home 2025, Neu Eine gelungene Zeitreise in die 1990er Jahre

Eine gelungene Zeitreise in die 1990er Jahre

Alles neu macht der Juni! Zumindest gilt das für das First Stage Theater: In den letzten Wochen wurde es umfangreich renoviert. Um die neue Bühne, den modernisierten Gastrobereich und natürlich die neuen Stühle im Saal gebührend zu feiern, hat man sich mit „Kein Pardon“ ein Stück ausgesucht, das schon in den 1990er Jahren Fernsehzuschauer begeisterte und vor 14 Jahren in Düsseldorf auf der Bühne des Capitol Theaters für gute Laune sorgte.

Die Kreativen aus dem First Stage haben sich Verstärkung geholt, die sich in Hamburg und darüber hinaus einen Namen auf Musicalbühnen gemacht haben: Franziska Kuropa als Regisseurin, Sven Niemeyer als Choreograph, Nicolas Mischke als Musical Director und natürlich Nik Breidenbach als Heinz Wäscher. Eine feste Bank im Team ist Felix Wienbürger, der auch diesmal für Bühne und Licht verantwortlich zeichnet. Für den Sound ist Nils Steinkamp verantwortlich. Komplettiert wird die Riege der Kreativen von Klara Riefenstahl (Haare & Make-Up) sowie Volker Deutschmann und Hermine Seifert, die die Kostüme kreiert haben.

35 Absolvent:innen erwecken in diesem Stück das Bottrop der 1990er Jahre mit viel Einsatz und Sinn für Humor zum Leben. Allen voran natürlich Philip Rakoczy, der als Schnittchenlieferant Peter Schlönzke den vermeintlichen Tellerwäscher-Traum lebt und eine eigene Fernsehshow bekommt. Rakoczys Stimme hat eine wunderschöne Klangfarbe. Schon seine charmante Liebeserklärung an das Fernsehen ist Herzerwärmend. Auch seine Mimik, bspw. wenn er im Verlauf der Show über Heinz Wäsche herzieht, ist großartig. Als „glitschiger Luschthase“ ist er einfach zum Totlachen komisch.

Als Peters Mutter, Hilde Schlönzke, darf Munja Meier ihr komödiantisches Talent zeigen. Ihr gelingt der Spagat zwischen Stolz und Verletztheit sehr gut. Dass sie stimmlich zu den besten diesen Jahrgangs gehört, kann sie zwar rollenbedingt kaum zeigen, doch hier und da bekommt man einen Eindruck von ihrem Talent. Ganz zauberhaft ist Viola Bremer als Oma Schlönzke: Sie verzeiht dem abtrünnigen Peter als erste. Eine liebevolle Oma wie sie im Buche steht! Den etwas griesgrämigen, leicht schwerhörigen Opa Schlönzke erweckt Pascal Giebel zum Leben. Schön schrullig und polternd führt er (vermeintlich) das Regiment der Familie.

Eine herrlich schräge Type ist auch Karin, dargestellt von Svea Pöhler. Von der Kaffee-kochenden Assistentin zur Talkmasterin – eine steile Karriere, die sie in erster Linie ihrer lauten Art und Unverblühmtheit zu verdanken hat. Pöhler macht sich gekonnt zur Lachnummer und überzeugt mit dieser extravaganten Figur.

Peters Freundin Ulla, die etwas burschikose Tontechnikerin mit Ambitionen zu Größerem, wird von Ilka Kottkamp gespielt. Sie ist herrlich frech, eine tolle Freundin und wirbelt mit einer raumgreifenden Energie über die Bühne („Klingelsturm“). Das Duett „Wild und frei“ mit Rakoczy gehört zu den Highlights des Abends!

Apropos Highlight: Nik Breidenbach als aufgeblasener, respektloser Heinz Wäscher ist super. Man weiß, dass er solche „besonderen“ Charaktere famos spielen kann und es macht Spaß ihm bei seinem exaltierten Gehabe zuzusehen. Als Wäschers Schwester Uschi Blum ist er mindestens ebenso überzeugend, auch hier bringt der Absolvent der Stage School seine ganze Erfahrung ein. Die Uschi Blum Boys rahmen die Sängerin gekonnt ein und sorgen mit ihrer Perormance für jede Menge Lacher!  Allerdings hätte man die selbstbewusste Künstlerin durchaus etwas pompöser ausstatten können. So erinnert sie eher an eine graue Maus als an eine Show-Diva.

Kurz vor dem Finale feuert Kuropka mit der Reprise von „Willkommen beim Fernsehen“ noch einmal ein Feuerwerk ab: Peter wird von seinen Wegbegleitern heimgesucht – folgerichtig bewegen sich diese in bester Zombiemanier. Und über allem lächelt ein dämonischer Heinz Wäscher. Eine große Freude!

Ein Wort noch zur Bühne: Was hier einmal mehr an verschiedenen Szenenbildern geschaffen wurde, die technisch ausgefeilt aus einem TV-Studio einen Bottroper Straßenzug machen oder aus dem Wohnzimmer der Schlönzkes den Backstageingang des Studios. Das First Stage muss sich hier auf keinen Fall verstecken. Bühnentechnik und Kulissen sind definitiv Oberliga!

Zum Finale füllt sich die Bühne einmal mehr: 36 Darstellerinnen und Darsteller sind wirklich eine ganze Menge! Der obligatorische Mitmachsong „Das ganze Leben ist ein Quiz“ wird in verschiedenste Stilrichtungen transferiert und so kommen die Zuschauer auch in den Genuss einer amüsanten Samba-Sequenz. Die Künstler:innen haben ganz offensichtlich Spaß dabei. Und Sven Niemeyer schöpft choreographisch einmal mehr aus dem Vollen.

„Kein Pardon“ ist kurzweilig, macht Spaß und sprüht vor Kreativität. Ein weiterer Beweis dafür, dass wir uns keine Sorgen um den Musical-Nachwuchs in Deutschland machen müssen.

Michaela Flint

Theater: First Stage Theater, Hamburg
Premiere: 10. Juni 2025
Darsteller: Nik Breidenbach, Absolventen
 der Stage School Of Music, Dance and Drama

Regie & Choreographie: Franziska Kuropka / Sven Niemeyer
Fotos: Dennis Mundkowski

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