home Interviews mit Kreativen Regisseur Daniel Witzke über Maury Yeston, unsubventionierte Musicals und Liederabende

Regisseur Daniel Witzke über Maury Yeston, unsubventionierte Musicals und Liederabende

Michaela Flint: Wer hatte die Idee, einen Liederabend ausschließlich mit Maury Yeston Songs zu machen?

Daniel Witzke: Die Idee, einen Maury Yeston Abend zu machen, geht zurück auf eine gemeinsame Reise mit Wolfgang Adenberg nach New York, die eigentlich zum Ziel hatte, Jason Robert Brown zu treffen, um mit ihm über eine deutschsprachige Erstaufführung von „The Last 5 Years“ zu sprechen. Da Wolfgang Adenberg schon beim Musical „Titanic“ mit Maury Yeston zusammengearbeitet hatte und in dieser Zeit einen freundschaftlichen Kontakt mit ihm hatte aufbauen können, ergab sich dann noch die Gelegenheit, ein paar Stunden in Maury Yestons Manhattener Wohnung zu verbringen und über das Theater, die Musik, die Kunst und das Leben zu plaudern.

Maury Yeston setzte sich ans Klavier und begann auf eine unnachahmlich leidenschaftliche und bewegende Art Auszüge aus einigen seiner Werke zu spielen, u. a. den December Songs, einem auf Schuberts „Winterreise“ basierenden Liederzyklus, den er ursprünglich der amerikanischen Sängerin und Schauspielerin Andrea Marcovicci gewidmet hatte.

Ich glaube, in diesem Moment war es um uns geschehen und die Idee, einen Abend mit dieser wunderschönen Musik in Deutschland zu präsentieren, war geboren. Maury Yeston war sehr angetan von der Idee eines großen Abends mit seiner Musik und hat uns von Beginn an in allem unterstützt. Herausgekommen ist eine Hommage an das kompositorische Lebenswerk eines der größten Broadway-Komponisten der Gegenwart.

Michaela Flint: Gab es für die Besetzung eine Audition oder besser: Nach welchen Kriterien haben Sie die Darsteller für den Maury Yeston-Abend ausgewählt?

Daniel Witzke: Bei der Auswahl der Sänger spielten verschiedene Faktoren eine Rolle. Zunächst einmal musste ich Sänger finden, die in der Lage sind, den hohen musikalischen Anforderungen von Yestons Musik zu genügen und die gleichzeitig intensive, charismatische und erfahrene Bühnendarsteller sind. Ich bin heute sehr glücklich sagen zu können, dass wir eine wunderbare und talentierte Gruppe von Darstellern zusammenstellen konnten, die meine Erwartungen noch übertroffen haben. Alle sind mit viel Hingabe und Herzblut bei der Sache. Um das ganze Ausmaß und die tiefe von Maury Yestons Musik zu begreifen, gehen alle Darsteller an ihre Grenzen und sind im Laufe der letzten Probenwochen stetig über sich hinausgewachsen.

Michaela Flint: Die meisten Ihrer Darsteller habe andere feste Engagements und können sich nicht wochenlang freinehmen. Wie muss man sich den Probenprozess in einer solchen Situation vorstellen?

Daniel Witzke: Normalerweise ist es uns nicht möglich, für eine Produktion dieser Größenordnung fünf oder mehr Wochen am Stück zu probieren, da ein Großteil unserer Darsteller und Musiker neben ihren Engagements in laufenden Produktionen noch viele anderweitige Verpflichtungen hat. Daher proben wir 2-3 Mal pro Woche über einen Zeitraum von ca. drei Monaten. Diese Arbeitsweise erlaubt genügend Freiraum, garantiert aber auch die Intensität, die wir brauchen, um ein stück auf die Beine zu stellen. Oftmals opfern die Darsteller ihre freien Montage, um sich ohne die Belastung einer Vorstellung am Abend gänzlich auf die Probenarbeit mit uns konzentrieren zu können.

Michaela Flint: Neben den Vorbereitungen für die Maury Yeston-Abende arbeiten Sie an der deutschsprachigen Erstaufführung der Musical Comedy „A Year with Frog and Toad“. Ist das nicht ziemlich stressig?

Daniel Witzke: Die Arbeit als Übersetzer, Regisseur und Produzent macht mir großen Spaß und ich habe auch bereits mit der Planung und Übersetzung von zwei weiteren Musicals bzw. Liederabenden begonnen. Gleichzeitig muss ich aber sagen, kostet diese Arbeit viel Kraft und Zeit und erfordert absolute Konzentration über Stunden, Wochen und Monate.

Natürlich ist es manchmal sehr schwierig und aufreibend, all diese verschiedenen Tätigkeiten unter einen Hut zu bringen und ich habe in der Vergangenheit lernen müssen, dass es nicht gut und überhaupt nicht gesund ist, sich so ganz von der Arbeit auffressen zu lassen. Es ist wichtig für mich, auch mal abzuschalten. Glücklicherweise habe ich eine wunderbare Partnerin an meiner Seite, die mich unterstützt und beizeiten bremst, wenn es notwendig ist.
Aktuell gibt es für das Musical „A Year with Frog and Toad“ keine geplante Produktion, ich führe aber Gespräche mit verschiedenen Theatern. 2-3 Stücke sind derzeit bei mir in der Schublade. 2006 wird es ganz bestimmt wieder eine neue Produktion der Two For One Theatre Productions geben. Außerdem wollen wir natürlich nach dem großen Erfolg von „The Last 5 Years“ diese wunderbare Produktion noch in vielen anderen Städten spielen. Bestätigt sind für das Jahr 2006 bislang allerdings nur das Rex-Theater Wuppertal und das Kleine Theater Schillerstrasse in Geesthacht.

Michaela Flint: Wir danken Ihnen für diesen Einblick in die Arbeit abseits der großen Ensuite-Bühnen und wünschen Ihnen viel Erfolg für Ihre weiteren Produktionen.

Michaela Flint
veröffentlicht in blickpunkt musical