Nach der erste Vorrunde im März, bei der sich die Jury erst nach längerer Beratung auf zwei Finalisten einigen konnte, stand am Ostermontag 2015 die zweite Vorrunde an. Die fünf Teilnehmer am 6. April waren sehr unterschiedlich und unterstrichen einmal mehr die Vielseitigkeit des Genres Musical. Von Revue über Singspiel, von Comedy bis hin zu Historiendrama war am diesem Abend alles vertreten.
Einen der Beweggründe, einen Autoren- und Komponistenwettbewerb ins Leben zu rufen, erklärte Corny Littmann während einer der Umbaupausen: „In elf Jahren „Heiße Ecke“ haben wir soviel Kohle gemacht, da können wir auch gern etwas zurückgeben!“ Besser kann man sich um die deutsche Musiktheaterlandschaft kaum kümmern.
Die Vier von der Pier
Den Anfang machte auch diesmal der Beitrag mit den meisten Teilnehmern: „Die Vier von der Pier“ erzählt eine Kombination aus historischer Piraten- und Gaunergeschichte. Leider gelang es der Crew von Jan Hinnerk Timm, Jonas Kropp, Matthias Berger und Ben Kropp an diesem Abend nicht, den roten Faden aufrecht zu erhalten. Trotz auffallend großer Fangemeinde im Publikum und mitklatschtauglichen Melodien sprang der Funke nicht über. Positiv fiel auf, dass man sich mit der lokalen Verortung der Handlung in Hamburg viel Mühe gegeben hatte, denn Namen wie „Bill Brook“ oder „Pinne Berg“ kommen nicht von Ungefähr und würden norddeutsche Zuschauer sicherlich erfreuen. Ob das auch für Bayern gelten würde, ist jedoch fraglich…
Immer der Nase nach
Die „Wilde Hilde“ hat aber ihre ganz eigene Vorstellung von der gewünschten Hilfestellung und deutet diese in einer gelungenen Marionetten-Choreographie an.
Hier wurden die richtigen Szenen ausgewählt, um dem Publikum – und natürlich der Jury – das Potential des Stücks aufzuzeigen. Abgerundet wurde die Präsentation durch sehr gute Darsteller – allen voran Iris Schumacher als Märchentante und „Wilde Hilde“. Schwer vorstellbar, dass jemand anders diese Rolle so nachdrücklich mit Leben füllen könnte.
Compilation – Ein Musicabre
Ein vermeintlich verstorbener Popstar, von dem posthum noch Songs auftauchen, die sich nur allzu gut vermarkten lassen. Eben jener Popstar, der mit dem ausgehandelten Deal unzufrieden ist und wieder „lebendig“ werden will. Eine neugierige
Praktikantin, die einem Label-Boss auf die Schliche kommt und versucht, ihr totgeglaubtes Idol vor den Auftragskillern des Label-Chefs zu retten. Mehr Handlung gibt es bei „Compilation“ nicht. Die Geschichte ist vorhersehbar und bietet keine Überraschungen. Auch musikalisch und textlich gelang Dirk Mehnert mit diesem Beitrag kein allzu weiter Wurf. Einzig die Choreographien und die starken Sänger (insbesondere Mehnert selbst als schmieriger, geldgieriger Label-Boss) hatten sehr großen Unterhaltungswert.
Dogs
Warum sollte man nicht „Cats“ ein ebenso erfolgreiches Hunde-Musical entgegensetzen? Warum sollte man den Millionen „Cats“-Liebhabern nicht vor Augen führen, wie abstrus diese 80er Jahre Show und ihre Charaktere sind? Warum also nicht ein „Trashical“ namens „Rent a Dog“ auf den Musicalmarkt werfen und abkassieren, so wie seinerzeit Andrew Lloyd Webber?
Weil es nicht funktioniert! Darum! Johannes Krams und Florian Ludewigs Idee an sich verspricht viel, doch leider reicht es nur für ein paar Hunde, die über ihr Leben lamentieren. Hier wird kein Klischee ausgelassen: Hassan mit eingebildetem Migrationshintergrund ist eine der Hauptfiguren. Auch die Integration des Publikums in den „Sitz-Platz-Fuß“-Song hat mehr von Comedy-Show als von Musical. Am Ende der 20-minütigen Präsentation fragte man sich unweigerlich: Passten die Songs wirklich dort hinein? Als Comedy-Stück hat dieser Stoff durchaus Potential, als Musical funktioniert er leider nicht.