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Moulin Rouge Story

Dieses Album versetzt den Zuhörer spielend ans Moulin Rouge in Paris

Schon bei der Ouvertüre hört man förmlich das Rauschen der samtigen Vorhänge im Moulin Rouge. Die schwungvoll-begeisternde und gleichzeitig geheimnisvolle Einladung ins Theater wird von Ethan Freeman als Direktor Joseph Oller geradezu zelebriert.

In der Folge werden die weiteren Hauptakteure durch Stücke vorgestellt, die große Leidenschaft, viele Emotionen und tiefe Liebe erspüren lassen. „Unangepasst und frei“ ist hierfür ein Paradebeispiel.

Marc Schubrings Kompositionen machen schon nach 3-4 Songs unbedingt Lust auf mehr. Man hat sofort Bilder im Kopf, wie die Szenen auf der Bühne aussehen könnten, welche opulent-sexy Kostüme die Damen tragen und mit welcher Eleganz sich die Herren durch das Paris des ausklingenden 19. Jahrhunderts bewegen.

„Die schönste Unbekannte von Paris“ transportiert das Mystische und Sagenumwobene, das Isabelle bei ihren maskierten Auftritten im Moulin Rouge umgibt, allein schon durch die Melodie. Sabrina Weckerlins raue, aber deshalb nicht weniger gefühlvolle Stimme, kann den Wechsel zwischen Isabelles Lebenswelten – auf der einen Seite die Ehe mit dem verwitweten Aristokraten Henri, auf der anderen die romantisch-verklärte Theaterwelt – gut erfassen.

Im Booklet wird die komplette Handlung skizziert, inkl. Markierung der Szenen, in denen die 28 Songs auf diesem Album platziert sind. Das ist gerade bei kleineren Stücken eine sehr willkommene und heutzutage schon fast unübliche Art, den Zuhörer an das Stück heranzuführen. Zudem enthält das Booklet auch sämtliche Songtexte.

Das hochkarätige Ensemble mit Ethan Freeman als Theaterdirektor, Sabrina Weckerlin als junge Mutter, die aus ihrem goldenen Käfig ausbricht und dafür alles aufs Spiel setzt, Jan Ammann als Isabelles Gatte Henri, Drew Sarich als Isabelles Affäre Arsène und Adrian Becker als Isabelles „starke Schulter“ Maurice, begeistert in jedem Stück.

Henri muss als Witwer, den der Tod seiner ersten Frau nicht loslässt, erleben, wie sich seine zweite Frau, Isabelle, von ihm entfremdet. Ammann kann hier seine Stärken ausspielen und bringt die komplette Palette an Emotionen sehr überzeugend zu Gehör.

Drew Sarich gibt den Maler Arsène, der in Liebe zu Isabelle entbrennt und sie schließlich zu einer fatalen Affäre überredet, an deren Ende Isabelle vor den Scherben ihrer Ehe steht. Es macht Spaß, ihm in seiner Leidenschaft zuzuhören.

Die dramatische Entwicklung der Handlung ist auch in der Musik deutlich ablesbar. Wenn Isabelle Arsènes Drängen nachgibt, die beiden von Henri erwischt werden und Henri seine Frau daraufhin aus seinem Leben und dem Leben der gemeinsamen Tochter verstößt, ist dies sehr tragisch Schubring kann die verschiedenen Gefühle wie Liebe, Leidenschaft und Verzweiflung hervorragend intonieren. Bei „Was kann ein Mann ertragen?“ ist Jan Ammann kaum zu erkennen, so rau und verletzt klingt er in diesem Song.  Im Gegenzug dazu sprüht „Ich wird’ mich davon nie befrei’n“ vor Entschlusskraft und Zukunftsvision von Henri. Auch die Melodie hat eine schöne, richtungsweisende Energie.

Wolfgang Adenbergs Texte schmiegen sich perfekt an Schubrings Kompositionen. Man hört in jedem Stück, dass die beiden ein eingespieltes Team sind und schon viele Musicals gemeinsam geschaffen haben.

Maurices schwungvoller Walzer „Die Flügel der Mühle“ ist hierfür ein gutes Beispiel. Der Zuhörer fühlt sich nach Montmartre versetzt, das Lebensgefühl, das dieser Song vermittelt, passt perfekt zu Paris. Die Metapher, die Flügel der Mühle mit dem Hamsterrad des Lebens gleichzusetzen, funktioniert hervorragend.

Zum Ende hin zeigt Weckerlin noch einmal eine andere Facette: „Ich hatte alles“ offenbart Isbaelles tiefe Schuldgefühle auf, Weckerlin intoniert diese Erkenntnis sehr hart und kann die Läuterung der alternden Tänzerin auch akustisch glaubwürdig umsetzen.

Das Finale beginnt als Duett zwischen Isabelle und Henri, nimmt dann aber nach und nach Reprisen der verschiedenen Highlight-Themen der (inzwischen verstorbenen) Wegbegleiter der beiden mit auf. Mit diesem dramaturgischen Kniff schließt sich der Kreis perfekt und der Zuhörer lehnt sich beseelt im Sessel zurück.

„Moulin Rouge Story“ ist ein gelungenes, ausgezeichnet orchestriertes Album. Es gibt nichts daran auszusetzen – außer, dass man den Intendanten dieses Landes dringend dazu raten möchte, dieses Stück schnellstens bei sich auf die Bühne zu bringen.

Michaela Flint