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Golden Reel Stage-E Shorts

Roter Teppich, Blitzlichtgewitter, Damen in wunderschönen Roben, Herren in eleganten Anzügen – ist das Kehrwieder Theater in der engeren Auswahl zur Verleihung der Tony Awards 2012?

Weit gefehlt: Das kleine Hamburger Theater war Veranstaltungsort für die Auszeichnung der diesjährigen Golden Reel Stage-E Shorts. Die Damen und Herren, die an diesem Abend über den roten Teppich schreiten, sind größtenteils Darsteller und Mitarbeiter der Stage Entertainment.

2010 fand dieses ganz besondere Kurzfilmfestival, bei dem sich Cast & Crew von einer anderen Seite präsentieren und als Drehbuchautoren, Kameraleute und Regisseure agieren, zum ersten Mal statt.

In diesem Jahr begaben sich neun Filme in den Wettbewerb um die elf  Trophäen. Am begehrtesten sind natürlich der Award als Bester Film 2011 und der People‘s Choice Award.

Die Jury bestand Uschi Neuss, Johannes Mock-O‘Hara und Jan Niko Lafrentz (Manager Hamburg 1 TV).

Der Abend startete mit einiger Verspätung, da der Moderator der Gala – Stephan Jaekel – erstmal gesucht werden musste. Sein gehetzter Weg führte ihn durch alle drei Theater und das Headquarter der Stage Entertainment bis er schließlich den Weg ins Kehrwieder Theater fand. Dieser FIlm lief zwar außer Konkurrenz, aber die schauspielerischen Fähigkeiten des Unternehmenssprechers sind mehr als nur eine Randnotiz wert.

Bevor die ersten drei Filme ins Rennen geschickt wurden, zeigten Cast-Mitglieder von „Sister Act“ ein Gute-Laune-Medley aus „Hair“ und brachten das Publikum auf Betriebstemperatur. Die 30° C, die an diesem Tag in Hamburg herrschten, taten ein Übriges…

Der 1. Film – „Affentheater“ von Rudi Reschke, basierend auf Franz Kafkas „Bericht für eine Akademie“ – war sicher keine leichte Kost, aber machte neugierig auf mehr. Die Vielseitigkeit der „Tarzan“-Cast kam in diesem verstörenden Film beeindruckend zur Geltung.

Film Nr. 2 – „Wobinich“ von Cusch Jung und Pedro Reichert – entfaltete sich schnell, hatte verwirrende Momente und leichte Längen, gab aber dennoch zu Denken.

Als letzter Beitrag im ersten Block wurde „Amongst the Stars with Jeff Shankley“ von Patrick Robinson und Matt Farci gezeigt. Selbstironisch wird dort die Film- und Theaterbranche auf die Schippe genommen, was – wenn auch nah am Kitsch – sehr amüsant war.

Nach diesem aufrüttelnden Auftakt konnte man beim folgenden Musikblock – Zodwa Selele mit Gershwins „Summertime“ – erstmal durchatmen und sich wieder sammeln.

Es folgen die Filme 4 und 5 an diesem Abend: Film 4 – „Borderline“ von Chriss Kerner – ist so ganz anders als die übrigen acht Filme. Das nur am PC entstandene Musikvideo verzichtet auf lebende Akteure und besticht durch schnelle Szenenwechsel. Wenn man dem irritierenden Sprechgesang folgen wollte, musste man schon sehr genau hinhören.

Film 5 heißt schlichtweg „4“ und stammt von Peter Stassen, Arcangelo Vigneri und Marcel Meyer. Zwei Polizisten versuchen einen Serienkiller zu schnappen, der bei seinen ersten drei Leichen immer einen Hinweis auf die Zahl 4 hinterlassen hat. Die Polizisten versuchen, den vermuteten vierten Mord zu verhindern und treffen bei ihren Ermittlungen auf altbekannte Kleinkriminelle. Die Handlung ist knackig erzählt, die Tatorte sehr bildgewaltig dargestellt und das Finale nicht unbedingt zu erwarten.

