home 2023 Gute Laune pur in altehrwürdigen Klostermauern

Gute Laune pur in altehrwürdigen Klostermauern

Diesen Sommer zeigte das First Stage Theater mit „Sister Act“ eine sehr unterhaltsame und schwungvolle Musicalkomödie, in der die Studierenden der Stage School einmal mehr ihr Talent unter Beweis stellten. Wie schon bei „Carrie“ und „Footloose“ hat man erfahrene Gäste für die Hauptrollen engagiert, doch gerade „Sister Act“ bietet auch in den kleineren Rollen viel Potential.

Da ist zuallererst einmal Aliosha Jorge Ungur zu nennen, der als tollpatschiger Polizist Eddie „Schwitzefritze“ versucht, die quirlige Deloris von den Vorteilen des Zeugenschutzprogramms im Kloster zu überzeugen. Ungur hat ein gutes Gespür für Slapstick, arbeitet aber die Verletztheit von Eddie genauso gut aus. Auch gesanglich kann er – wie auch schon in vorangegangenen Produktion im First Stage Theater – sehr überzeugen. Eddie ist an diesem Abend mit Abstand der sympathischste Mann auf der Bühne!

Auch einige der Schwestern lassen ihr Können aufblitzen: Sina Dieterle als herrlich schräge Mary Lazarus, Sarah Hannuschka als zuckersüße und mit einem beachtlichen Stimmvolumen ausgestattete Mary Robert sowie Imke Wynants als übereifrige Mary Patrick beweisen, warum „Sister Act“ auch auf der Musicalbühne viel Spaß macht.

Äußerst amüsant sind auch die Namen einiger anderer Nonnen, wie bspw. die Schwestern Lichter und Lafer oder Schwester Mary Nirvana am Klavier.

Femke Soetenga führt als Mutter Oberin ein strenges Regiment und gerät sichtlich aus der Bahn als ihre Welt durch den ungewöhnlichen Gast ins Schwanken gerät. Ihre gefühlvolle Interpretation der Songs kann sie sowohl bei den maßregelnden als auch bei den mitfühlenden Passagen sehr gut nutzen. „Mir bleibt wohl keine Wahl“ ist eines der Highlights des Abends.

Dejan Brkic erinnert als Monsignore Howard mehr als einmal an Jürgen von der Lippe. Seine Spielfreude ist ansteckend und er hat viele Lacher auf seiner Seite.

Curtis, der Deloris‘ nach ihrem Leben trachtet, wurde an diesem Abend von Ilias Sidi-Yacoub sehr raubeinig und unangenehm dargestellt. Prima! Seine mehr oder weniger hilfreichen Schergen TJ, Joey und Pablo wurden von Peter Lehmann, Florian Karnatz und Beneon Stevenson rollendeckend gespielt. Jeder hat seinen besonderen Moment, in dem er sehr gut spielt oder singt.

Die Rolle von Deloris van Cartier, der Nachtclubsängerin, die unfreiwillig Zeugin eines Mordes wird und im Kloster untertauchen muss, übernahm Dominique Aref. Die gebürtige Niederländerin, die seit fast 20 Jahren in Deutschland auf der Bühne steht, zeigt viel Gemeinschaftssinn, wenn sie als Schwester Mary Clarence mit ihren Schwestern probt und mit ihnen zusammen eine spürbar wundervolle Gemeinschaft aufbaut. Mit anderen im Chor bildet sie eine harmonische Einheit, solistisch fehlt es ihr leider manches Mal am Soul, den man bei dieser Figur erwarten würde.

Jens Daryousch Ravari hat erstmalig in Hamburg eine Regiearbeit abgegeben und landet mit „Sister Act“ einen Volltreffer. Wenn sich die Nonnen und Curtis‘ Gefolge durch die Klostergemäuer jagen, schüttet sich das Publikum aus vor Lachen. Auch Eddie’s „Tief in mir“ ist szenisch sehr gelungen. „Fabelhaft“ ist hervorragend gestaged und mit der Unterstützung der sehr guten Ideen von Doris Marlis (Choreografie, bspw. bei einem sehr sexy „Zeig mir den Himmel“)) und dem wieder einmal begeisternden Bühnenbild (First Stage Team) und Lichtdesign (Felix Wienbürger) gelingt eine unterhaltsame Show mit schmissigen Songs (Musical Director: Tjaard Kirsch) nach der man das Theater fröhlich summend verlässt.

Auch wenn man nicht die Songs aus dem Whoopi Goldberg Hitfilm hört, so gelingt auch diesem Ensemble, das Publikum mit seiner guten Laune anzustecken. „Zeig mir den Himmel“ bleibt im Ohr und die Zugabe schien nicht enden zu wollen. Was kann man sich als Theaterschaffender Besseres wünschen als zufriedene Zuschauer?

Michaela Flint
erschienen in musicals – Das Musicalmagazin

Theater: First Stage Theater, Hamburg
Besuchte Vorstellung: 17. Juni 2023
Darsteller: Femke Soetenga, Dominique Aref, Dejan Brkic, Studierende der Stage School of Music, Dance & Drama
Regie / Choreografie: Jens Daryousch / Doris Marlis
Fotos: Dennis Mundkowski