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Flying Illusion

Die Ankündigung der Nachfolgproduktion von „Flying Bach“ ist vollmundig: „Atemberaubender Breakdance trifft auf beeindruckende Illusionen, scheinbar unmögliche Moves auf fantastische Inszenierungen. Dabei werden die Grenzen tänzerischen Könnens auf magische Weise aufgehoben.“ (Quelle: Pressemeldung)

Was jedoch in dieser 80-minütigen Show am meisten beeindruckt, sind das exzellente Grafikdesign und die 3D-Projektionen, die Jeremias Böttcher gemeinsam mit dem Berliner Künstlerkollektiv „Pfadfinderei“ zu einem modernen, technisch ausgefeilten Bühnenbild zusammengefügt hat.

Die Story ist schnell erzählt: Gut gegen Böse. Die „Flying Heroes“ versuchen zu verhindern, dass die „Dark Illusions“ 10.000 Jahre nach ihrer letzten Niederlage die Welt erobern und die Sonne zum Erlöschen bringen. Das Aufeinandertreffen der beiden Gruppen wird von sehr lauten HipHop-Tracks begleitet, bei denen sich nicht wenige im Publikum einen Lärmschutz wünschen.

Die Nebelkanonen, die aus dem Publikum ihre Munition auf die Bühne feuern, sind effektvoll, doch schnell wird klar, wer bei „Flying Illusion“ im Mittelpunkt steht: die bühnenfüllende Leinwand! Dort wechseln sich in schneller Abfolge sehr plastische Grafikelemente und Lichtblitze ab, welche die Dramatik der Szene unterstreichen. Als die „Flying Heroes“ versuchen, in Besitz eines Zauberstabs zu gelangen, der in Sachen Zugänglichkeit und Wehrhaftigkeit sicherlich nicht nur zufällig an das sagenumwobene Schwert Excalibur erinnert, bilden Licht- und Videoeffekte eine beeindruckende Einheit.

Wenn in der Folge zwischen Schattentänzern, projizierten Tänzern und echten Tänzern auf der Bühne gemeinsam Szenen bestritten werden, würde man erwarten, dass die Bewegungen der auf drei Ebenen tanzenden Breakdancer synchron wären. Doch hier stimmt das Timing mehrfach überhaupt nicht. Erschwerend kommt hinzu, dass teilweise die Schatten- und Projektionstänzer identisch sein sollen mit dem echten Tänzer, dieser sich aber seit der Aufnahme optisch verändert hat, so dass hier der Wiedererkennungseffekt verloren geht.

Spätestens nach 40 Minuten ist klar, hier geht es nicht um die Breakdancer, denn diese können mit den Projektionen und schnellen Szenenwechsel nicht mithalten. Es gibt ganze zwei Szenen, in denen das Können der Tänzer zu Jubel im Publikum führt. Und diese werden von denselben drei Tänzern ausgeführt. Ansonsten gibt viel zu viele zusammenhanglose Kurzsequenzen, die weder tänzerisch noch von den Kampfsportelementen her überzeugen können.

Auch die Story entfaltet sich nicht ganz schlüssig: Warum zwei „Flying Heroes“ zu „Dark Illusions“ werden und eine Tänzerin der „Dark Illusions“ zu den „Flying Heroes“ überläuft, erschließt sich nicht. Dass diese Überläuferin dann auch noch einen „Hero“ wieder von den Toten auferstehen lässt, lässt das Ganze nur noch absurder wirken. Auch die wenigen Zaubertricks (das spontane Auftauchen bzw. Verschwinden einzelner Tänzer bzw. von Tänzergruppen) können in der dargebotenen Form nicht überzeugen.

Man hat versucht, die beiden Gruppen nicht nur optisch (schwarz-silber vs. blau-grün) voneinander abzugrenzen, sondern auch musikalisch. Doch da die Bässe nur so hämmern und der Elektrobeat schmerzhaft übersteuert ist, kann man die beiden „Themes“ der verfeindeten Gruppen nicht wirklich ausmachen.

Die „Battles“ der beiden Gruppen können das Niveau, welches man von den vierfachen Weltmeistern „Flying Steps“ gewohnt ist, nicht halten. Unsaubere Schrittkombinationen und viele asynchrone Elemente sorgen für eine unschöne Überraschung im Publikum. Die 2 Tänzerinnen und 10 Tänzer mögen jeder für sich Ausnahmekünstler und exzellente Breakdancer sein, als Ensemble können sie ihr angekündigtes Ausnahmetalent leider nicht unter Beweis stellen.

„Flying Illusion“ ist einzig in Bezug auf Video-Projektionen und 3D-Elemente magisch. Der Rest besteht aus dem Handwerkszeug eines jeden Breakdancers, das jedoch in der dargebotenen Version leider kein gutes Aushängeschild für den hohen Unterhaltsfaktor dieses Leistungssports ist.

Michaela Flint

Theater: Jahrhunderthalle, Frankfurt
Premiere: 21. April 2017
Tänzer: Flying Steps und andere Urban Dance Profis
Idee: Vartan Bassil
Foto: Ruud Baan