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Riverdance – 20 Years

Schon beachtlich: Was 1994 als siebenminütiger Pausenfüller beim „Grandprix d‘Eurovision de la Chanson – neudeutsch: Eurovision Song Contest – begann, ist auch nach 20 Jahren immer noch eine der beeindruckendsten Tanzshows weltweit und eine wunderbare Werbung für die irische Kultur.

Mehr als 25 Millionen Menschen haben sich von den schwungvollen Choreographien, den schnellsten Füßen der Tanzwelt und original irischen Klängen mitreißen lassen. Auch heute noch touren drei Tanz-Compagnien parallel durch die Welt. Irgendwo auf der Welt kann man sich „Riverdance“ immer live auf einer Bühne anschauen…

Doch bei allem Genuss und der Begeisterung für die körperlichen Höchstleistungen der Tänzer – wer weiß wirklich, was wirklich hinter „Riverdance“ steckt?

„Riverdance“ zeichnet des Kreis des Lebens am Fluss nach: Es beginnt mit dem Regen, der aus den Wolken fällt und so den Fluss immer wieder erneuert (,Cloudsong‘). Je stärker der Fluss wird, je mehr Wasser er führt, desto wichtiger wird er für das Land um ihn herum. Der Fluss belebt das Land, von dem sich wiederum die Menschen ernähren. Der Fluss mündet in den Ozean, was tänzerisch eindrucksvoll mit viel Energie (,Thunderstorm‘) umgesetzt wird.

Als Parallele zum Kreislauf aus Regen, Fluss, Land, Ozean und Wolken wird das Leben der irischen Emigranten geschildert, die ihr Land verlassen müssen, um zu überleben, eine neue Welt entdecken, ihre Traditionen dort bewahren und weiterentwickeln und deren Nachkommen nach Generationen wieder zurückkehren ins heimatliche Irland, um ihre Wurzeln zu finden.

Das mag sehr pathetisch klingen, aber zumindest ansatzweise kann man diese Storyline in einigen Szenen sehr gut nachvollziehen. Am einfachsten fällt dies in den Sequenzen, wo irische Einwanderer in Amerika oder Russland tänzerisch Fuß fassen wollen. Wie die beiden Flamenco-Szenen hier hineinpassen, bleibt rätselhaft.

Durch spannende Choreographien, beeindruckende artistische Einlagen und jede Menge positiver Energie und guter Laune gelingt es dem Ensemble spielend, das Publikum zu lautem Jubel und Szenenapplaus zu animieren. Doch auch das Gewitter ist beeindruckend choreographiert und die Macht der Naturgewalt wird spürbar.

Tänzerisch kann man bei der jungen Liffey Company das Haar in der Suppe suchen und wird es in Form von kleinen Asynchronitäten, umknickender Füße oder fehlerhafter Hebefiguren auch finden. Doch die Energie der beiden Lead Dancer Callum Spencer und Maggie Darlington ist raumgreifend und vor allem Spencer überzeugt mit seinem Können. Wenn er in der Auseinandersetzung mit den Amerikanern von der linken zu rechten Bühnenseite steppt, nimmt er ein unglaubliches Tempo auf und scheint nicht mehr zu bremsen.

Doch die Gesangssolisten mit ihren dünnen Stimmen verleiden einem den Genuss. Nicht nur, dass aus unverständlichen Gründen englisch statt gälisch gesungen wird, vor allem die Sängerinnen sind mit den hohen, anspruchsvollen Partituren deutlich überfordert. Dass man jedoch auch beide Sparten durchaus beherrschen kann, zeigt Michael Wood, der zum einen gemeinsam mit DeWitt Fleming Jr eine sehr heiße Stepptanzsohle aufs Parkett legt, aber auch stimmlich viel Gefühl beweist, wenn er die Anpassungsschwierigkeiten der Amerikaner an die Iren und andersherum interpretiert.

Im Mittelpunkt stehen aber nicht nur die herausragenden Tänzer, sondern auch die vierköpfige Live-Band, allen voran Drummer Mark Alfred (der ohne Zweifel als lebendes Vorbild für „Das Tier“ aus der Muppet Show dienen könnte), die mit original irischen Instrumenten (Uilleann Pipes, Bodhrán) für die nötige Authentizität sorgen, die die künstlichen Hintergrundbilder nicht zu vermitteln mögen. Wie wäre es mit Bildern beeindruckender irischer Landschaften anstelle der computeranimierten Zeichnungen und Malereien? So phantastisch die Band auch aufspielt, so enttäuschend sind die leider zu präsenten, ablenkenden Hintergründe.

Doch am Ende bekommt das Publikum das, was es seit 20 Jahren immer wieder einfordert: Eine Reihe von 22 absolut synchron steppenden Tänzerinnen und Tänzer, begeisterte und begeisternde junge Menschen auf der Bühne und viele traditionelle irische Kostüme sowie Melodien, die lange im Ohr haften bleiben.

Für die kommenden 20 Jahre wünschen wir uns noch mehr echtes irischen Feeling, eine kleine Verjüngungskur, eine Besinnung auf die irischen Wurzeln – weniger im Tanz und der Musik, sondern vor allem in den übrigen künstlerischen Beiträgen.

Michaela Flint

Theater: CCH, Saal 1, Hamburg
Besuchte Vorstellung: 7. April 2014
Darsteller: Liffey Company
Musik / Regie: Bill Whelan / John McColgan
Fotos: Jack Hartin / C. J. Mishler