Seit nunmehr sieben Jahren bereichert das privat geführte First Stage Theater die Hamburger Musicallandschaft. Primär als Bühne für die Schülerinnen und Schüler der Stage School genutzt, sind dort aber auch schon namhafte Stars wie bspw. Maya Hakvoort aufgetreten. Die Produktionen der letzten Jahre konnten sich sehen lassen: „Footloose“, „Carrie“, „Fame“, aktuell „Der kleine Horroladen“ und im Sommer „Sister Act“ – ganz zu schweigen von der kunterbunten, funkelnden „Großen Weihnachtsshow“, die für viele Musicalfans inzwischen ein fester Bestandteil ihrer vorweihnachtlichen Planung ist.
Mit der Jubiläumsgala feiern die Theaterbetreiber sich selbst. Und das völlig zu Recht. Heutzutage gehört schon viel Mut dazu, ein Theater zu eröffnen und dieses privat zu betreiben. Wenn man sich anschaut, wie lange es gedauert hat, bis Corny Littmann mit seinen Schmidt Theater da angekommen ist, wo er jetzt als Deutschlands erfolgreichstes Privattheater steht, bekommt eine vage Idee.
Auf der Bühne stehen bei der Gala fast 50 Nachwuchsdarsteller der drei aktuellen Jahrgänge der Stage School. Allein die Eröffnungsnummer „Don’t stop believing“ besticht schon durch die pure Menge an Talenten und von ihrem Können zeigen die jungen Damen und Herren an diesem Abend reichlich.
Dennis Schulze (seit letztem Jahr Geschäftsführer des First Stage Theaters) zeichnet für die künstlerische Leitung verantwortlich, während die Choreografien – von denen er sehr viele zu bewundern gibt – aus den bewährten Händen von Adam. M. Cooper stammen. Licht und Bühne haben das First Stage Technik Team gemeinschaftlich ersonnen und Sebastian Rieß sorgt einmal mehr für einen tadellosen Sound im Haus. Musikalisch werden die Darsteller von Marina Komissartchik (Piano), Jonas Stadelmaier (Schlagzeug) und Phil Stehen (Bass) live auf der Bühne begleitet. Erwähnen sollte man an dieser Stelle auch unbedingt die Kostüme, denn es gibt beeindruckend viele Kostümwechsel und Farbwelten, die der Gala einen noch wertigeren Rahmen verleihen.
Wie immer bei Eigenproduktionen des First Stage Theaters haben die Nachwuchstalente die Möglichkeit, ihr Können in allen drei Sparten – Gesang, Tanz, Schauspiel – zu zeigen. Die Mischung an diesem Abend ist sehr gelungen, wobei der Tanz vor allem im 2. Akt fast schon zu viel Gewicht bekommt. Tänzerische Highlights sind der „Küss Mich-Tango von Anna Depenbusch, der mit vier Paaren mit perfekter Mimik und sehr akzentuierten Schrittfolgen dargeboten wird. Auch „We no speak Americano“ von Yolanda Be Cool & DCUP ist von Adam M. Cooper perfekt visualisiert und von den Darstellern exzellent umgesetzt worden. Solch eine grandiose schwarz-weiß Choreografie mit Händen und Füßen (im wahrsten Wortsinn) mit so viele Künstlern so akkurat umzusetzen, ist keine Kleinigkeit. Ins Finale des 1. Akts („Backstage Romance“ aus „Moulin Rouge“) wurde fast schon zu viel – und erneut Tango- und Flamenco-Elemente – hineingepackt, aber auch diese Choreografien sind großartig.
Dass die Schüler auch steppen können, dürfen sie beim „42nd Street“ Medley und den Michael Jackson Einlagen eindrucksvoll unter Beweis stellen. Auch „Alles nur ein Spiel“ aus „Der Medicus“ besticht vor allem durch die intensiven Choreografien.
Eine wunderschöne Kombination aus Monolog und Tanz zeigt Charlotte Beba mit „Imperfektion“: Während sie per Einspieler darüber sinniert, dass ein Mensch nicht perfekt zu sein braucht, tanzt sie dazu live einen gut ausgearbeiteten Contemporary. Der Inhalt des Monologs rührt zu Tränen und die Inszenierung der Szene sorgt für Gänsehaut. Auch Maura Keibel liefert als Zoe Mill („Ab Jetzt“ / Alan Ayckbourn) voll ab. Herrlich überdreht! Nicht zu vergessen der Loriot-Klassiker „Hermann“, der als ungewöhnlicher Sprechchor inszeniert ist und sehr schon die Vielseitigkeit des Fachs Schauspiel zeigt.
Ähnlich berührend wie Charlotte Bebas Monolog & Tanz ist auch Melanie Hackl mit „Ich hab geträumt“ aus „Les Misérables“. Das Zusammenspiel von Piano, Bass und Gesang ist perfekt! Ähnlich unerwartet und doch sehr schön ist „Volià“, das Merle Claus mit der typisch französischen Traurigkeit interpretiert, die dieser Song braucht.
Mit seiner schon jetzt beeindruckenden Bühnenpräsenz zieht Jonas Kuczera das Publikum in seinen Bann und setzt bei „Alles nur ein Spiel“ einen guten Counterpart zu Ilias Sidi-Yacoub, der zwar viele Soloparts während der Gala hat (u. a. „Gestrandet“ aus „Die Schatzinsel“, „Tell Me“ von „Usher“), aber gegen Kuczera nicht ankommt.
Es ist unfair, nicht alle Künstlerinnen und Künstler zu erwähnen, die auf die ein oder andere Weise in einer der 34 Szenen in der gut zweistündigen Gala glänzen. Was aber einmal mehr sehr deutlich wird ist, dass die Stage School richtig viele großartige Musicaldarsteller ausbildet, die ganz sicher ihren Weg machen werden.
Michaela Flint
erschienen in musicals – Das Musicalmagazin
Theater: First Stage Theater, Hamburg
Premiere: 4. März 2023
Darsteller: Studierende der Stage School of Music, Dance & Drama
Künstlerische Leitung / Choreografie: Dennis Schulze / Adam M. Cooper
Fotos: Dennis Mundkowski