home 2013 Camp Rock – Ein treffsicheres Abschlussprojekt

Camp Rock – Ein treffsicheres Abschlussprojekt

Als Abschlussprojekts der diesjährigen Absolventen der Hamburger Stage School wurde mit Disneys „Camp Rock“ erstmalig ein komplettes Stück aufgeführt anstelle der sonst üblichen Showcases, die in verschiedenen Szenen das Können der Nachwuchskünstler zeigen. Doch auch mit „Camp Rock“ bewiesen die 27 Schüler, was sie in den letzten Jahren in den Bereichen Gesang, Tanz und Schauspiel gelernt haben.

Die Bühnenfassung von „Camp Rock“ basiert auf dem zweiten Teil des gleichnamigen Disney-Films aus dem Jahr 2010. Jugendliche, die bereits im Vorjahr zu einem eingeschweissten Team zusammengewachsen sind, treffen im beliebten Sommercamp „Camp Rock“ wieder zusammen, um zwei Wochen mit viel Spaß vom Alltag abzuschalten und ihre kreative, musikalische Seite auszuleben. Im Mittelpunkt steht die quirlige Mitchie, die mit ihrer Natürlichkeit schnell zur Sprecherin des Camps wird. Auch in diesem Jahr kommt die beliebte Boyband „Connect 3“ ins Camp, um die Jugendlichen zu unterstützen.

Kurz nach der Ankunft erfahren die Teenies, dass auf der anderen Seite des Sees ein weiteres Camp eröffnet hat: „Camp Star“ unter der Leitung von Axel Turner, einem ehemaligen Wegbegleiter von „Camp Rock“ Leader Brown Cesario. Ihre Wege als Bandmitglieder der „Wet Crows“ haben sich bereits vor 15 Jahren getrennt, doch hier gibt es offenbar noch einiges aufzuarbeiten.

Aus der Rivalität von Turner und Cesario wird schnell ein Wettbewerb zwischen den beiden Camps. Einige Schüler und vor allem Lehrkräfte lassen sich vom schönen Schein des „Camp Star“ blenden und wechseln die Seiten. Die Existenz von „Camp Rock“ ist bedroht. Zudem stachelt Turner die Schüler der Camps auf, in einem so genannten Final Jam gegeneinander anzutreten. Camp-Diva Tess sorgt dafür, dass dieser Wettstreit landesweit live im TV ausgestrahlt wird.

Kurzerhand erklären sich die drei Gray-Brüder von „Connect 3“ bereit, die Lücke im Lehrkörper des „Camp Rock“ zu schließen und die Arbeit beginnt: Mitchie übernimmt die Führung und vergisst leider bei allem Enthusiasmus den Spaß an der Sache. Ihre Camp-Kollegen meutern. Zum Glück kann Jonas Gray, mit dem Mitchie schon seit einem Jahr eine zarte Liebelei verbindet, sowohl das Team als auch Mitchie zur Vernunft bringen und so treten die beiden Camps eine Woche später gegeneinander an.

Nur den manipulativen Aktivitäten von Axel Turner ist es zu verdanken, dass „Camp Star“ den offiziellen Wettstreit gewinnt. Die „Camp Rock“ Kids sind zurecht enttäuscht, da ihre Performance der des „Camp Star“ deutlich überlegen war. Abends sitzen alle am Lagerfeuer und geben sich ihrer Trauer hin als sie die Wahrheit über die Abstimmung erfahren. Plötzlich tauchen die Teenies aus dem anderen Camp auf und zeigen so, dass auch sie die Machenschaften ihres Camp Leaders nicht gutheißen. Cesario Brown kommt dazu und berichtet über das landesweite positive Feedback und die zahlreichen Anmeldungen für das kommende Jahr. „Camp Rock“ ist gerettet und eine große fröhliche Party beginnt…

Für die deutsche Erstaufführung zeichnet ein erfahrenes Kreativ-Team verantwortlich: Jacqueline Dunnley-Wendt stand selbst jahrelang auf der Bühne und hat mit „Cats“, „Die Schöne und das Biest“, „The Producers“ und „High Fidelity“ bereits namhafte Musicals inszeniert oder choreographiert. Bei „Camp Rock“ übernahm sie die Aufgabe von Regie und Choreographie in Personalunion. Unterstützt wurde sie von ihrem Ehemann Hauke Wendt, der nicht nur die musikalische Leitung übernahm, sondern auch die Szenendialoge ins Deutsche übertrug.

