home 2018 Eine gelungene Bühnenadaption des Jerry Zucker Films von 1990

Eine gelungene Bühnenadaption des Jerry Zucker Films von 1990

Man muss sicherlich nicht jeden Film auf die Musicalbühne bringen. „Ghost“ gehört ganz klar zu den Stoffen, die sich nicht unbedingt sofort für eine Musicalfassung aufdrängen. Doch mit Dave Stewart und Glen Ballard hat man ein sehr rocklastiges Komponistenduo mit lyrischem Einschlag engagiert, das sich der romantischen Dramakomödie rund um Molly und Sam annahm. Entsprechend sind einige Songs auch sehr schwungvoll und energiegeladen (insbesondere „Mehr“ gesungen von Carl und „Nur weg von hier“ von Oda Mae Brown). Der Rest jedoch plätschert mit geringem Erinnerungswert dahin. „Jetzt und hier“ ist ein hübsches Liebeslied, aber auch nicht mehr.

Bruce Joel Rubin hat neben dem Drehbuch für den Film auch das Buch für das Musical geliefert. Die einheitliche, harmonische Handschrift spürt man, denn als Theaterstück funktioniert „Ghost“ sehr gut. Als Musical jedoch zündet es jedoch nicht wirklich.

Das liegt aber weder an Matthias Davids Regie noch an Lee Prouds Choreografie. Beides ist gut und es gibt starke Momente.

Auch die Hauptdarsteller (Riccardo Greco als Sam, Roberta Valentini als Molly, John Vooijs als Carl und Marion Campbell als Oda Mae Brown) sind sehr gut gecastet. Greco, Valentini und Campbell haben ihre Rollen – teilweise in der Zweitbesetzung – bereits ins Linz und /oder Berlin gespielt.

Greco und Valentini geben als Sam und Molly ein sehr sympathisches Paar ab, das auch die fünfte Reprise der seltsam verfremdeten „Unchained Melody“ in jeweils wechselnder Gefühlswelt intoniert. Letztere kann wohl auch der Dirigent schon bei der Premiere nicht mehr hören, denn er albert während einer Reprise am Dirigentenpult ziemlich ausdrucksstark herum.

Mollys Trauer und Verzweiflung bringt Valentini vor allem schauspielerisch sehr glaubhaft über die Rampe („Du“). Die Zerrissenheit zwischen selbstbewusster Künstlerin und zwangsläufig nach vorn blickender, Carls vorgetäuschter Zuneigung nahezu verfallender, zerbrechlicher Frau, nimmt man ihr jederzeit ab.

Dass Sam unglaublich ehrgeizig und nervtötend sein kann, erlebt Oda Mae Brown. Greco überzeugt als zielstrebiger Geist, der unbedingt erlernen will, wie er Gegenstände bewegt und zeigt seine komische Seite, wenn er der Spiritistin mit „Drei Chinesen mit dem Kontrabass“ oder zahlreichen sarkastischen Seitenhieben (gute Übersetzungen der Dialoge on Ruth Deny) den letzten Nerv raubt.

Marion Campbell hat – ähnlich wie Whoopi Goldberg im Film – eine sehr dankbare Rolle. Allein schon aufgrund der Schrulligkeit des sehr erfinderischen Mediums zieht sie die Sympathie des Publikums auf sich. Hinzu kommt ihre gnadenlose Ehrlichkeit, die immer wieder für Lacher sorgt. Zudem verfügt Campbell über eine wundervolle warme Soulstimme, die sie sehr gekonnt einzusetzen weiß.

Carls Bösartigkeit wird schon sehr früh im Stück (bei „Mehr“) unbestreitbar klar. Choreographie, Szenenregie, Bühnenbild und Musik bilden in dieser Sequenz eine hervorragende Symbiose. Davon hätte man in der Folge nur zu gern sehr viel mehr gesehen.

Einzig beim Auftritt des U-Bahn Geists Marius Bingel („Fokus“) und bei Oda Mae Browns „Nur weg von hier“ kommt dieses Zusammenspiel erneut zur Geltung. Das ist insgesamt jedoch leider zu wenig.

Das Bühnenbild von Hans Kudlich ist modern, zweckmäßig und somit Tournee-geeignet, was bei der Stage Entertainment in den letzten Jahren zu einem sehr beliebten Bespielungsmodell geworden ist. Trotz der vermeintlichen Tristesse der grauen Säulen und Betontreppen gelingt es mit guten Projektionen und einem durchdachten Lichtdesign die verschiedenen Spielebenen und Szenerien glaubhaft nachzuzeichnen.

Nichtsdestoweniger verlässt man das Operettenhaus in Hamburg nach der Show und fragt sich, ob diese Produktion ein Highlight der Musicalwelt ist. Dies muss mit nein beantwortet werden, da die Show insgesamt eher blass bleibt.

Michaela Flint
erschienen in musicals – Das Musicalmagazin 

Theater: Operettenhaus, Hamburg
Premiere: 27. Oktober 2018
Darsteller: Riccardo Greco, Roberta Valentini, Marion Campbell, Marius Bingel, John Vooijs
Regie / Musik: Matthias Davids / Dave Stewart & Glen Ballard 
Fotos: Stage Entertainment/Morris Mac Matzen