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Schikaneder

Mozarts „Zauberflöte“ kennt, zumindest dem Namen nach, jedes Kind. Dass das Libretto dazu von Emanuel Schikaneder stammt, wissen dagegen nur eingefleischte Opernfans. Um das Werk dieses großen Theatermachers des ausklingenden 18. Jahrhunderts zu ehren, haben sich Christan Struppeck (Intendant Raimund Theater & Ronacher) und Stephen Schwartz (Komponist von „Wicked“) zusammengetan. Das Ergebnis dieser Arbeit war die von Trevor Nunn am 30. September 2016 in Wien inszenierte Weltpremiere des Musicals „Schikaneder“.

Inhaltlich hat sich Struppeck auf die bewegte und bewegende Liebesgeschichte von Emanuel und Eleonore Schikaneder gestürzt: Als junge Künstler verlieben sich die beiden Hals über Kopf. Um das Theater, in dem beide aktiv sind, vor der Schließung zu bewahren, heiraten sie und werden mit ihrem Ensemble zu einer der erfolgreichsten Theatertruppe Österreichs.

Doch Emanuel ist kein Kostverächter und hat diverse außereheliche Liebschaften, was Eleonore bis zu dem Zeitpunkt toleriert, als eine seiner Gespielinnen ein Kind erwartet. Sie trennt sich von Emanuel (an Scheidung war damals nicht zu denken) und geht mit dem Autor und Schauspieler Johann Friedel nach Wien, um mit ihm das Theater auf der Wieden zu betreiben.

Doch die beiden Schikaneders sind einzeln bei weitem nicht so erfolgreich wie als Paar, und so machen ihre beiden Theater große Verluste. Als der ohnehin dauerhaft kränkelnde Johann plötzlich stirbt, sieht Emanuel seine Chance gekommen, und auch Eleonores Ensembles redet ihr zu, wieder mit ihrem Mann zusammenzuarbeiten, um das Theater zu retten.

Eleonore wirft ihre Bedenken über Bord und geht eine Zweckgemeinschaft mit Emanuel ein, die mehr schlecht als recht funktioniert. Als sie von einem potentiellen Käufer unter Druck gesetzt werden, entdecken beide wieder ihre kreative Ader und dass, was sie einst zusammengeschweißt hat. Gemeinsam denken sie sich die Geschichte von Papageno, Papagena und der Königin der Nacht aus. Es gilt noch einige geschäftliche und private Hürden zu meistern, doch am Ende wird ihre „Zauberflöte“ ein großer Erfolg.

Diese abwechslungsreiche Geschichte kann durchaus für ein abendfüllendes Musical taugen – es gibt Musicals mit weitaus weniger Handlung. Auch optisch gibt die Zeit vor dem Wechsel ins 19. Jahrhundert sicherlich viel her, mit dem sich Kostüm- und Szenenbildner befassen können. Einen kleinen Eindruck hiervon bekommt man in CD-Booklet, das viele Fotos enthält.

Doch zentral für ein Musical ist vor allem die Musik…

Stephen Schwartz, der mit „Wicked“ eines der erfolgreichsten Musicals der letzten 15 Jahre komponiert hat, begibt sich bei „Schikaneder“ auf ein unerwartetes Terrain: Die komplette Partitur ist sehr klassisch angelegt, es sind kaum typische Musicalelemente zu hören. Vieles klingt nach einer Mischung aus gefälligem 1960er Jahre Filmsoundtrack gemischt mit Elementen aus Opern und Operetten, die logischerweise nicht selten nach Mozart klingen (der vermehrte Einsatz von Piccolo-Flöten ist sicherlich kein Zufall). Hat man so etwas wie „Godspell“, „Wicked“ oder auch die Soundtracks von Disney’s „Der Glöckner von Notre Dame“ oder „Pocahontas“ im Kopf, ist man über die Wandlungsfähigkeit erstaunt.

Gleichzeitig ist man aber auch enttäuscht, dass sich Schwartz für solch klassische Kompositionen entschieden hat. Das mag zwar inhaltlich alles zusammenpassen, doch das frische, spannende, der Grund, warum man sich diese Show ansehen soll, fehlt hier völlig. Auch einen richtigen Ohrwurm sucht man vergebens.

An der Besetzung liegt es sicherlich nicht. Mark Seibert intoniert die wenig anspruchsvollen Songs von Emanuel Schikaneder weitgehend gefühlsarm, aber man hat nicht das Gefühl, dass hier etwas fehlt. Milica Jovanovic kann ihre klassische Stimme in der Rolle der Eleonore sehr treffend einsetzen, doch auch hier sind kaum Emotionen im Spiel. Aufhorchen lässt einzig Hardy Rudolz’ Solo als Franz Moser. Alles andere treibt unaufgeregt mit Schwartz’ Melodien mit.

Ob man dieses Doppel-Album zuhause nochmal in den CD-Player legt, nachdem man die Show gesehen hat? Ich wage es zu bezweifeln, auch wenn dieses Studioalbum technisch ohne Fehl und Tadel ist.

Michaela Flint