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Mozart! – Perücken & Kostüme

Der Zauber von „Mozart!“ findet hinter der Bühne statt –  zumindest, wenn man den Worten von Werner Merz, Leiter der Masken- und Perückenabteilung bei »Mozart! – Das Musical« in Hamburg, Glauben schenkt. Grund genug, einmal einen Blick hinter die Kulissen zu werfen und zu erleben, wie die phantastischen, vielseitigen Kostüme und Perücken entstehen, die die Zuschauer allabendlich in ihren Bann ziehen.

Alles begann mit den Entwürfen des Kostümdesigners Yan Tax. Er gibt anhand von Zeichnungen genau vor, wie die Perücken aussehen sollen; bei den Kostümen macht er mit den so genannten Figurinen zusätzlich noch genaue Vorgaben bezüglich der zu verwendenden Stoffe.

Im nächsten Schritt wurde bei allen »Mozart!«- Darstellern Maß genommen, um Schnittmuster für die Kostüme und Gipsköpfe für die Perücken herstellen zu können.

Gerade bei den Rokoko-Kostümen war schneiderisches Geschick gefragt: Kostüme historisch exakt zu schneidern, hätte bedeutet, sie unbequem zu machen; zum Beispiel hatten die Herrenhemden der Rokoko-Zeit extrem steife, spitze Kragen und die Stahl-Reifröcke unter den Kleidern schränkten die Bewegungsfreiheit stark ein. Daher musste man den Kompromiss eingehen, die Kostüme den historischen Originalen möglichst ähnlich zu machen, sie aber dennoch so bequem zu schneidern, dass die Darsteller darin problemlos auf der Bühne spielen können.

Generell hat jede Erstbesetzung ihre eigenen, maßgefertigten Kostüme – die Zweitbesetzungen bekommen nur dann eigene Kostüme, wenn ihnen wirklich keines der Erstbesetzung passt. Dies trifft auch auf das aufwändige Praterkostüm von Cäcilia Weber zu: Da alle vier Cäcilia-Darstellerinnen in ein Kostüm hineinpassen, musste dieses über und über mit Pailletten bestickte Kostüm, das fast 20 kg wiegt, nur einmal hergestellt werden.

Die Anfertigung eines Palaiskleides, wie es das weibliche Ensemble in der Szene „Im Mesmerschen Palais in Wien“ trägt, dauert ca. 100 Arbeitsstunden. Für jedes Kleid werden mehr als 10 m Oberstoff zzgl. Einlagen, Futter, Unterröcken und Unterbau mit Stahlreifen verarbeitet. Durch diesen hohen Verarbeitungsaufwand entstehen Kosten von bis zu 6.000 Euro pro Kostüm.

Fragt man Holger Klingenberg, den Gewandmeister und Leiter der Kostümabteilung der Neuen Flora Hamburg nach seinem Lieblingskostüm von »Mozart!« so nennt er zunächst eben diese bis zu 1,2 m breiten Palaiskleider der Damen. Aber sein absoluter Favorit ist das leuchtend rote Colloredo-Kostüm mit seinen prunkvollen goldenen Stickereien.

Der Aufwand in der Maskenabteilung ist ähnlich groß wie bei den Kostümen. Nachdem von jedem Darsteller ein Gipskopf angefertigt wurde, wird anhand der Designvorgaben von Yan Tax jede Perücke handgefertigt. Hierzu wird jedes Haar einzeln in die Perücken geknüpft.

Bei »Mozart!«- kommen zwei Arten von Echthaar zur Anwendung: Für die Rastaperücke von Wolfgang Mozart und die bis 75 cm hohen und 500-800g schweren Rokoko-Perücken wurde Büffelhaar verwendet, das viermal so dick und damit deutlich widerstandfähiger ist als europäisches Haar. Für die übrigen Perücken wurde asiatisches Menschenhaar eingesetzt, da es doppelt so dick, haltbarer und daher besser frisierbar ist.

Um das ursprünglich schwarze Haar färben zu können, werden zunächst die Haarschuppen abgezogen und das Haar gebleicht. Anhand von Farbmusterkarten wird dann die Farbe ausgewählt, die der Designer für die Perücke vorgegeben hat und das Haar entsprechend gefärbt. Um eine Perücke möglichst lebendig und real aussehen zu lassen, werden bis zu fünf verschiedene Farbtöne in einer Perücke verarbeitet.

Eine Perücke hält ca. 50 Vorstellungen, das heißt das alle 1-2 Monate für das komplette Ensemble neue Perücken hergestellt werden müssen. Der Arbeitsaufwand für eine Perücke liegt bei ca. 50 Stunden. Spitzenreiter mit bis zu 60 Stunden ist die Perücke von Cäcilia Weber in der Praterszene.

In jeder Vorstellung kommen 150 Perücken und 300 Kostüme zum Einsatz. Das macht ca. 300 Perücken- und Kostümwechsel, die teilweise in weniger als 20 Sekunden durchgeführt werden müssen. Da »Mozart!« ein echtes Ensemblestück ist, müssen  nach einigen Szenen bis zu 30 Wechsel gleichzeitig durchgeführt werden.

Die 31 Dresser, die den Darstellern während jeder Aufführung beim An- und Umkleiden behilflich sind führen Buch, was während der Show kaputt geht. Da bei »Mozart!«- sehr enthusiastisch gespielt wird und die empfindlichen, filigranen Materialien zudem starkunter dem Scheinwerferlicht und dem Schweiß leiden, sind Reparaturen an der Tagesordnung.

Nach der letzten Vorstellung von »Mozart!« in der Neuen Flora Hamburg am 30.06.2002, werden alle Kostüme nach Wien zurückgeschickt, da sie von den Vereinigten Bühnen Wien lediglich gemietet sind.

Michaela Flint
veröffentlicht in blickpunkt musical