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Under my skin

Lebensfreude, Schwung und Texte, die zum Nachdenken anregen – all das verbindet man mit Cole Porter. Dass in seinen über 40 kompletten Musicals und ungezählten Songs auch tiefgründige Themen verarbeitet sind, die den Zuhörer in die Seele des amerikanischen Erfolgskomponisten blicken lassen, weiß das Publikum nicht zuletzt auch durch zeitgenössische Interpretationen von Hits wie „Night and Day“, „Anything Goes“ oder „I‘ve got you under my skin“. Letzteres ist zugleich der Titel für ein einmaliges Konzert im traditionsreichen English Theatre in Hamburg: Der schwedische Sänger und Musicaldarsteller Petter Bjällö gastierte mit seinem Pianisten Simon Rawalski für einen Abend in Hamburg und nahm das Publikum mit auf eine „faszinierende Reise durch Leben und Musik von Cole Porter.“

Das spartanische Bühnenset passt perfekt zur chronologischen Erzählweise: Durch die ersten Jahrzehnte des Lebemanns Porter bewegte sich Bjällö zwischen plüschiger Couch und Bühnenrampe, nach der Pause und inhaltlich ab Porters schwerem Reitunfall nahm er am Kaffeetisch Platz und verließ den Stuhl kaum mehr.

Bjällö füllte den Abend mit zahlreichen charmanten Anekdoten und verzichtete weitgehend auf Plattitüden, von denen Cole Porters Leben reichlich zu bieten hätte. Stattdessen wurde jeder Song in einen eigenen kleinen Rahmen drapiert.

Die Songauswahl aus Porters rund 2000 Stücken fällt denkbar schwer. Alle Songs haben ihre Berechtigung, an einem Abend, der dem Leben und Wirken dieses Ausnahmekünstlers gewidmet ist, gesungen zu werden. Die richtige Mischung zwischen Standards, die das Publikum erwartet, persönlichen Highlights und inhaltlich bedeutsamen Stücken ist schwer zu finden.

Neben „Night and Day“, „Love for Sale“, „Anything Goes“ und natürlich „I‘ve got you under my skin“ bleiben vor allem die Darbietungen von „Let‘s do it“ (Was Porter damit wohl gemeint hat?), die Hommage an Zarah Leanders „Wunderbar“ (als Schwede für Bjällö unumgänglich) und „So in Love“ (hier kann Bjällö perfekt aus seinem „Kiss me, Kate“-Engagement schöpfen) haften.

Petter Bjällö ist ein perfekter Gastgeber und Gentleman. Mit seinem jungenhaften Lächeln und den strahlenden Augen wickelt er auch das skeptischte Publikum spielend um den kleinen Finger. Er präsentiert die Stücke mit einem Augenzwinkern und transportiert starke Emotionen. Dazu erzählt er mit dem notwendigen Ernst aus Cole Porters bewegtem Leben. Das Zusammenspiel mit seinem Pianisten funktioniert über weite Strecken sehr gut; einige Timings könnten jedoch noch besser aufeinander abgestimmt sein. Doch hier spielt die Zeit für die beiden Künstler: Je öfter dieses Programm zur Aufführung kommt, desto besser funktioniert die Harmonie.

Was bleibt, sind viele kleine Geschichten über das abwechslungsreiche Leben eines der bekanntesten (Musical-) Komponisten des letzten Jahrhunderts, man meint, dem Menschen Cole etwas näher gekommen zu sein – und alles stil- und respektvoll präsentiert von einem sehr talentierten Sänger.

Mit solch hochwertigen Sunday Specials (initiiert von Paul Glaser) erweitert das English Theatre zielstrebig seinen Besucherkreis und man kann ihm zur Auswahl dieses musikalischen Duos nur gratulieren.

Michaela Flint

Theater: English Theatre, Hamburg
Premiere: 13. Mai 2012
Gesang / Piano: Petter Bjällö / Simon Rawalski
Musik: Cole Porter
Fotos / Layout: J. Cook / M. Brettschneider