home 2006 Frank Logemanns Rock-Musical in Hamburg

Frank Logemanns Rock-Musical in Hamburg

Schon vor zwei Jahren erzählte uns Frank Logemann im Interview, dass er in seiner Freizeit komponiert und an einem eigenen Stück schreibt. Am 18. Dezember präsentierte er sein Werk in einem so genannten Try-Out der Öffentlichkeit. Im Broadway und West End sind Try-Outs gang und gäbe. Schon mehr als einmal hat sich aus einer solchen einmaligen Aufführung ein großartiges Musical entwickelt, dass inzwischen überall gespielt wird.

Tosca ist eine Oper in drei Akten von Giacomo Puccini, die am 14. Januar 1990 in Rom uraufgeführt wurde. Auch nach mehr als 100 Jahren hat der Stoff nichts an Spannung verloren. Es geht um die junge Liebe der Sängerin Tosca und des Malers Mario Cavaradossi, die durch die intriganten Machenschaften von Baron Scarpia fatal endet. Die Liebesgeschichte entwickelt sich am Rande der Gefängnisflucht des ehemaligen Konsuls von Rom Cesare Angelotti, der Cavaradossi um Hilfe bittet um damit sowohl dessen Schicksal als auch das von Tosca besiegelt.

Das Gemeinschaftsprojekt von Frank Logemann, Detlef Leistenschneider und Alexander Zamponi – allesamt „Mamma Mia!“-Castmitglieder – hält sich an den klassischen Handlungsablauf. Ohne viel Ausschmückung entwickelt sich die Handlung des eigentlichen Drei-Akters rasant und so ist die Musicalfassung schon nach knapp zwei Stunden beendet. Doch tatsächlich vermisst man nichts, da sich die Geschichte in sich schlüssig erzähl wird.

Regie führte bei diesem Try-Out Carolanne Weidle, die schon bei verschiedenen Produktionen im Imperialtheater ihre inszenatorische Handschrift hinterlassen hat. Auch hier setzt sie die Hauptfiguren geschickt in Szene. Jeder bekommt sein Solo und auch die Duette sind auf der Bühne gut umgesetzt. Die Arrangements zu Frank Logemanns Kompositionen stammen von Detlef Leistenschneider, der als fieser Baron Scarpia auf der Bühne des Operettenhauses steht. Aber auch Frank Logemann, der dieses Musical ersonnen hat, ist bei der Erstaufführung seines Stücks mit dabei. Als Cesare Angelotti spielt er die tragische Rolle des Flüchtlings, der seine Helfer in den Tod schickt. Alexander Zamponi (Songtexte) ist ebenfalls im Ensemble zu sehen.

Zu den drei Schöpfern gesellen sich neben zahlreichen Kollegen aus dem „Mamma Mia!“-Ensemble auch Studenten der Hamburg School Of Entertainment. Das Liebespaar wird von Charlotte Heinke und Jörg Neubauer gegeben.

Was an diesem Try-Out sofort ins Auge fällt ist die opulente Umsetzung. Zahlreiche Kostüme, szenische Umbauten, abwechslungsreiche Lichttechnik – all das ist bei anderen Try-Outs üblicherweise nicht vorzufinden. Diese Herangehensweise unterstreicht den professionellen Anspruch der Beteiligten. Die Tavernen-Kulissen aus „Mamma Mia!“ werden effektvoll in das Stück integriert und die Szenenwechsel regelrecht zelebriert. Die Kleider der Damen korrespondieren mit den Krawatten und Bauchbinden der Herren. Das sind wahrlich keine unwichtigen Details für eine stimmige Produktion.

Wenn man davon absieht, dass Jörg Neubauer in einem D’Artagnan-Kostüm steckt und Frank Logemann, abgesehen von den Szenen im Ballkleid, stark an den Sträfling Jean Valjean erinnert, kann man den Kostümverantwortlichen gratulieren.

Das Stück trägt den Zusatz „Das Rock-Musical“. Und das ist es auch, was den Zuschauern geboten wird: rockige Grundrhythmen lassen den Boden des Operettenhauses erbeben. Leider sind es gerade diese Leitsätze, die verhindern, dass die Sänger auf der Bühne zu hören sind. Zwischendurch schleicht sich ein waschechter Gospel-Song ein, der für angemessene Belustigung sorgt. Logemanns Melodien sind nicht neu, man hört ein wenig „Starlight Express“, ein wenig mehr „Jesus Christ Superstar“, aber dennoch stellt ein befriedigender Gesamteindruck ein.

Während Logemann sich tapfer durch seine eigenen Stücke singt (die Frage, ob er seinen Part nicht einem Kollegen hätte überlassen sollen, stellt sich unweigerlich, denn Logemann ist nicht mit einer Rockröhre ausgestattet), überzeugt Detlef Leistenschneider von der ersten bis zur letzten Note. Ganz in schwarz mit langem Ledermantel gewandet, gibt er eine einschüchternde Persönlichkeit. Seine Soli strotzen nur so vor Kraft und Intensität, vor allem „Stachel im Fleisch“, das zugegebenermaßen ein wenig an den „Engel aus Kristall“ der Bolland-Brüder erinnert, zieht er die ganze Palette eines Bühnenkünstlers.

Jörg Neubauer ist als verliebter Maler sehr gut besetzt. Man glaubt ihm den kreativen Ausgangspunkt seiner Arbeiten, sein Vertrauen zu Angelotti ist nachvollziehbar und seine Liebe zu Tosca wirkt echt. Gesanglich kommt er mit den Uptempo-Nummern gut zurecht, aber in den Duetten mit Charlotte Heinke zeigt sich seine Stärke. Beide harmonieren sehr gut miteinander. Mit Charlotte Heinke wurde eine Tosca engagiert, die nicht nur durch ihre edle Ausstrahlung sondern auch durch ihre kraftvolle Stimme und ihr brillantes Spiel zu begeistern vermag. Man leidet unweigerlich mit ihr, als sie merkt, dass sie trotz der Ermordung von Scarpia nicht mit ihrem geliebten Maler zusammenleben wird, da man sie beide getäuscht hat. Ihre Soli interpretiert die Hamburgerin souverän und raumfüllend. Das liegt auch daran, dass ihr die intensiven Kompositionen sehr entgegenkommen.

Try-Outs wie diesen darf es in Zukunft gern mehr geben. So sieht man, dass es mehr gibt als die großen kommerziellen Musicals. Ob hieraus ein Groß-Erfolg à la „Mamma Mia!“ wird, darf bezweifelt werden, dennoch sind es genau solche Ansätze wie der von „Tosca“, die die Musicalwelt lebendig halten.

Michaela Flint
veröffentlicht in blickpunkt musical

Theater: Operettenhaus, Hamburg
Premiere: 18. Dezember 2006
Darsteller: Charlotte Heinke, Jörg Neubauer
Idee & Regie: Frank Logemann, Detlef Leistenschneider, Alexander Zamponi
Fotos: Stage Entertainment