Die zweite Hälfte des Abends läutet das Ensemble vom „König der Löwen“ ein und präsentiert ein stimmgewaltiges „One day more“ aus „Les Misérables“. Trotz der Tatsache, dass mehrheitlich Musicalakteure im Publikum sitzen, ist auch hier die Begeisterung für das Rekordmusical ungebrochen.

„Ebullient“ von Claudio Goncalves ist der sechste Film an diesem Abend. Die Story appelliert direkt an das Gewissen der Zuschauer und die Botschaft – Was wäre das Leben ohne Enthusiasmus? – bleibt haften.

Der siebte Film ist eine Überraschung, da weder Inhalt noch Kreative im Vorwege verraten wurden: „Not so popular“ von Peter Stassen und Marcel Meyer zieht gnadenlos über Arcangelo Vigneri her und ist prall gefüllt mit lustigen Insider-Gags. Vigneri kommt, im Publikum sitzend, aus dem Staunen nicht mehr heraus und am Ende ist der Spaßfaktor bei all seinen Kollegen hoch.

Es folgt ein letzter musicalischer Block: Vier Mitglieder der „Sister Act“-Cast geben den weltbekannten „Big Spender“ und treiben die ohnehin schon hochsommerlichen Temperaturen noch weiter in die Höhe.

„The Endless Wait“, der achte Film, stammt von der letztjährigen Gewinnerin des Besten Preises Toni Ann Topia. Gefühlvoll beschreibt sie das Kennenlernen, Zusammenleben und die Trennung eines Paares und setzt dieses Geschehen in einen außergewöhnlichen Rahmen. In den Hauptrollen sind sie und ihre Ehemann zu sehen, was die Geschichte umso charmanter macht.

Der letzte Wettbewerbsbeitrag kommt von drei Backstage-Mitarbeitern des Theaters im Hafen: Felix Wienbürger, Stefan Eggert und Sebastian Schröder haben den beklemmend inszenierten Film „ROAW“ produziert und zeigen die unbekannten Mächte im Theater sehr eindrücklich auf.

Mit der Jury möchte an diesem Abend keiner tauschen. Viel zu unterschiedlich sind die neun Filme. Sowohl in der Machart als auch in technischer Umsetzung; die Themen könnten verschiedener nicht sein und auch die schauspielerischen Leistungen geben eine große Bandbreite wider. So verwundert es wenig, dass die Entscheidungsfindung einige Minuten länger dauert als geplant. Dafür ist die Präsentation der Preise durch Kollegen sehr charmant und sorgt für viele heitere und bewegende Momente.

Die diesjährigen Preisträger der Golden Reel Stage-E Shorts Awards lauten:

  • Best Writing and Script – Wobinich
  • Best Costume / Make-Up – 4
  • Best Film Editing – Borderline
  • Best Visual Effects / Cinematography – 4
  • Best Musical Score / Soundtrack – Borderline
  • Best Supporting Actor – Jeff Shankley (Amongst the Stars)
  • Best Supporting Actress – Sonya Martin (Ebullient)
  • Best Director – Felix Wienbürger (ROAW)
  • Best Actress – Patricia Meeden (Ebullient)
  • Best Actor – Tom Topia (The Endless Wait)
  • People‘s Choice Award – ROAW
  • Best Movie of the Year – ROAW

Man kann die Entscheidungen der Jury teilen oder auch nicht. Insgesamt ist das Publikum aber sehr zufrieden und spendet den Gewinnern stehende Ovationen.

Kreative Events wie diese Gala zeigen, dass Musicaldarsteller nicht nur in ihrem Hauptjob vielseitig talentiert sein müssen, sondern darüber hinaus noch viel mehr Qualitäten und künstlerische Interessen haben als so mancher vermutet.

Ich freue mich schon auf die Golden Reel Stage-E Shorts 2012!

Michaela Flint

Theater: Kehrwieder Theater, Hamburg
Premiere: 27. Juni 2011
Akteure: Cast & Crew der Stage Entertainment
Idee: Peter Stassen, Toni Ann Topia, Claudio Goncalves
Fotos: Holger Kersting