Die drei Andrew Sisters haben eine weltweit beachtete Karriere hingelegt! 90 Millionen verkaufte Schallplatten sprechen für sich! Alles begann 1938 mit “Bei mir bist Du schön” und setzte sich auf einer nicht endenden wollenden Tour durch die Vereinigten Staaten fort.
Als im Dezember 1941 der Angriff der Japaner auf Pearl Harbour erfolgt, kamen auch die Andrew Sisters ihrer Vaterlandspflicht nach und zogen an die Front. Nach dem Eintritt der USA in den Zweiten Weltkrieg bestand die Hauptaufgabe der drei Schwestern aus Minneapolis darin, die GIs mit ihrer fröhlichen Musik vorübergehend auf andere Gedanken zu bringen. “Boogie gegen Bomben, Rumba gegen Raketen, Hits gegen Hitler” (Theater) lautete ihre Devise.
Im Mittelpunkt des Musicals von Mathias Kosel steht – wie sollte es anders sein – die Musik. Doch auch die Geschichte abseits der Bühne mit Eifersüchteleien, Schicksalsschlägen und alltäglichen Problemen wie dem Wunsch nach Schokolade oder Strumpfhosen wird von Kosel berücksichtigt.
Die Inszenierung im Altonaer Theater kommt ohne große Kulissen aus. Koffer werden als Sitzmöbel genutzt; Fahnen links uns rechts der Bühne helfen bei der Bestimmung des jeweiligen Aufenthaltsortes der Andrew Sisters.
Im Hintergrund befindet sich bühnenfüllend die “Blue Eyes Swing Band” mit Musicalautor Mathias Kosel am Piano. Die Band trägt maßgeblich dazu bei, Schwingungen ins Publikum zu transportieren. Die drei Darstellerinnen der Andrew Sisters schaffen dies leider nur zu selten. Katrin Gerken (LaVerne Andrews), Charlotte Heinke (Patty Andrews) und Victoria Fleer (Maxene Andrews) geben sich redlich Mühe, den Funken der flotten Musik überspringen zu lassen. Doch häufig wirkt ihre Fröhlichkeit allzu aufgesetzt und wenig mitreißend. Die Choreographie von Mecki Fiedler fällt kaum nennenswert auf. Und die Frage, warum die drei Schwestern in einigen Szenen laut klackende Steppschuhe tragen, ohne je mehr als drei Schritte damit zu tanzen, bleibt unbeantwortet.
Gesanglich bewegen sich die drei Künstlerinnen sicher in ihrem Metièr. Ein stimmlich harmonisches Zusammenspiel macht viele der bekannten Songs ( z. B. “In the Mood”, “Bella, Bella Marie”, “Rum and Coca Cola”, “Lullaby of Broadway”) zu einem Erlebnis.
Dass aufgrund des historischen Hintergrunds auch ernstere Töne angeschlagen werden müssen, ist unerlässlich. So verliest Bandleader Wally Weschler (Mathias Kosel) die einschneidenden Worte von Theodore Roosevelt als der bis dahin größte Auftritt der Andrew Sisters in New York am 7. Dezember 1941 durch den Angriff der Japaner auf Pearl Harbour verhindert wird.
Als kurz vor Schluss des Stücks LaVerne (Katrin Gerken) ihren Schwestern gesteht, dass sie Brustkrebs hat, ist die Beklemmung und das Entsetzen der jüngeren Geschwister fast körperlich zu spüren. Nach dieser Szene bleibt die Stimmung leider auch in Bezug auf die weitere Songauswahl im Keller. Anstatt die Besucher mit dem beschwingten “Sing, Sing, Sing” zu entlassen, wird das Finale mit dem melancholisch angehauchten Medley “Alexanders Ragtime Band” bestritten.
Trotz der guten Darstellerinnen und der swingenden Band – die zudem viele Lacher auf ihre schauspielerischen Einsätze bekommt – reißt einen das Stück nicht so vom Sessel, wie man es von einem Swing-Musical mit bekannten Hits der 30er und 40er Jahre erhofft.
Michaela Flint
veröffentlicht auf musicalzentrale.de
Theater: Altonaer Theater, Hamburg
Premiere: April 2004
Darsteller: Victoria Fleer, Katrin Gerken, Charlotte Heinke
Musik: Mathias Kosel
Fotos: Altonaer Theater Hamburg