Am 26. April feierte „Daddy Cool“ seine Deutschlandpremiere in Berlin (den ausführlichen Premierenbericht lesen Sie in der nächsten Ausgabe). blickpunkt musical sprach mitten während der hektischen Probenphase mit dem geistigen Vater, Frank Farian, über den Entwicklungsprozess dieser neuen Compilation-Show.
Michaela Flint: Wie kam es dazu, aus Ihren bekanntesten Hits ein Musical zu machen?
Frank Farian: Vor drei Jahren kam mein Verleger mit der Idee auf mich zu, mein Lebenswerk, immerhin 40 Jahre Musikgeschichte, in einer Story zu verarbeiten und auf die Musicalbühne zu bringen. Ich fand die Idee sehr gut und so haben wir angefangen, sie auszubauen und in die Tat umzusetzen.
Michaela Flint: Die Show sollte nach London ursprünglich in Düsseldorf gezeigt werden. Was hat den Ausschlag gegeben, „Daddy Cool“ nun doch in Berlin zu zeigen?
Frank Farian: Schon 2004 hatten wir der Stage Entertainment das Musical angeboten, doch es wurde mit der Begründung abgelehnt, dass man zunächst keine Zeit haben würde, sich mit dieser Show zu befassen.
Also haben wir „Daddy Cool“ bewusst in London aufgeführt. Dass die Deutschlandpremiere als komplett englische Fassung mit der englischen Besetzung jetzt im April 2007 in Berlin stattfindet und nicht wie ursprünglich geplant schon früher, liegt daran, dass mich die Kreativen in meinem Team gebremst haben. Ich wollte viel zu schnell die deutsche Fassung auf die Bühne bringen. Dafür müssen sehr viele Faktoren berücksichtigt werden, die ich nicht alle kannte.
Geplant sind in den nächsten Monaten drei Tour-Produktionen in Europa. Ende 2007, spätestens im Frühjahr 2008 wollen wir mit einer deutschsprachigen Produktion, d. h. deutsche Dialoge, englische Songtexte, längerfristig in ein Haus im Ruhrgebiet einziehen. Und auch Moskau, Paris, den Broadway und Las Vegas haben wir für 2008 schon im Visier.
Michaela Flint: Es gibt zahlreiche andere Compilation-Shows, die aufgrund ihrer flachen Handlung nur mäßig bis gar nicht erfolgreich sind. Nur „We Will Rock You“ und „Mamma Mia!“ scheinen sich dauerhaft behaupten zu können. Spielte dies bei der Ausarbeitung der Geschichte eine Rolle?
Frank Farian: Im Gegensatz zu „Mamma Mia!“ ist die „Daddy Cool“-Musik ´schwarz’. Es war klar, dass wir uns an den ‚black musicals’ der Vergangenheit orientieren wollten. „Porgy and Bess“ oder die „West Side Story“ fallen einem dabei sofort ein.
Vor allem die „West Side Story“ ist sehr dramatisch auf der einen, aber auch sehr bunt auf der anderen Seite. Und genau das bietet „Daddy Cool“ auch. Unser Bühnenbild und die Kostüme sind sehr aufwändig und detailgenau. Allein die riesige Discokugel beeindruckt mich selbst jedes Mal wieder.
Michaela Flint: Mit Ihren Songs steuern Sie den wichtigsten Teil zu „Daddy Cool“ bei. Inwiefern waren Sie auch an der Story beteiligt?
Frank Farian: Ich habe die Geschichte zusammen mit Michael Stark entwickelt. Die Story, die wir erzählen ist zumindest in Teilen real. Es gab tatsächlich eine Ma Baker, die vier kriminelle Söhne hatte. Ausgehend von diesem Hintergrund war der Schritt zu einem musikalischen Bandenkrieg nicht weit.
Michaela Flint: Für das Musical wurden viele Songs umarrangiert. Verschreckt man damit nicht das Publikum, das die altbekannten Klänge erwartet?
Frank Farian: Nein, überhaupt nicht. Wir haben sehr witzige Arrangements gefunden, die perfekt zu den Charakteren passen. Dafür war es aber mindestens genauso wichtig, dass die Sänger dieses Gefühl auch transportieren können. Ich habe bei allen Darstellern darauf geachtet, dass sie nicht nur ausgezeichnete Popstimmen haben, sondern auch die nötige Emotionalität mitbringen, die dem Zuschauer das Gefühl gibt, dass die Gruppe lebt.
Michaela Flint: Frank Nimsgern, den man in Deutschland als kreativen und unangepassten Musicalkomponisten kennt, hat für „Daddy Cool“ einige zusätzliche Scores erarbeitet.
Frank Farian: Das stimmt. Er war bei mir in Miami und wir haben gemeinsam daran gearbeitet. Frank Nimsgern agiert zurzeit als musikalischer Consultant, wird aber für die deutsche Produktion die musikalische Leitung übernehmen.
Michaela Flint: Wenn Sie für die Musik, die Story und das Casting verantwortlich waren, haben Sie dann überhaupt noch Zeit, ihrem eigentlich Beruf als Produzent nachzugehen?
Frank Farian: Nein, seit zwei Jahren dreht sich bei mir alles um „Daddy Cool“. Immerhin wird dort mein musikalisches Lebenswerk präsentiert und da muss einfach alles 100%ig stimmen. Alle Bereiche werden daher mit mir persönlich abgestimmt. Dieses für mich neue Genre ist sehr spannend und ich lerne viel dazu.
Michaela Flint: Wir danken Ihnen für dieses Gespräch und wünschen Ihnen viel Erfolg für die Deutschland-Premiere.
Weitere Informationen unter www.frankfarian.com
Michaela Flint
veröffentlicht in blickpunkt musical