home London Singin‘ in the Rain

Singin‘ in the Rain

Wasserfest gekleidet sollte man sein, wenn man sich „Singin‘ in the Rain“ im Palace Theatre anschaut, denn den Spaß im Regen haben nicht nur die drei Hauptfiguren, sondern auch alle Zuschauer, die in den ersten acht Reihen so richtig nass gemacht werden.

Die Handlung der Bühnenfassung orientiert sich, gestrafft sowie auf die komischen und einige effektvolle Ensemblenummern reduziert, an der Handlung des weltbekannten Films von 1952, dessen Stars Gene Kelly, Donald O‘Connor und Debbie Reynolds waren.

In London heißen die Stars Adam Cooper, Daniel Crossley und Scarlett Strallen. Sie singen und tanzen als Don Lockwood, dessen Freund und beruflicher Wegbegleiter Cosmo Brown sowie die liebliche Kathy Selden durch die knapp zweieinhalbstündige Show.

Doch auch Katherine Kingsley als schrill-quietschende Stummfilm-Diva Lina Lamont muss hier unbedingt mit erwähnt werden.

Die Handlung ist bekannt: Nach dem großen Erfolg von „The Jazz Singer“ beginnt man 1928 in Hollywood mit der Massenproduktion von Tonfilmen. Für die Stummfilm-Helden bedeutet das eine große Veränderung. Prompt floppt der erste Tonfilm des Stummfilm-Traumpaars Don Lockwood und Lina Lamont. Hauptgrund ist Linas quietschige Stimme, was diese überhaupt nicht verstehen kann. Als letzter Ausweg wird die Liebestragödie in ein Musical umgewandelt. Der Trick, den sich Cosmo dafür ausdenkt, das Überspielen von Linas unerträglicher Stimme mit dem zuckersüßen Klang von Kathys Stimme, wird der Stummfilm-Diva natürlich nicht verraten. Während Don Lockwood, der schon von Kindesbeinen an mit seinem Kumpel Cosmo getanzt und gesungen hat, seinen Part selbst übernimmt, kommt es bei der Präsentation des Films zum Eklat als Lina dem Publikum live ihr Talent präsentieren soll.

Parallel entpuppen sich auch Linas Heiratspläne mit Don als Luftnummer, da dieser sich Hals über Kopf und unsterblich in die süße Kathy verliebt (und im übrigen nie vorhatte, Lina zu ehelichen). Cosmo zieht im Hintergrund den ein oder anderen Faden und sorgt dafür, dass alles ein gutes Ende nimmt.

Jonathan Church hat eine kurzweilige Show geschaffen, die beim Publikum für Stimmung sorgt und auch den Künstlern auf der Bühne offenbar sehr viel Spaß macht. Bekannte Songs wie „Good morning“ und natürlich der Titelsong „Singin‘ in the Rain“ lassen das Publikum mitschunkeln und die Choreographien von Andrew Wright lassen zahlreiche Füße unter den Sitzen mitwippen.

Mit den Kollegen im Kostüm- und Maskenbereich möchte man in dieser Show nur ungern tauschen, denn die Wassermassen, die während der Vorstellung auf die Darsteller herunterprasseln sind nicht zu verachten. Zweimal rauschen hunderte Liter Wasser über zahlreiche Sprenkler auf die eigens tiefer gelegte Bühne hernieder. Die komplette Pause wird zum Trockenwischen der Bühne genutzt (nicht ohne aufmunternden Applaus aus dem Zuschauerraum), damit im 2. Akt während der Tanznummern keiner ins Rutschen kommt.

Die Spielfreude der Darsteller ist besonders in den „Regenszenen“ ansteckend. Wie kleine Kinder springen sie durch die Wasserpfützen und schießen das Wasser förmlich ins Publikum (das aber glücklicherweise auf den Eintrittskarten vor dieser Dusche gewarnt wird). Der mit dem Wasser einhergehende intensive Chlorgeruch (in London nicht untypisch) ist in einem Theater jedoch sehr befremdlich.

Der Star des Abends ist Daniel Crossley, der als Cosmo eigentlich nur eine wichtige Nebenrolle hat. Doch seine Bühnenpräsenz, sein komödiantisches Talent, seine tänzerischen und gesanglichen Fähigkeiten und sein ergreifendes Spiel als vermeintliche zweite Geige hinter Cosmos Jugendfreund Don Lockwood stellt ihn ganz klar in die erste Reihe des „Singin‘ in the Rain“-Ensembles.

Adam Cooper hat als Don Lockwood seine liebe Not mit seinem quirligen Bühnenpartner Crossley mitzuhalten. Insgesamt spielt er den Filmstar zwar glaubhaft, doch bleibt er letztlich leider blass und unaufregend. Es mangelt ihm am Star Appeal, von dem sein filmisches Alter Ego Gene Kelly mehr als reichlich zu bieten hatte.

Katherine Kingsley gibt Lina Lamont genau so, wie man sich ein verwöhntes, arrogantes, uneinsichtiges und vor allem selbstverliebtes Filmsternchen vorstellt. Ihre schrille Stimme tut in den Ohren weh und man fragt sich unweigerlich wie sehr Kingsleys Stimmbänder durch diese Extrembelastung leiden. Ihr Gejammer, weil der heiß begehrte Don Lockwood sie eiskalt abblitzen lässt, ihre fiese Erpressung – Kingsley bringt diese Emotionen glaubhaft über die Rampe.

Die leichteste Aufgabe hat Scarlett Strallen als Kathy Selden. Sie tanzt und singt sich scheinbar spielerisch leicht in das Herz von Don Lockwood. Auch das Publikum erliegt ihrem Charme sofort und lässt sich von ihr auf die Gefühlsachterbahn einer jungen aufstrebenden Hollywood-Schauspielerin mitnehmen.

Das mit 22 Personen recht kleine Ensemble schafft es dennoch, die große Bühne des Palace Theatres mit Tanz und Lebensfreude zu füllen. Andrew Wright hat zeitgemäße 20er Jahre Choreographien bühnenfüllend arrangiert und lässt die sprichwörtlichen Puppen tanzen. Die farbenfrohe Kostüme von Bill Butler leisten hierzu ebenfalls einen hervorragenden Beitrag.

„Singin‘ in the Rain“ fügt sich in die lange Reihe Musicals ein, die als leichte Kost bezeichnet werden. Auch wenn man schmunzelnd und guter Stimmung das Theater verlässt, bezweifle ich, dass sich dieses Stück lange im West End wird halten können. Einen Export nach Deutschland (Stage Entertainment UK ist Mit-Produzent) halte ich für unwahrscheinlich.

Michaela Flint

Theater: Palace Theatre, London
Besuchte Vorstellung: 24. Februar 2012
Darsteller: Adam Cooper, Daniel Crossley, Scarlett Strallen, Katherine Kingsley
Buch / Texte: Nacio Herb Brown / Arthur Freed
Fotos: Manuel Harlan