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Mit 17 hat man noch Träume

Die 60er stehen für Käseigel, das Farbfernsehen, immer kürzer werdende Röcke und Gute-Laune-Schlager. Für eine Bühnenshow ist das eine unschlagbare Mixtur. Familie Malente, das sind Peter und Vico Malente, Melanie Stahlkopf, Kathi Damerow und Anne Patricia Nilles, tourt schon seit Jahren mit verschiedenen Programmen durch die kleinen Stadttheater dieses Landes. Mit ihrer neuen Show „Mit 17 hat man noch Träume“ nehmen die fünf Darsteller ihr Publikum stilecht mit auf eine Reise 40 Jahre zurück in die Vergangenheit.

Die Originalkostüme, die „geschmackvolle“ – eben echt 60er Jahre – Bühnendekoration, die Möbel und der überdimensionale Fernseher – zunächst noch schwarz-weiß, später dann in Farbe – vor dem sich die Familie mit ihren Freunden versammelt, zeigen die Richtung an. Eine wirkliche Handlung hat die Schlager-Show nicht. Vielmehr geht es ums Feiern einer ganzen Generation. Zu Beginn ist die Tochter des Hauses noch (vermeintlich) lieb und nett, und spielt den Eltern die üblichen Streiche („Ich war den ganzen Abend bei Erika.“ Stattdessen war sie mit einem Jungen im Kino.) im Laufe des Abends werden ihre Röcke kürzer, sie nimmt an einem Schulaustausch in London teil und ihr Musikgeschmack wechselt von Mamas und Papas deutschen Schlagern zu den Beatles.

Zahlreiche Szenen bedienen alle nur denkbaren Klischees: Mutter ist die Hausfrau, die die Gäste mit Schnitten versorgt, Vater kümmert sich um das TV-Programm und das Hochprozentige, Frauen können nicht Autofahren, Männer haben keine Ahnung von Mode usw. Die lustigen Wortgefechte sind manchmal eher platt, aber sie erfüllen ihren Zweck.

Musikalisch geht es ebenso kunterbunt zu wie optisch: Von Klassikern wie „Mit 17 hat man noch Träume“, „Ich will nen Cowboy zum Mann“, „Rote Lippen soll man küssen“, „Mein Freund der Baum“, „Das schöne Mädchen von Seite 1“ und „Immer wieder geht die Sonne auf“ über englische Gassenhauer wie „Downtown“ oder „Shake Hands“ ist alles vertreten. Die Kostüme wechseln fast so oft wie die Songs, sind aber nie zu aufgetragen oder künstlich.

Für die Choreographien zeichnet erneut Sebastian Kraft verantwortlich, der sein Händchen für Spaßshows schon diverse Male mit dem Imperial Theater und der Royaltheater Hamburg unter Beweis gestellt hat.

Szenen, die im Gedächtnis bleiben, sind das Trio von Klementine, Tilly und dem weißen Riesen. Auch alle übrigen Werbeslogans werden vom Publikum aus dem Effeff mitgesprochen. Da zeigt sich einmal, wie nachhaltig gut gemachte Werbung sein kann. Auch die Hitparade mit Dieter Thomas Heck ist mehr als gelungen nachgestellt. Das Publikum feiert jeden Song lauthals mit. Auch die Kochshow mit Vico Toriani sprüht vor typischen 60er Jahre Witzen.

Besonders gelungen ist der Grandprix-Schnelldurchlauf an dessen Ende sich Nana Mouskuri auftritt und die Bühne nicht verlassen möchte. Peter und Vico Malente zeigen in dieser Szene nicht nur schauspielerisch und gesanglich, was sie können, sondern beweisen sich als Vollblutkomiker: Während einer der beiden über die Bühne schreitet und an deren Ende stoplert und sie stürzend verlässt, kommt der andere – natürlich in einem identischen Kostüm – erneut auf die Bühne um diese ebenfalls zu queren und auf ebenso skurrile Weise wieder zu verlassen. Dieses Bäumchen-Wechsel-Dich-Spiel könnte unendlich weitergehen…

Dass man für Schlager keine besonders gute Stimme braucht, haben die Protagonisten von damals bewiesen. Doch die fünf Sänger auf der Bühne können singen. Aber sie hüten sich davor, eigene Interpretationen der Schlager einzubringen. Mit den Original-Arrangements kommen die Songs einfach viel authentischer rüber und der Wiedererkennungswert beim Publikum ist ungemein hoch.

Die neue musikalische Komödie von Familie Malente ist genau die richtige Einstimmung für eine durchtanzte Nacht. So abgedroschen einige der Songs auch sein mögen, so sehr vermitteln sie dennoch Spaß und Lebensfreude. Wenn Familie Malente in Ihrer Stadt Halt macht, sollten Sie sich die fünf Comedians nicht entgehen lassen.

Michaela Flint
veröffentlicht in blickpunkt musical

Theater: Schmidt Theater, Hamburg
Premiere: April 2007
Darsteller: Peter und Vico Malente, Melanie Stahlkopf, Nicole Seeger, Christina Schulz
Choreographie: Sebastian Kraft
Fotos: Schmidt Theater