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Cole Porters Leben auf Celluloid

Der Hollywood-Streifen von Irwin Winkler soll das Leben des wohl bedeutendsten Swing-Komponisten der 30er Jahre nachzeichnen. Aber Cole Porter ist auch in der Musicalbranche kein Unbekannter – stammen doch „Anything Goes“ und „Kiss Me, Kate“ aus seiner Feder. Irwin Winkler arbeitet mit schönen Motiven und zeichnet Porters Lebensweg in Paris, Venedig, New York und Hollywood lebendig nach. Die Kostüme, Make-Up und Frisuren versetzen den Zuschauer spielend 80 Jahre zurück.

Auch in diesem Film wird auf das Stilmittel der Rückblende zurückgegriffen. Allerdings erinnert sich nicht einfach ein einsamer, alter Komponist an sein Leben, vielmehr wird er von Gabriel (Jonathan Pryce) in die „Show seines Lebens“ begleitet.

In der Rolle von Cole Porter beweist Kevin Kline erneut seine Wandlungsfähigkeit, kann jedoch wie Porter selbst, nur dürftig singen. Ob als in die Jahre gekommener Erfolgskomponist oder als junger, verliebter und von der Muse geküsster Songwriter – Kevin Kline beherrscht alle Seiten dieses doch so vielschichtigen Menschen. Auch Porters unterdrückte Homosexualität wird in diesem Film thematisiert – jedoch wie im prüden Amerika üblich, werden die hieraus resultierenden Konflikte nur angerissen. Da schien es den Machern eher angebracht, die tiefe Verbundenheit von Porter und seiner Frau Linda (Ashley Judd) in den Mittelpunkt zu stellen, was ihnen zweifelsfrei sehr gut gelungen ist.

Die gesungene Liebeserklärung „So In Love“ kurz vor dem frühen Krebstod rührt zu Tränen und macht deutlich, dass die beiden durch ein unsichtbares Band verbunden waren, welches zwar keine Liebesbeziehung zuließ, aber zumindest doch eine sehr tiefe Freundschaft.

Sowohl Porter als auch seine Frau sind hin- und hergerissen zwischen ihren Gefühlen. Sie liebt den Mann Porter sehr und wünscht sich nichts sehnlicher als eine richtige Beziehung und Familie.

Linda lässt sich auf eine Ehe ein, obwohl sie weiß, dass ihr Gatte sich mehr zu Männern hingezogen fühlt als zu Frauen. Die Momente, in denen ihr klar wird, dass ihr Mann sie niemals so lieben wird wie sie ihn werden schnell zahlreicher und Ashley Judd weiß die Verletzlichkeit einer verschmähten Frau sehr gut zu betonen.

Porter weiß, was er fühlt, traut sich jedoch nicht, diese Gefühle auszuleben, weil es den gesellschaftlichen Ausschluss zur Folge hätte. Auf der anderen Seite hat er eine wunderschöne Frau, die ihn mit ihrer Liebe jedoch zu erdrücken scheint. Kevin Kline schafft es sehr überzeugend, seine Empfindungen und die innerliche Zerrissenheit zu transportieren.

Das ist der Stoff, aus dem tragische Romane entstehen. Leider waren die hiermit verbundenen Konflikte Wirklichkeit. Im Hollywood-Film jedoch sind sie jedoch nur die Garnitur für zwei Stunden musikalischer Highlights. Im Mittelpunkt dieses Films über Cole Porter steht nicht der Mann, sondern seine  Kompositionen, die von Stephen Endelmann für

eine Vielzahl an Stars aus dem Musikgeschäft neu arrangiert wurden. Wem ‚Name-Dropping’ in Unterhaltungen ein Begriff ist, der wird mit diesem Film erleben, dass das scheinbar beiläufige Erwähnen von Namen auch zu visualisieren ist. An die 20 Stars geben im Verlauf der Geschichte einen Cole Porter Hit zum Besten. Darunter sind Natalie Cole, Elvis Costello, Sheryl Crow, Alanis Morissette und Robbie Williams. Auch Hauptdarsteller Kevin Kline und mit Jonathan Pryce und John Barrowman zwei musicalerfahrene Darsteller tragen zum akustischen Gesamtbild bei.

Das Finale des Films wird ganz im Stil der großen alten Broadway-Klassiker gehalten. Mit „Blow, Gabriel, Blow“ beweist Jonathan Pryce nach „Evita“ (als Perón neben Madonna als Evita und Antonio Banderas als Che) erneut, dass er seine Bühnenpräsenz auch im Medium Film einsetzen kann. Zu den beschwingten Klängen dieses Stücks lassen alle Wegbegleiter den Komponisten und Menschen Cole Porter hochleben. So geht ganz sicher niemand melancholisch aus dem Kino, sondern man hat die wundervollen Melodien noch Stunden später im Kopf und ertappt sich beim Summen. Diese Art, eine tragische Lebensgeschichte zu erzählen, wird dem Künstler Cole Porter absolut gerecht. Dass sie aber auch den Menschen Porter ausreichend beleuchtet, darf bezweifelt werden.

Michaela Flint

veröffentlicht in blickpunkt musical
Ausgabe 02/05, März-April 2005

Regie: Irwin Winkler
Darsteller: Ashley Judd, Kevin Kline, Jonathan Pryce
Musik: Cole Porter
Verleih / Fotos: 20th Century Fox of Germany