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Dir gehört mein Herz

Alexander Klaws erstes Solokonzert spiegelt seinen musikalischen Werdegang vom Gewinn der 1. DSDS-Staffel 2003 bis zur Titelrolle in „Tarzan“ (seit 2010) wider. Alle wichtigen Meilensteine finden ihren Raum: Mit dem großen „Tarzan“-Block, in dem Alexander Klaws und Nadja Scheiwiller die Erfahrungen aus ihren Engagements beim Disney-Musical ausspielen konnten, war das Publikum bereits restlos glücklich. Auch die Songs aus „Tanz der Vampire“ mit einem überragenden Jan Ammann als Vampirgraf, Alexander Klaws als Alfred und Nadja Scheiwiller als Sarah bedienten die Erwartungshaltung der Hamburger Zuschauer.

Doch es gibt viele weitere, prägende Stationen im Leben des 29-jährigen Klaws. Mit sehr sympathischen, persönlichen Anekdoten erläuterte er die Auswahl der Stücke: „Starlight Express“, weil es das erste Musical war, das er je gesehen hat, „Heut ist der Tag“, weil er damit Musicalluft geschnuppert und daraufhin seine Ausbildung an der Joop van den Ende Academy gemacht hat.

Auch Songs aus seinem aktuellen Album „Für alle Zeiten“ hatte er im Gepäck. Vermutlich haben wenige damit gerechnet, dass Klaws auch an die Zeiten bei DSDS erinnert, doch mit „Take me tonight“ geht er ganz an den Anfang seiner Karriere zurück. Amüsant ist der Castingshow-Hit „We have a dream“, das alle drei Sänger gemeinsam präsentierten. Mit einem Augenzwinkern ist auch der meistgespielte und meist gesungene Song gut zu ertragen.

Mit einem musikalischen Ausflug in die österreichische Hauptstadt bewies Alexander Klaws seine stimmliche Reife. Als Rudolf („Wohin führt mein Weg“) überzeugte er mit viel Gefühl und das energiegeladene Duett mit Jan Ammann als Tod („Die Schatten werden länger“ aus ‚Elisabeth‘) sorgte trotz oder gerade wegen des sparsamen Stagings für den einzigen richtigen Gänsehaut-Moment des Abends. Ungewöhnlich war das Solo „Zeit in einer Flasche“ aus ‚Rebecca‘ – interpretiert von Jan Ammann. Im Bühnenstück wird dieser Song von der weiblichen Protagonistin „Ich“ gesungen.

Herausragend spielten die drei Musiker auf, die alle Songs in voller Klangbreite live intonierten: am Flügel die konzerterprobte, brillante Marina Komissartchik, die Percussions bearbeitete Matthias Plewka und an der Gitarre war Thomas Spies in Aktion.

In den Balladen wurde deutlich, wie sehr die Stimmen von Scheiwiller und Klaws harmonieren („With you“ aus ‚Ghost‘). Bedauerlich war, dass es beiden bei „Who wants to live forever“ an Druck fehlte und der Rocksong daher etwas deplatziert wirkte. Mit „Zurück zu Dir“ versöhnte Klaws jedoch für diesen Schnitzer…

Der bald 25-jährige „Starlight Express“ bekam mit fünf Songs ein überraschend großes Zeitfenster: Jan Ammann überzeugte mit „Pumpin Iron“ nicht nur stimmlich, sondern ließ auch ordentlich die Muskeln spielen. Eine ähnlich große Portion Selbstironie zeigte auch Alexander Klaws in den Duetten mit der ihn als Pearl anhimmelnden Nadja Scheiwiller. Ein wunderbar entstaubter Musical-Klassiker!

Deutlich wurde jedoch, dass das Haus im Park im Süden Hamburgs sehr begrenzte technische Möglichkeiten hat: Gerade bei den hohen Tönen gelang die Anlage an ihre Grenzen. Auch der übermäßige Hall, der über die Stimmen von Alexander Klaws und Nadja Scheiwiller gelegt wurde, störte zusehends.

Im abschließenden Abschnitt mit Filmhits legte Jan Ammann noch einmal alles Gefühl in „Halt mich“ aus ‚Zabou‘, Klaws überzeugte mit „Free like the wind“ aus ‚Held der Gladiatoren‘ und Nadja Scheiwiller  steuert ihren Teil mit „If I can’t have you“ aus ‚Saturday Night Fever‘ bei. Leider mangelte es ihr ein wenig an Energie, was jedoch von Alexander Klaws bei „Immortality“ von den Bee Gees wieder wett gemacht wurde.

Zwischendurch sorgten die drei Sänger für komische Momente, weil ganz offensichtlich nicht abgestimmt war, wer wann welchen Stuhl, Mikrofonständer usw. benötigt. Gerade dieses entspannte Geplänkel und die charmanten, improvisierten und von Nervosität getragenen Moderationen von Alexander Klaws sorgen für Nähe zwischen Künstlern und Publikum. Sicherlich könnte man den Moderationen einen professionellen Schliff geben, aber damit ginge viel Authentizität verloren. Denn diese natürliche Schüchternheit macht den Sänger Klaws sehr sympathisch.

Mit dem Song „Danke“ verabschiedete sich Alexander Klaws von einem sehr begeisterten Publikum und entließ es in den Hamburger Eisregen, nicht jedoch, ohne alle nach Tecklenburg einzuladen, wo er im Sommer 2013 als Ranger im „Schuh des Manitu“ sein, wie an diesem Abend gesehen, durchaus vorhandenes komisches Talent unter Beweis stellen wird.

Michaela Flint
erschienen in musicals – Das Musicalmagazin

Theater: Lichtburg, Hamburg
Besuchte Vorstellung: 14. Dezember 2012
Sänger: Alexander Klaws, Nadja Scheiwiller, Jan Ammann
Fotos: Stephan Drewianka