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Guys and Dolls

Frank Loessers Musical-Klassiker läuft seit Mai mit sehr prominenter Besetzung im Londoner Piccadilly Theatre. Eine Show deren Musik und Handlung hinlänglich bekannt sind, wieder aufzupeppen und für Zuschauer des 21. Jahrhunderts zugänglich zu machen – so lautete die Aufgabe von Regisseur Michael Grandage, dem Haus- und Hofregisseur des Donmar Warehouse. Mit Ewan McGregor und Jane Krakowski wurden zwei Schauspieler für Hauptrollen engagiert, die die breite Masse aus Kino und Fernsehen kennen dürfte.

Die Voraussetzungen konnten also besser kaum sein…

Doch die Enttäuschung folgt auf dem Fuße: In einer eintönig-grauen Inszenierung, die zudem sehr dialoglastig ist, lassen sich kaum Highlights ausmachen. Alles ist stimmig auf die 20er Jahre zwischen den beiden Weltkriegen angepasst, dass es schon fast zu perfekt scheint. Nur in den wenigen Barszenen ist in Ansätzen etwas von dem Glamour zu spüren, der in dieser Zeit die Szene in New York beherrscht. Die Kostüme aller Beteiligten fügen sich derart unauffällig in die Szenerie ein, dass man die Gangster in ihren typischen Anzügen mit Schlapphüten manchmal kaum vom mausgrauen Hintergrund unterscheiden kann.

Bei einer bewusst harmlosen Ausstattung, rücken dien Künstler fast automatisch in den Mittelpunkt des Interesses. Würden diese halten, was die Ankündigungen versprachen, könnte man über das belanglose Drumherum wohlwollend hinwegsehen. Doch leider erlebt der Zuschauer auch hier eine kalte Dusche: Ewan McGregor entführt einen als Sky Masterson nicht in die gesanglichen Welten, die seine Performance in „Moulin Rouge“ nahe legte, er bleibt deutlich hinter den Erwartungen zurück. Schade, denn gerade Klassiker wie „Luck be a Lady“ verpuffen so ohne jeglichen Erinnerungswert.

Jane Krakowski, die man in Deutschland in erster Linie als „männermordende“ Assistentin von Ally McBeal kennt, zeigt hingegen, wo sie ihre Wurzeln hat: In ansprechenden Tanznummern und auch gesanglich einwandfrei gibt sie eine hervorragende Miss Adelaide. Nur ihre Dauererkältung wirkt zum Schluss doch sehr lästig. Man wünscht sich, die Stimme von Jane Krakowski auch einmal ohne nasalen Unterton zu hören.

Nathan Detroit, der Mann, den Miss Adelaide partout ehelichen möchte, wird von Douglas Hodge gespielt. Seine zahlreichen Erfahrungen als Theater-Schauspieler kommen ihm in der Rolle sehr zugute und so gelingt ihm der zweifelnde Kleinkriminelle überzeugend.

Aus der Riege der vier Hauptfiguren ragt Soap-Darstellerin Jenna Russell meilenweit hervor. Als Sarah Brown gelingt es ihr schauspielerisch wie stimmlich die Wandlung von der schüchternen Missionarin zu selbstbewussten Gangsterbraut nachzuzeichnen.

Auch die wenigen, zugegebenermaßen nicht sonderlich originellen Tanzszenen, vermochten es nicht wirklich für Stimmung zu sorgen. Die Leistung des Ensembles soll hierdurch nicht geschmälert werden. Doch gegen eine solch erstaunlich schwache Inszenierung kann kein noch so gutes Künstlerteam anspielen, -singen und –tanzen.

Das Publikum der besuchten Vorstellung honorierte die Leistung der Darsteller durch braven Applaus. Standing Ovations – in Londoner Theatern an der Tagesordnung – suchte man vergebens.

Michaela Flint
veröffentlicht in blickpunkt musical

Theater: Piccadilly Theatre, London
Besuchte Vorstellung: 31. August 2005
Darsteller: Jane Krakowski, Ewan McGregor, Jenna Russell
Regie: Michael Grandage
Fotos: Lorenzo Agius