schneewittchen, Rotkäppchen, Dornröschen und Rapunzel zu sehen. Allesamt hübsche Prinzessinnen. Haas ist zuckersüß und gibt jeder der vier Ladys ihren eigen Stil.

Carolin Spieß, selbst seit Jahren festes Mitglied der Schmidt-Theater-Familie (u. a. „Villa Sonnenschein“, „Die Königs vom Kiez“), hat mit „Es war einmal“ ein ganz besonderes Weihnachtsmusical inszeniert. Ganz in der Tradition der Schmidtschen Musicalproduktionen haben die Zuschauer viel zu lachen, die Charaktere sind sehr sympathisch und gemeinsam mit den zweckdienlichen, aber nicht minder überraschenden Kulissen von Christine Grimm ergibt sich eine rundum gelungene Show und ganz bestimmt kein „Grims Grams“!

Michaela Flint

Theater: Schmidt Theater, Hamburg
Besuchte Vorstellung: 26. Dezember 2013
Darsteller: Franziska Kuropka, Marco Knorz,  Thorsten Hamann, Johanna Haas, Hakan T. Aslan
Regie: Carolin Spieß
Fotos: Oliver Fantitsch
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