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Spamalot

Wo sonst könnte man “Spamalot” erfolgreicher auf die Bühne bringen als in England, dem Heimatland von Monty Python? Ein Jahr nach der erfolgreichen Broadway-Premiere kommen nun auch die Engländer in den Genuss der musikalischen Adaption der „Ritter der Kokusnuss“ (im Original: „Monty Python and the Holy Grail“). Kennt man den Film und hat man vorab die Broadway-Aufnahme gehört, weiß man, was einen erwartet: Ein Comedy-Spektakel, das sich selbst auf die Schippe nimmt. Man könnte es auch guten Gewissens ein Trashical nennen, denn die Tafelrunde in ein Casino zu verwandeln, die Hochzeit von Guenevere und Arthur in einer Las Vegas Hochzeitskapelle zu feiern und aus Lancelot einen schwulen Ritter im Copacabana-Stil zu machen, sind nur einige der schrägen Einfälle von Eric Idle, der dieses Musical geschrieben hat.

Die Handlung erzählt sehr frei die Geschichte von König Arthur zunächst auf der Suche nach seinen Rittern, dann nach dem Heiligen Gral und dann nach einer Frau. Kuriositäten wie die „Lady of the Lake“ mit ihren Laker Girls, die in Fäkalsprache und -zeichen sehr bewanderten Franzosen, die Ritter, die immer Ni sagen oder der unglückliche Prince Herbert, der nicht singen darf, machen diese Show zu einem Angriff auf die Lachmuskeln.

Tim Curry und Christopher Sieber sind für „Spamalot“ an die Themse gezogen und geben nun jeden Abend im Palace Theatre – „in einem schrecklichen Stadtteil Londons“ – King Arthur und Sir Dennis Galahad. King Arthur ist eine recht traurige Figur – weit weg von Camelot, ohne Ritter, ohne Frau, nicht einmal seine Untertanen kennen ihn, doch er wird ständig begleitet von Patsy (David Birrell), der die Kokosnuss-Schalen für das Original-Hufgeklapper schwingt und seinem Herrn auch sonst immer beisteht. Tim Curry spielt die Rolle mit einer gehörigen Portion Selbstironie, selbst, wenn er nur etwas undeutlich in seinen Bart nuschelt, johlt das Publikum. Allerdings stünde dem König ein wenig mehr Haltung und majestätische Ausstrahlung gut zu Gesicht. Christopher Sieber spielt den wenig hellen Schönling Galahad souverän und bedient alle gängigen Klischees über die Intelligenz von Blondinen.

Die Ritter der Tafelrunde werden durch den wenig mutigen Sir Robin, Sir Bedevere und Lancelot vervollständigt. Während Robert Hands die wahren Qualitäten Sir Robins erst im zweiten Akt zeigen darf, wenn die Ritter ein Musical kreieren müssen („You won’t succeed at West End if you don’t have any Jews“), versagt Sir Bedevere (Tony Timberlake) schon beim Kampf gegen die Franzosen, als er vergisst, dass der Trojanische Riesenhase das Versteck für die Ritter um King Arthur sein muss, um als Ablenkung zu funktionieren. Lancelot wird von Tom Goodman-Hill gespielt. Im Laufe des Stücks erkennt er, dass er homosexuell ist. Spätestens nachdem er Prince Herbert anstatt der erwarteten Prinzessin aus den Armen der brutalen Vaters gerettet hat, ist alles klar („His Name is Lancelot!“). Den bekanntesten Song darf jedoch der treue Patsy (David Birrell) – tatkräftig unterstützt vom pfeifenden Publikum – singen: „Always look on the bright Side of Life.“

Die Leading Lady – und das im wahrsten Sinne des Wortes – ist Hannah Waddingham. Als Lady of the Lake beeindruckt die Engländerin nicht nur durch zahlreiche wunderschöne, auf den perfekten Körper geschneiderte Kleider, eine die männlichen Kollegen überragende Körpergröße und eine kraftvolle Stimme. Auch ihre Mimik und Gestik zeigen mehr als deutlich, dass sie

sich in dieser Rolle sehr wohl fühlt, in der sie ihr komödiantisches Talent voll ausspielen kann. Showstopper wie „The Songs that goes like this“ und „The Diva’s Lament“, in dem sie sich zur Hälfte des zweiten Akts darüber beklagt, dass sie bisher nur im ersten Akt zu sehen war, vereinen die musikalische Intensität (Musik: John Du Prez) dieses Stücks. Doch auch hier gilt: Nichts und niemand nimmt sich hier ernst. Da erschießt der Dirigent auch schon mal ein zu laut spielendes Orchester-mitglied, Gott taucht in Form von überdimensionalen Füßen bzw. einer Hand mit der Stimme von John Cleese auf und diverse Tote singen und tanzen auf dem Sterbebett („I am not dead yet“).

Auch andere Musicals bekommen ihr Fett weg: So verweigern die Ritter ein Stück von Andrew Lloyd Webber als es darum geht, die Aufgabe einer Musicalinszenierung zu bewältigen. The Lady of the Lake und Sir Galahad kommen im „Phantom der Oper“-Style auf die Bühne geschippert (stilecht mit Laterne an der Bugspitze und nach den Szene schräg hängendem Kronleuchter über ihren Köpfen) und zu den Franzosen gehört Eponine genauso wie die wirkungsvoll über die Köpfe des gesamten Ensembles geschwungene Fahne. Es gibt hier viel zu entdecken – keine Frage.

Während seine Ritter in alle Winde verteilt sind, ergeht sich King Arthur in Selbstmitleid („I’m all alone“), den treuen Patsy völlig ignorierend. Die Spiel von Tim Curry und David Birrell ist in dieser Szene brillant und das Publikum bekommt sich vor Lachen kaum mehr ein.

Nachdem die Ritter erfolgreich den „dunklen, sehr teuren Wald“ hinter sich gelassen, und den Killerhasen mit der magischen Handgranate bezwungen haben, erwartet sie in Form von Camelot endlich ihre Belohnung. Die Ritter finden alle ihre wahre Bestimmung: Sir Robin wird Musicalstar, Lancelot ehelicht den glücklich singenden Prince Herbert, King Arthur erfährt, dass die von ihm verehrte Lady of the Lake eigentlich Guenevere heißt und ihn ebenso liebt. Ein kitschiges Happy End à la Monty Python eben.

Und was wäre dieses Musical ohne Kokusnüsse, Kampfszenen, in denen Ritter Arme und Beine (!) verlieren und trotzdem weiterkämpfen? Diese Show ist ein großartig besetzter Riesenspaß mit Mitmachgarantie für das Publikum: Der Zuschauer auf Platz D 1 (D one) darf alle Ritter sowie King Arthur auf der Bühne kennen lernen, nachdem der Killer-Hase „done“ (= kalt gestellt“) ist. Dafür erhält er dann sogar einen kleinen Award von der Cast. Alle, deren Traum es ist, auf einer West End Bühne zu stehen, sollten sich diesen Platz reservieren.

Michaela Flint
veröffentlicht in blickpunkt musical

Theater: Palace Theatre, London
Besuchte Vorstellung: 29. August 2007
Darsteller: David Birrell, Tim Curry, Hannah Waddingham, Christopher Sieber
Buch / Musik: Eric Idle / John Du Prez
Fotos: Catherine Ashmore