home Interviews mit Darstellern Carsten Lepper: Was sind die Unterschiede zwischen Essen und Stuttgart?

Carsten Lepper: Was sind die Unterschiede zwischen Essen und Stuttgart?

Michaela Flint: Wie geht es Ihnen eine Woche nach der Wiederaufnahme von „Elisabeth“?

Carsten Lepper: Sehr gut. Direkt nach der Premiere bin ich für zwei Tage in einen Wellness-Kurzurlaub gefahren und habe mich von den anstrengenden letzten Wochen sehr gut erholen können. Dadurch konnte ich am Mittwoch und Donnerstag nach der Premiere mit viel neuer Energie starten. In Stuttgart zu spielen, macht viel Spaß. Das Publikum ist total begeistert und wir haben ein tolles Ensemble hier auf der Bühne.

Michaela Flint: Warum haben Sie die Rolle des Lucheni erneut übernommen?

Carsten Lepper: Ehrlich gesagt habe ich auf meinen Bauch gehört: Als feststand, dass „Elisabeth“ nach Stuttgart kommen würde, wohnte ich noch in Stuttgart und habe am Stadttheater Pforzheim in „Hair“ mitgespielt. Da lag es nahe, sich zu bewerben. Natürlich musste ich auch daran denken, wie es sich auf meine künstlerische Laufbahn auswirken würde, diese Rolle, die ich ja schon in Essen ein Jahr lang  gespielt hatte, erneut zu übernehmen. Aber es reizte mich sehr, den Lucheni noch einmal zu spielen und zu verändern. Für mich war die Rolle in Essen noch „nicht fertig“.

Michaela Flint: Was ist das Reizvolle an der Rolle des Sissi-Mörders?

Carsten Lepper: Ganz klar der direkte Publikumskontakt. Ich kann mir die Zuschauer raussuchen, die ich dann direkt anspiele. Früher war ich eher scheu. Nach der ersten Preview vor Stuttgarter Publikum haben viele mir gesagt, ich solle die Gäste noch deutlicher ansprechen. Das habe ich mir zu Herzen genommen und seitdem ich das mache, bekomme ich direkt Reaktionen, auf die ich eingehen kann.

Michaela Flint: Ist die Show für Ihr Empfinden anders oder frischer als in Essen?

Carsten Lepper: Nein, nicht wirklich. Das Staging ist zwar verändert worden, aber ob das besser oder schlechter ist, soll jeder selbst entscheiden. Dadurch, dass Dennis Callahan neben der Choreographie auch die Regie übernommen hat, wurden viele Szenen mehr choreographiert. Beispielsweise die Szene in Bad Ischl, wo ich die drei Frauen (Herzogin Ludovika, Prinzessin Helene, Erzherzogin Sophie, Anm. d. Red.) hinter die Tür sperre. Außerdem sind die Choreographien viel exakter als in Essen. Dadurch ist viel mehr Bewegung drin. Ganz toll sind hier die Kollegen. Ich bin ein wirklicher Fan von diesem Ensemble. Es ist ein sehr homogenes Ensemble und ich mag jeden auf seine Art.

Michaela Flint: Wie beurteilen Sie die Zusammenarbeit mit Dennis Callahan als Regisseur und Choreograph?

Carsten Lepper: Als wir hier angefangen haben zu proben, hatte ich ja noch den Essener Lucheni in der Schublade. Den hätte ich einfach nur herausholen können. Aber das wollten weder Dennis noch ich. Trotzdem war es sehr schwer für mich, diese alten Gewohnheiten abzulegen und ich musste hart daran arbeiten.

Ich hatte zunächst die Befürchtung, dass alles zu sehr duchgestaged würde, aber dem ist nicht so.
Was ich Dennis zugute halten muss und wofür ich ihm im Nachhinein ein Kompliment machen möchte, ist, dass während der gesamten Probenphase kein einziges Mal gebrüllt wurde. Das ist sonst häufig anders. Doch obwohl wir oft Ärger mit der Technik, vor allem mit Licht und Sound, hatten, blieb er die ganze Zeit über ruhig. Vielleicht ist es seine amerikanische Art, aber er hat einen sehr respektvollen und kooperativen Umgang mit uns allen gepflegt. Es war eine sehr fruchtbare Zusammenarbeit.

Michaela Flint: Wann genau haben Sie mit den Proben zu Elisabeth angefangen? War es leichter, weil Sie die Rolle und die Texte schon kannten?

Carsten Lepper: Wir haben direkt nach Neujahr mit den Proben angefangen. Da Dennis den Lucheni tiefer und kerniger haben wollte, musste ich zurückgehen vor die Zeit in Essen und die Rolle komplett neu lernen. In Essen war der Lucheni zu sehr der Hampelmann. Um mehr Körperlich zu entwickeln bin ich die ersten Wochen immer mit Gewichtmanschetten an den Füßen herumgelaufen. Dadurch habe ich nicht nur körperlich einen sehr guten Stand entwickelt.
Der Text war innerhalb von 14 Tagen wieder da, so dass ich mich ausführlich auf den Charakter konzentrieren konnte.
Einiges aus Essen konnte ich tatsächlich „wieder verwenden“, weil es sehr gut zu Dennis’ Vorstellung vom neuen Lucheni passte.

