home 2004 Wer Swing mag, ist in dieser Show richtig aufgehoben

Wer Swing mag, ist in dieser Show richtig aufgehoben

Wer eine Sinatra-Martin-Davis Jr.-Tribute Show erwartet, wird überrascht sein. Denn „The Rat Pack – Live from Las Vegas“ ist nicht die bloße Aneinanderreihung von weltbekannten Hits wie „New York, New York“, „Mack The Knife“ und „Mr Bojangles“, auch wird keine in sich schlüssige Geschichte erzählt. Vielmehr wird einer der legendären Auftritte der drei Allround-Künstler im Sands Hotel im Las Vegas der frühen 60er Jahre nachgespielt.

Während sich dieses Show-in-Show-Konzept im ersten Akt nicht erschließt, da die drei Sänger in loser Reihenfolge und Kombination ihre berühmten Klassiker zum Besten geben, nimmt das amüsante Geplänkel zwischen den einzelnen Songs im zweiten Akt deutlich zu.

Dabei mag es für den einen oder anderen Zuschauer hinderlich sein, dass die Slapstick- und Comedy-Einlagen ausnahmslos in Englisch vorgetragen werden; jedoch trägt die Wahl der Sprache der Authentizität der Show maßgeblich Rechnung.

Genauso wie vor über 40 Jahren haben die Darsteller von Ol’ Blue Eyes und seinen Buddies Dino und Sam sichtlich ihren Spaß auf der Bühne. Obgleich einige Episoden doch sehr aufgesetzt wirken, ist der Gesamteindruck nachhaltig überzeugend.

Chris Mann verkörperte die Rolle des Frank Sinatra bereits in der Produktion am Londoner West End und hat alles, was ein Entertainer braucht: Er ist welt- und wortgewandt, blickt über alles erhaben über die kindischen Späße seiner Kollegen hinweg, strahl Nonchalance aus und bringt – last but not least – Stimme und Haltung von Frank Sinatra so gut in Einklang, dass man phasenweise an eine Wiederauferstehung des 1998 verstorbenen Frauenlieblings glaubt. Es gibt aber auch Momente, in denen zu spüren ist, dass Chris Mann seine Stimme mit der allabendlichen Imitation von „The Voice“ sehr stark in Anspruch nimmt.

Timothy Sell stand schon in vielen bekannten Musicalrollen auf der Bühne. Sein unfangreiches schauspielerisches Repertoire kommt ihm in seiner Rolle als Dean Martin  sehr zu gute, denn er läuft – oder sollte ich besser sagen: torkelt – die meiste Zeit (und das sind fast drei Stunden) sturzbetrunken über die Bühne. Mit seinem permanenten, der Welt und ihren Widrigkeiten entrückten, Grinsen empfiehlt er sich für jede Zahnpastawerbung. Nebenbei sammelt er als liebenswerter Säufer (O-Ton Programmheft) mitleidige Sympathien en masse. Stimmlich macht er viele Punkte, doch die Kombination von Flirten, Trunkenheit und Musikalität ist es, für die er vor allem nach „Everybody loves Somebody“ donnernden Applaus bekommt.

Der dritte im Bunde ist E. Clayton Cornelius. Mit seinen 27 Jahren scheint er etwas zu jung, um den Sammy Davis Jr. der 60er Jahre zu spielen. Tänzerisch lässt der Amerikaner keine Wünsche offen. Überzeugend tanzt er sich durch „Me and My Shadow“ oder ähnliche Showstopper. Es ist sehr angenehm, dass er gar nicht erst versucht, Sammy Davis Jr. Stimme zu imitieren – das wäre schlichtweg unmöglich. Dadurch leiden Klassiker wie „Mr. Bojangles“ ein wenig, aber mit seiner charmant-verspielten Art täuscht Cornelius sehr gut über dieses Manko hinweg.

Nicht vergessen sollte man die drei Berelli Sisters, die einen wunderschön anzusehen und zu hörenden Background-Chor zu den drei Herren bilden. Sie setzen die farblichen und choreographischen Akzente des Abends. Zum Thema Choreographie steuert auch die 14-köpfige Swing-Band unter der Leitung von Colin Campbell etwas bei. Denn neben einer tadellosen Begleitung der Hauptakteure sorgen sie mit einigen rhythmischen Gymnastikeinlagen für Belustigung im Publikum,.

„The Rat Pack“ wartet mit all den Hits auf, die mit den Namen Sinatra, Martin und Davis Jr. verbunden werden: „Strangers In The Night“, „That’s Amore“, „Candy Man“ und natürlich das Finale „My Way“. Die drei Look-A-Likes bringen die ‚Macken’ des Dream Teams hervorragend zur Geltung und sorgen für einen beschwingten, fröhlichen Abend. Nicht wenige verlassen das Theater summend und nehmen den Swing mit nach Hause.

Michaela Flint
veröffentlicht in blickpunkt musical

Theater: Schauspielhaus, Hamburg
Premiere: August 2004
Darsteller: E. Clayton Cornelius, Chris Mann, Timothy Sell
Fotos: Veranstalter