Leicht hatten es die beiden sicherlich nicht, denn bei der Besetzung der Rollen konnten sie lediglich auf die Absolventen zurückgreifen anstatt sich aus unzähligen Bewerbern die Idealbesetzung aussuchen zu können. Doch man muss sagen, dass die Rollen der Hauptfiguren allesamt sehr gut besetzt wurden: Stefanie Bondiek gibt eine mitreißende, gefühlvolle Mitchie ab, Stefan Kasperkowiak überzeugt als „Connect 3“ Bandleader Shane Gray nicht nur gesanglich, sondern auch schauspielerisch sehr. Claudia Wölfel de Mejia ist so glaubwürdig als Camp-Diva Tess, dass man sie am liebsten von der Bühne schicken würde. Patric Dull ragt ebenfalls aus dem Ensemble hervor, da er den schüchternen Nate Gray sehr authentisch spielt und stimmlich unerwartet auftrumpft. Den Leading Man des „Camp Star“ gibt ein tänzerisch und schauspielerisch sehr starker Tobias Losert. Auch alle anderen Absolventen agieren rollendeckend und viele habe Momente, in denen sie das Publikum direkt für sich gewinnen.

Mit „Can’t Back Down“ gewinnt das Stück erst relativ spät im 1. Akt an Fahrt, dann aber auch direkt mit Macht. Die Energie, mit der die „Camp Rock“ Kids ihrem Kampfgeist Luft machen, ist ansteckend. Auch szenisch funktioniert dieser Song perfekt. Beim kurz darauf folgenden Song „Play My Music“ stehen vor allem die typisch amerikanischen, exzellent umgesetzten, amerikanischen Choreographien im Mittelpunkt. Man weiß gar nicht, wo man zuerst hinschauen soll, so viele liebevolle Details wurden eingearbeitet. So sieht echtes Musicalkönnen aus!

Der zweite Akt startet ebenfalls etwas verhalten und hat eine Tendenz, sich in Kleinigkeiten zu verlieren, doch mit „Introducing Me“, dem Song bei dem Nate seine Schüchternheit überwindet und seiner Angebeteten Dana seine Liebe gesteht, ist das Publikum wieder voll dabei. So charmant und scheinbar lieblich dieses Stück daherkommt, so anspruchsvoll ist das hohe Tempo des Songs, bei dem beide Darsteller auch noch bühnenweit agieren.

„Wouldn’t Change A Thing“ markiert den Wendepunkt in Shanes und Mitchies Beziehung: Nach diversen Zwistigkeiten der letzten Tage finden sie wieder zueinander und kämpfen gemeinsam für „Camp Rock“. Bemerkenswert an dieser Stelle ist neben den Gefühlswelten, die Stefanie Bondiek und Stefan Kasperkowiak gesanglich scheinbar spielend erschaffen, ihr hervorragendes Englisch.

Der Final Jam, etwas martialisch als „Camp Wars“ deklariert, zeigt die Vielseitigkeit, die ein Musicaldarsteller mitbringen muss. Während das Team vom „Camp Star“ seinen Schwerpunkt auf anspruchsvolle Choreographien, glitzernde Kostüme und einen reibungslosen Ablauf legt, überzeugt das „Camp Rock“ mit großer Spielfreude und Spaß am Singen und Tanzen.

Die Energie (und sicherlich auch die Erleichterung das komplette Stück zum ersten Mal vor 200 Zuschauern präsentiert zu haben) bricht sich im finalen „This Is Our Song“ Bahn und steckt das Publikum an. Tanzend und klatschend stehen die Premierengäste auf der Tribüne und danken den jungen Künstlern für einen mitreißend Abend.

Michaela Flint
erschienen in musicals – Das Musicalmagazin

Theater: Kampnagel, Hamburg
Premiere: 21. Juni 2013
Darsteller:  Absolventen der Stage School of Music, Dance and Drama
Regie:  Jacqueline Dunnley-Wendt
Fotos:  Boris Grzesik
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