Tschüss grauer November in Hamburg! Die drei Sängerinnen und zwei Sänger der „Ain‘t Misbehavin“-Europatournee sprühen vor Energie und guter Laune.
„Ain‘t Misbehavin“ feierte vor über 30 Jahren in New York seine Weltpremiere. Und bis heute haben die Songs von Fats Waller nicht an Wirkkraft eingebüßt. Die 31 Songs, die an diesem Abend in atemloser Reihenfolge auf das Publikum abgefeuert werden, spiegeln die musikalische Bandbreite einer ganzen Generation wieder: Swing, Jazz, Blues – man gerät schnell ins Träumen an gute alte Zeiten, in denen Männer noch Männer sein durften und Frauen sich ganz ihren Verführungskünsten widmen konnten.
„Ain‘t Misbehavin“ hat keine Handlung, erzählt keine Geschichte und doch vermisst man nichts. Jedes einzelne Lied ist ein in sich abgeschlossenes Musiktheater. Die fünf Sängerinnen und Sänger treten folglich auch nicht unter irgendwelchen Phantasienamen auf, sondern mit ihren eigenen.
Charakterstärke zeichnet jeden einzelnen von ihnen aus. Während Patrice Convington das quietschige, unbedarfte Mädchen gibt, zeigt sich Rebecca Covington als vermeintlich schüchterne junge Lady. Die Grande Dame ist Yvette Monique Clark – so viel Bühnenpräsenz und Selbstbewusstsein suchen seinesgleichen. Die beiden Herren haben einen schweren Stand gegen drei so beeindruckende Ladies. Doch während Milton Nealy auf die Strategie des verführerischen Machos setzt, wickelt Wayne Pretlow die Damen auf und vor der Bühne mit seinem jugendlichen Charme spielend um den Finger. Er hat den Schalk im Nacken und wartet förmlich auf das nächste Augenzwinkern und einen weiteren lustigen Streich.
Unter den Songs finden sich bekannte Stücke wie der Titelsong oder „I can‘t give you anything but love“, fröhlich-freche Songs wie das Mitsing-Stück „Fat and Greasy“ oder überraschen lehrreiche Lieder wie „Find out what they like“, in dem dafür plädiert wird, den Männern alle Wünsche zu erfüllen, um ihnen zu gefallen.
Gerade Swing und Jazz funktionieren nur, wenn die Musiker ihr Handwerk verstehen und Leidenschaft für ihr Instrument aufbringen. Die sechsköpfige Live-Band erfüllt diese Anforderungen perfekt. Mit viel Schwung und wohl dosierter Energie spielen die Musiker alle Songs bis auf den kleinsten Ton schlichtweg wunderbar.
Dass diese Show auch noch nach ihrem Premierenjahr zahlreiche Theaterpreise gewonnen hat, verwundert nicht. Man geht gut gelaunt und im wahrsten Sinne des Wortes beschwingt aus dem Theater. Mit der Wahl dieses Stücks für die Herbstpremiere hat das St. Pauli Theater ganz eindeutig richtig gelegen.
Michaela Flint
gekürzt erschienen in musicals – Das Musicalmagazin
Premiere: 2. November 2011
Darsteller: Yvette Monique Clark, Patrice Covington, Rebecca Covington, Milton Nealy, Wayne Pretlow
Regie: Richard E. Maltby jr.
Fotos: Emmanuel Donny