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Mozart!

Fans werden dieses Album lieben!

Nach 15 Jahren gibt es endlich eine Neuaufnahme des Wiener Hitmusicals von Sylvester Levay und Michael Kunze. Hit Squad Records stellt einmal mehr unter Beweis, dass sie Live-Aufnahmen aus den Wiener Theater perfektioniert haben. Kein Knarzen, kein Rauschen stört den Hörgenuss. Der Zuhörer hört genau das, was er auf der Bühne des Raimund Theaters gesehen hat.

Das Doppelalbum beinhaltet 50 Songs, inklusive dreier neuer Stücke, die eigens für die Neuinszenierung geschrieben wurden. Neben einer umfangreichen Inhaltsangabe enthält das Booklet viele Szenenfotos aus der neuen Inszenierung von 2015 sowie den Songtext des neuen Liebesduetts von Mozart und Constanze.

Neben der Premierenbesetzung, die auf dem Doppelalbum zu hören ist, sind auch alle 34 Musiker des Orchesters der Vereinigten Bühnen Wien, die das Stück unter der Leitung von Koen Schoots jeden Abend live intoniert haben, namentlich genannt. Dies unterstreicht den Stellenwert, den die Musiker für die Wiener Musikerproduktionen haben. Deutsche Musicalproduzenten können sich von dieser Sichtweise gern eine Scheibe abschneiden.

Gleichermaßen vor- und nachteilig an dieser CD ist, dass man die vielen kleineren und größeren Änderungen sehr genau hören und die Möglichkeit nutzen kann, sich diese zur Verdeutlichung auch mehrfach anzuhören. So fallen textliche und musikalische Neuerungen deutlich mehr ins Gewicht, was nicht immer gut ist.

Thomas Borchert kann als Leopold Mozart seine ganze Erfahrung in die Waagschale legen. Ana Milva Gomes ist eine sehr junge, aber nichtsdestoweniger sehr souveräne Baronin von Waldstätten. Oedo Kuipers gibt den jugendlichen Springinsfeld Mozart mit viel Gefühl, doch es fehlt ihm manchmal an bühnenfüllendem Volumen. Auch Mark Seibert als Colloredo ist meist entweder zu seicht im Ausdruck oder klingt unnatürlich aufgesetzt. Dies wird unter anderem bei „Ich bleibe in Wien!“ deutlich. Sowohl Kuipers als auch Seibert intonieren ihren Schlagabtausch nicht kraftvoll genug. Es klingt alles zu glatt und fehlerfrei. Doch gerade bei der Intensität dieses Songs darf man stimmlich auch gern mal an die Grenzen gehen, um die starke Abneigung der beiden Protagonisten hervorzuheben.

Akustische Highlights sind „Schließ’ Dein Herz in Eisen ein“ (Thomas Borchert), „Was für ein grausames Leben“ (Oedo Kuipers), „Gold von den Sternen“ (Ana Milva Gomes) sowie die imposanten Ensemblenummern „Hier in Wien!“ und „Mozart, Mozart!“.

Das Orchester spielt fulminant. Die Streicher zum Auftakt von „Was für ein grausames Leben!“ sorgen für Gänsehaut. Auch „Wie wird man seinen Schatten los?“ klingt orchesterseitig großartig. Schade, dass der Gesang hier auch zu glatt und unaufgeregt ist.

Das neue Duett zwischen Frau Weber und ihrer Tochter Constanze („Du hast ihn an der Angel“) hat eine gute Energie. Brigitte Oelke kann die fiesen Hintergedanken der Mutter gut transportieren, während Franziska Schuster ihre Auflehnung gegen die hinterhältige Mutter ebenfalls überzeugend zum Ausdruck bringt. Die Hinleitung zum Motiv der Arie der Königin der Nacht aus Mozarts „Zauberflöte“ ist ein sehr unterhaltsamer Kniff des Kreativteams.

Auch Barbara Obermeier weiß als Nannerl ihre Momente im Rampenlicht zu nutzen. Ihr „Der Prinz ist fort“ schwankt zwischen Trotz und Verletzlichkeit. Ihr zuzuhören ist ein Genuss.

Hingegen erinnert Constanzes Protestsong „Irgendwo wird immer getanzt“ eher an das Gejammer einer gelangweilten Ehefrau als an das genervte Aufbegehren der vom Gatten verschmähten Muse. Bedauerlich, dass dieser so intensive Song in dieser Inszenierung so abgeflacht wurde.

Ähnlich dünn kommt „Wie kann es möglich sein?“ daher. Mark Seibert fehlt es zumindest akustisch an Intensität und Verzweiflung. Es gelingt ihm leider nicht, die Gratwanderung zwischen Bewunderung und Abscheu glaubhaft zu intonieren. Deutlich besser steht ihm da schon „Der einfache Weg“, einer neuen Szene, in der Colloredo versucht, Mozart eine Brücke zu bauen, was aber einmal mehr misslingt. Der Song klingt sehr nach „Rebecca“ und mag – wenn auch aus der gleichen kreativen Feder wie „Mozart!“ – nicht so recht zum Rest passen.

So einwandfrei die Aufnahme an sich ist, so herausragend das Orchester auch spielt. Es nützt alles nichts, wenn die Darsteller – aus regietechnischen Gründen oder eigenem Unvermögen – nicht die erforderliche Energie übertragen können, welche die rockig-poppigen Songs von Sylvester Levay brauchen, um vollends zu begeistern. Schade.

Michaela Flint