Ein Musical-Album, dass auch problemlos in den Charts gelistet sein könnte
Peter Plate und Ulf Leo Sommer haben dem Pop-Duo Rosenstolz jahrelang seinen ganz eigenen Klang gegeben. Mit „Romeo & Julia“ wagen sie sich auf ganz neues Terrain vor und absolvieren den Genrewechsel von Pop zu Musical mit Bravour.
Es gelingt ihnen eindrucksvoll, in 15 Songs die emotionale Achterbahnfahrt von Romeo und seiner Julia musikalisch nachzuzeichnen. Hierbei gereicht ihnen sehr zum Vorteil, dass Maxine Kazis, die auf der CD ebenso wie auf der Bühne als Julia zu erleben ist, die perfekte Stimmlage und Wandlungsfähigkeit hat, um die junge Capulet-Tochter zu interpretieren. Man muss ihr einfach glauben, wenn sie vor Liebe übersprühend „High“ ist. Doch ihre ganz starken Momente hat sie in den sehnsuchtsvollen Stücken wie „Wohin“ oder „Für die Liebe“. Gerade in letztgenanntem Song stellt sich schon beim Klang der ersten Noten eine Gänsehaut ein, die bis zum letzten Ton anhält.
Doch auch Fabian Buch nimmt den Zuhörer mit auf die Reise durch Romeos alles andere als eintönige Gefühlswelt. Seine Energie ist ansteckend, man möchte ihn geradezu anfeuern, seinen Gefühlen zu trauen. „Wie das Ticken einer Uhr“ zeigt nicht nur eine gesangliche Vielseitigkeit, sondern es lohnt sich – wie im übrigen auch bei den anderen Stücken – genauer auf den Text zu achten.
Plate und Sommer haben eine sehr plastische Sprache gewählt, so dass man sich als Zuhörer gut aufgehoben fühlt. Manchmal verschleiert der musikalisch schöne Schein die Worte, wie beispielsweise bei „Señorita“, das alles andere als eine Liebeserklärung von Mercutio an Julias Amme (Katharina Thalbach) ist. Aufhorchen lassen auch die Adaptionen von William Shakespeares Originaltexten, die in einige Songs eingearbeitet wurden. Hierzu gehören u. a. die wundervoll melancholischen Songs „Du sehnsuchtsvolle Nacht“ und „Letzter Tanz“.
Neben Thalbach sind auch Tim Fischer (Vater Capulet), Ruth Rosenfeld (Mutter Capulet) und Peter Plate als Pater Lorenzo auf dem Album zu hören. Das macht dieses Studioalbum sicherlich noch etwas besonderer.
Die kleine Pop-Band, die dieses Album eingespielt hat, harmoniert ideal mit den Kieler Philharmonikern. Das beginnt schon bei der Ouvertüre, die von leisen, zarten Anfängen den Bogen hin zu kraftvollen, elektrischen Sounds spannt. Die Songs wurden mit viel Gespür für das richtige Timing, die richtige Lautstärke abgemischt, so das jeder Titel für sich ein gelungenes Kunstwerk ist.
Sucht man nach dem Haar in der Suppe, wird man bei „Ein gutes Gefühl“ und „Elektrisch“ fündig. In den Gesamtkontext fügen sich diese Synthesizer- und Comedy-Popsongs stilistisch so gar nicht ein, auch wenn sie in sich stimmig sein mögen. Aber vielleicht hat gerade der Bruch mit dem ansonsten so lupenreinen, unmissverständlichen Konzept den Reiz daran ausgemacht.
Zu diesem Konzept gehört im übrigen auch ein sehr ansprechendes Art-Work, das vor allem durch die sinnlichen Fotografien von Maxine Kazis und Fabian Buch ins Auge gefällt.
Dieses Album wird jedem Fan von gut gemachtem Deutsch-Pop sehr gefallen. Und all jenen, die mit diesem Stil bisher nichts anfangen konnten, sei „Romeo & Julia“ als Einstieg empfohlen. Wirklich los kommt man davon tagelang nicht mehr…
Michaela Flint