home Interviews mit Darstellern Kevin Tarte: back to the roots – persönlich und musikalisch

Kevin Tarte: back to the roots – persönlich und musikalisch

Nach dem Ende von „42nd Street“ war es vorübergehend sehr ruhig geworden um den beliebten Amerikaner. Seit Mitte August steht er wieder in seiner Paraderolle Graf von Krolock auf der Bühne – diesmal in Hamburg. blickpunkt musical begleitete Kevin Tarte zu seiner Gala im Hessenpark und traf ihn kurz nach seiner Hamburger „Tanz der Vampire“-Premiere in der Neuen Flora.

Im Hessenpark stand Kevin Tarte zum zweiten Mal bei der von der Pinocchio Gruppe initiierten Musical-Gala auf der Bühne. Bekannte Musical-Darsteller – in diesem Jahr Kevin Tarte und Jesper Tydén – erarbeiteten zusammen mit Kindern verschiedene Songs aus Musicals und brachten diese dann in einer Galavorstellung gemeinsam auf die Bühne im Hessenpark. „Die Arbeit mit den Kindern hier ist etwas Besonderes. Es ist einfach eine tolle Sache, mit den Kids zusammen zu arbeiten.“ erläutert Kevin Tarte seine Motivation.

In den letzten Monaten ist der beliebte Graf von Krolock-Darsteller bei zahlreichen Galas und Konzerten aufgetreten. „Dieses Jahr ist seit zehn Jahren das erste Jahr, in dem ich zunächst kein Engagement in einer Ensuite-Produktion hatte. Die ersten drei Monate habe ich mir erstmal frei genommen und war unter anderem 2 Monate bei meiner Familie in Seattle. Außerdem habe ich es genossen, mit meiner Lehrerin an meiner Stimme zu arbeiten. Man muss seine Stimme pflegen wie ein Sportler. Es tut richtig gut, nicht jeden Abend singen zu müssen.“

Erst vor kurzem hat die Stage Entertainment bekannt gegeben, dass sich gleich vier Darsteller die Rolle des Phantoms in Essen teilen werden. Kevin Tarte ist nicht dabei, obwohl viele damit gerechnet haben: „Ich wollte sehr gern das Phantom spielen, „ erzählt Kevin Tarte, „aber ich habe eine klare Absage bekommen.“

So nutzt der Wahl-Stuttgarter seine Freizeit, indem er aufs Land fährt und sich alte Schlösser und Klöster anschaut, von denen es in Süddeutschland reichlich gibt: „Im Frühling war ich Bergsteigen in Garmisch. Bis auf 1700 m sind wir geklettert. Das war schon toll! Ansonsten lerne ich die Partituren und Orchestrierungen für die Konzerte.“ Langweilig wird es Kevin Tarte also ganz offensichtlich nicht.

Fragt man den gebürtigen Amerikaner nach Traumrollen bekommt man eine schwärmerische Antwort: „Vor allem die klassischen Musicals von Rodgers & Hammerstein oder Rodgers & Hart bieten eine Menge Rollen, die ich gern spielen würde. Leider werden diese Stücke heutzutage nicht mehr so oft gespielt. Ich fand es sehr schön bei „42nd Street“ in einem klassischen Musical mitzuspielen.“

Beim privaten Musikgeschmack lässt sich Kevin Tarte überhaupt nicht festlegen: „Ich höre abwechselnd Klassik und Pop, wobei ich zugeben muss, dass ich Pop erst in den letzten Jahren wirklich gern höre. Ich finde es spannend zuzusehen bzw. zuzuhören, wenn Sänger eine gute Technik haben. Und die ist beim Pop nicht allzu weit entfernt von guter klassischer Technik.“

Eines von Kevin Tartes aktuellen Projekten ist die Arbeit an einer Solo-CD. „Das ist gar nicht so einfach wegen des Repertoires. Wie gesagt, interessiere ich mich für Klassik genauso wie für Pop. Und natürlich finde ich die klassischen Musicalstücke besonders reizvoll. Man muss einfach abwarten, was daraus wird. Auf jeden Fall plane ich eine CD, aber wann sie erscheint, dass weiß ich noch nicht.“ Aufgrund des kurzfristigen Engagements in der Neuen Flora muss dieses Projekt jedoch jetzt leider ein bisschen weiter nach hinten geschoben werden. Denn bis zum 15. Januar schlüpft Kevin Tarte wieder fünf Mal pro Woche in seine erklärte Lieblingsrolle: „Tanz der Vampire“ hat schon in Stuttgart unheimlich Spaß gemacht. So eine gewaltige Nummer wie ‚Unstillbare Gier’ ist schon einmalig in der Musicallandschaft.“

