Weihnachten 2020 wird im First Stage Theater in diesem Jahr richtig groß nachgefeiert! Die fast schon traditionelle Gala dient auch in diesem Jahr als Plattform für die Studierenden der Stage School Hamburg. Im Rahmen einer Fernsehaufzeichnung werden 24 musikalisch sehr abwechslungsreiche Adventskalendertürchen geöffnet. 46 angehende Musicaldarsteller und sechs Absolventen bringen das Publikum im einmal mehr reich dekorierten First Stage Theater in Weihnachtsstimmung.
Inszeniert wurde das Ganze von Dennis Schulze, der auch schon für „Footloose“ verantwortlich zeichnete. Ein Schwerpunkt liegt in diesem Jahr auf den Choreografien von Adam M. Cooper, der auch die Co-Regie übernahm.
Bühne, Licht und Technik stammen erneut von Felix Wienbürger, der optisch wie technisch aus dem Vollen schöpft: So wird das Publikum von einer an einen Eispalast erinnernden in blau-weiß-silber gehaltenen Bühne begrüßt. Überall funkelt und glitzert es. Eine Anspielung auf die tags zuvor im Theater an der Elbe gestarteten „Eiskönigin“? Sicherlich nur purer Zufall… Im Laufe des Abends erinnern die Szenenbilder an amerikanische Revuetheater oder Cabaret-Bühnen inkl. Springbrunnen und Bühnenfeuerwerk.
Lisa Zell führt als Gastgeberin der von Thomas Gehle als Live-Schalte anmoderierten Gala durch den Abend. Die Bilder, die die beiden Kameras auf den großen Bildschirm oberhalb der Bühne liefern, sind jedoch qualitativ sehr dürftig. Insofern ist schnell klar, dass es keine wirkliche Live-Schalte mit Stream ins Internet ist.
Zell ist überdreht, nervig und aufgesetzt – so wie Moderatoren früher (einige auch noch heute) tatsächlich im Fernsehen wirkten. Ihr Zusammenspiel mit Antonia Crames als Barbara Baké, der Köchin des Hauptsponsoren, ist herrlich schräg und sorgt für viele Lacher, wenn die präsentierten Küchenhelfer ein wenig aus der Reihe tanzen, die Bühne mit Sahnehäubchen übersät wird und der French Toast an der Decke kleben bleibt.
„Die große Weihnachtsshow“ ist gespickt mit witzigen Ideen, wie bspw. der Kisten-Choreografie zu „We got the beat“, dem gesteppten Eistanz (großartig: Lisa Hanselmann) zu „Silent Night“ oder dem Zauberer Klack Kazonk, den Aliosha Jorge Ungur mit einer unglaublichen Mimik spielt und dessen Tricks so billig sind, dass das Publikum sich vor Lachen biegt.
Komödiantisches Talent zeigen die Nachwuchskünstler auch in Szenen wie dem Tannenbaum-Medley, „Mama kuschelt mit dem Nikolaus“ (beides von der Schweizer A-Capella Comedy gruppe Bliss) und „In der Keksdose“. Mimik, Gesang und Timing stimmen hier immer. Im Tannenbaum-Medley klingen viele bekannte Melodien an, zu denen der allgegenwärtige Tannenbaum beschworen wird. Das gerät dann bei Gangnam Style, Kalinka, Circle of Life oder Bamboleo sehr schnell zur amüsanten Farce. An Kreativität sind diese Szenen jedoch kaum zu überbieten. Mamas Tête-à-tête mit dem Nikloaus ist zudem alles andere als jugendfrei, auch wenn es so harmlos beginnt.
Auch wenn viele Choreografien, gerade im großen Ensemble, nicht immer synchron sind, zeigen einige, dass sie gerade in diesem Bereich über große Stärken verfügen. Viele Pas de Trois, gern auch mal nur 2-3 Tanzpaare, begleiten und ergänzen die verschiedenen Gesangsnummern, was in sich alles sehr geschmackvoll und stimmig wirkt. Etwas seltsam wirkt jedoch die Anmoderation von „Frauen, die stark und unerschrocken zeigen, was sie wirklich wollen“, woraufhin eine zugegebenermaßen komplex choreographierte Showballett-Nummer folgt, die mit kurzen Glitzer-Röckchen, Federkopfschmuck und hoch geschwungenen Beinen das Klischee der Fernsehballett-Tanzmaus bedient. Das wollen Frauen???
Einige Solisten dürfen auch gesanglich zeigen, was sie bisher gelernt haben: Nina Rehn und Sarah Schumacher liefern sich zu „Was fühl ich in mir“ aus „Wicked“ einen herrlichen Elfen-Zickenkrieg, Jenny Häuser zeigt viel Soul zu Jesse Js Version von „Santa Claus is comin‘ to town“ und Max Best schrammt bei Michael Bublés „Christmas“ knapp an einer Persiflage vorbei. Gesanglich ist er spitze, aber schauspielerisch wird nicht ganz deutlich, wo die Reise hingeht. Ramona Schander trägt in diesem Jahr die Last auf ihren Schultern einen Whitney Houston Klassiker zu performen: Sie trifft jeden Ton bei „I will always love you“, doch mangelnder Soul und die (noch) fehlende Souveränität sorgen für einen leichten Beigeschmack.
Beim Finale tanzen dann alle gemeinsam zu „Find your grail“ aus „Spamalot“ in ihren verschiedenen Kostümen auf der Bühne und sorgen für ein kunterbuntes, sehr unterhaltsames Chaos. Genau das bleibt von dieser „Weihnachtsshow“: Kurzweilige Unterhaltung, manchmal etwas viel Schenkelklopfhumor, toller Gesang & Tanz, engagierte junge Menschen, die Spaß an ihrer Berufung haben. So gehen die Zuschauer festlich gestimmt und fröhlich vor sich hin pfeifend in die dunkle Nacht und überlegen sich, wem sie welches Geschenk und den Weihnachtsbaum legen.
Michaela Flint
gekürzt erschienen in musicals – Das Musicalmagazin
Theater: Neue Flora Theater, Hamburg
Premiere: 7. September 2021
Darsteller: Lisa Zell, Lisa Hanselmann, Aliosha Jorge Ungur, Nina Rehn, Sarah Schumacher, Max Best, Ramona Schander und weitere Studierende der Stage School
Regie / Choreographie: Dennis Schulze / Adam M. Cooper
Fotos: Dennis Mundkowski