Michaela Flint: Wie sahen die letzten vier Wochen vor der Premiere aus? Gab es so etwas wie einen Probenalltag?

Carsten Lepper: Im Allgemeinen haben wir entweder von 10-19 Uhr oder von 13-22 Uhr geprobt. Aber man probt ja nicht nur im Theater. Als darstellender Künstler ist man sein eigenes Instrument und damit arbeitet man natürlich auch Zuhause noch weiter. 70-80-Stunden-Wochen sind während der Proben keine Seltenheit.
Man muss aufpassen, dass es nicht zuviel wird und sich selbst immer mal wieder zurücknehmen, damit man nicht die ganze Energie verbrennt.

Michaela Flint: Können Sie skizzieren, wie die letzten 7 Tage vor der Premiere aussahen? Gab es noch viele Änderungen?

Carsten Lepper: In den letzten beiden Wochen vor der Premiere findet jeden Tag ein Durchlauf statt.
Während der Previews gibt meistens kleinere musikalische Änderungen und Korrekturen der Applausfolge.
Ich persönlich finde, dass zehn Previews zuviel sind. Wenn man schon vor der offiziellen Premiere so oft auf der Bühne steht, läuft man Gefahr am Premierentag müde und ausgepowert zu sein.

Michaela Flint: Stimmt es, dass zwei Tage vor der Premiere noch inszenatorische Änderungen vorgenommen wurden? Was bedeutet das für Sie?

Carsten Lepper: Ja. Der Produzent Joop van den Ende hat sich am Samstagmittag einen Durchlauf angesehen und danach wurden einige Szenen auf die Essener Version zurück geändert. Einige empfinden das sicherlich als Verschlechterung, aber Geschmäcker sind verschieden. Natürlich sind alle ein bisschen enttäuscht, wenn lange geprobte Szenen kurzfristig noch geändert werden, aber die Wünsche der Produzenten werden anstandslos erfüllt. Zum Glück waren die Änderungen vornehmlich technischer Art – also Licht oder Sound, so dass es für uns als Darsteller keine großen Veränderungen in Schrittfolgen gab und damit die Gefahr merklicher Irrtümer während der Premiere ausgeschlossen werden konnte.
Die Medienpremiere am Vorabend der offiziellen Galapremiere war somit die „Ur-Show“.

Michaela Flint: Wie sieht ein Premierentag für die Darsteller aus?

Carsten Lepper: Für mich war die Premiere ein sehr entspannter Tag. Ich habe ausgeschlafen, bin dann ins Theater gefahren und habe das Treiben ruhig an mir vorbeiziehen lassen. Ich habe auch kein extremes Premieren-Lampenfieber oder spezielle Rituale wie einige meiner Kollegen. Ich finde mit diesem Theater-Aberglauben blockiert man sich selbst und baut einen Druck auf, der nicht notwendig ist. Für so etwas kann und will ich keine Energie aufwenden.
Aber im Großen und Ganzen war es ein entspannter Tag im Theater, der nur dadurch besonders wurde, dass viele Blumen und Glückwunschkarten abgegeben wurden. Zudem war uns das Publikum wohl gesonnen. Also konnte gar nichts mehr schief gehen.

Michaela Flint: Was ändert sich im täglichen Probenplan direkt nach einer Premiere?

Carsten Lepper: Zurzeit haben die Erstbesetzungen keine Proben, da die Cover von Elisabeth, dem Tod, Lucheni usw. einstudiert werden. Mittwochs nachmittags gibt es immer eine allgemeine Note-Session, in der die künstlerische Leitung mit uns die Fehler der vergangenen Shows bespricht.
Putzproben gibt es eigentlich nur für das Ensemble und da ich kaum Choreographien habe, muss ich dort nicht dabei sein. Für mich stehen erst wieder Proben auf dem Plan, wenn neuen Kollegen dazu kommen. Bis dahin spiele ich 7 Shows in der Woche und hoffe, ab April von zeit zu Zeit mal einen Tag freinehmen zu können, wenn die beiden Lucheni-Zweitbesetzungen den Part beherrschen.

Michaela Flint: Sie sind auch weiterhin bei „Hair“ in Pforzheim als Claude zu sehen. Wie wichtig sind Ihnen solche Abstecher zum Stadttheater?

Carsten Lepper: Zuallererst einmal muss sich der Lucheni jetzt erstmal einspielen. Und da ich „Hair“ erst wieder im Mai spiele, habe ich dafür ausreichend Zeit.
Parallel muss ich mich aber schon darauf konzentrieren, dass ich vom Claude nichts vergesse. Es macht mir Spaß in Pforzheim zu spielen und ich möchte damit sehr gern weitermachen.
Generell gilt aber für mich: Ich gehöre fest zum Ensemble von „Elisabeth“ und zuviel Stress ist nicht gesund. Damit würde ich mich kaputt machen.

Michaela Flint: Wir danken Ihnen für dieses nette Gespräch und wünschen Ihnen viel Spaß bei Ihren weiteren Shows als Lucheni in Stuttgart.

Mehr Informationen unter www.carstenlepper.com

Michaela Flint
veröffentlicht in blickpunkt musical