Gerade „Tanz der Vampire“ hat eine große und sehr aktive Fangemeinde. Wer einmal an einem Wochenende tagsüber an der Backstage-Door des Apollo Theaters oder jetzt der Neuen Flora vorbeischaut, der sieht mindestens ein Dutzend kostümierte und geschminkte Fans, die darauf warten, „ihre“ Vampire zu sehen, Autogramme zu bekommen und Fotos machen zu können. „Die Fans sind sehr wichtig. Ich bekomme häufig Rückmeldungen, dass Fans über das gemeinsame Interesse an mir oder meinen Kollegen richtige Freundschaften knüpfen. Das ist eine sehr persönliche Entwicklung, die ich gut finde. Bei „Tanz der Vampire“ war es schon sehr extrem. Aber durch die Pause ist jetzt auch für mich etwas Ruhe eingekehrt. Schön ist jedoch, dass viele meiner Fans mir treu geblieben sind.“

Genau diese Fans standen am 12. August Schlange, um Kevin Tartes Hamburg-Premiere als Graf von Krolock live miterleben zu können. Nach knapp drei Stunden ließ sich der Wahl-Stuttgarter von den 2000 Zuschauern frenetisch feiern: „Es ist sensationell! Diese Rolle, die schöne Musik und so viele Möglichkeiten zum Schauspielen – einfach großartig!“ erzählt Kevin Tarte einige Tage später noch immer sichtlich berührt. „Vor der Premiere war ich ein bisschen nervös. Das lag aber vor allem daran, dass ich erst am Dienstag aus Seattle zurückgekommen bin und einen riesigen Jetlag hatte. Am Mittwoch habe ich dann den ganzen Tag mit Cornelius Baltus (Künstlerischer Leiter, Anm. d. Red.) geprobt und Donnerstag meine Generalprobe mit Ensemble und Orchester gehabt.“

Einen Tag später machte sich Kevin Tarte zusammen mit Jessica Kessler auf, um im ZDF Fernsehgarten aufzutreten und ganz nebenbei richtet er noch seine neue Wohnung in Hamburg ein. „Hamburg ist eine wundervolle Stadt. Viele Touristen, viel Kultur, eine ganz andere Dynamik als in Süddeutschland.“ schwärmt Kevin Tarte. Als er 1989/1990 für „Cats“ nach Hamburg kam – und direkt sieben Jahre blieb – hat er die norddeutsche Metropole lieben gelernt: „Hamburg erinnert mich sehr stark an meine Heimstadt Seattle. Der Hafen, die vielen Parks. Ich habe hier sogar noch einen kleinen Garten.“

Die Entscheidung, seine Traumrolle erneut zu übernehmen, kam auch für Kevin Tarte recht plötzlich: “Ich war gerade in Wien für einen „Rebecca“-Workshop als ich das Angebot für Graf von Krolock bekam. Parallel habe ich mich für die Auditions für „Die Schöne und das Biest“ vorbereitet.“ Das Biest? Noch eine Rolle, die Kevin Tarte bereits in Wien verkörpert hat… „Nein, ich bin jetzt bis Mitte Januar hier in Hamburg und freue mich darauf. Über das Biest mache ich mir überhaupt keine Gedanken.“ beendet Kevin Tarte mögliche Spekulationen im Vorfeld.

Der Amerikaner legt wert auf eine gute Tagesplanung: „ Jeder Tag ist bei mir genau aufgeteilt. Wenn man so oft auf der Bühne steht wie ich, ist Disziplin eine der wichtigsten Eigenschaften. Deshalb schaffe ich mir Freiräume und Ruhepausen, aus denen ich immer wieder Kraft schöpfen kann für die nächste Show.“

Auch wenn Kevin Tarte die Rolle des Vampirgrafen sicht- und hörbar aus dem Effeff beherrscht („Der Krolock ist einfach drin!“), waren einige Proben nötig, um sich an die neuen Gegebenheiten zu gewöhnen. „Ich bin solange in der Branche, dass ich mich auf jeder Bühne – egal in welcher Stadt – sofort zu Hause fühle. Aber das Haus und die Gänge sind ganz anders. Musikalisch ist auch einiges unterschiedlich im Vergleich zu Stuttgart und natürlich gibt es viele neue Darsteller. Es macht mir viel Spaß hier. Ich schwelge nicht in Erinnerungen an früher, sondern sehe die Show hier als neu und frisch und freu mich sehr auf die nächsten Monate.“

Auch das Hamburger Publikum geht allen Unkenrufen zum Trotz bei „Tanz der Vampire“ richtig aus sich heraus und feiert die Künstler auf der Bühne: „Das norddeutsche Publikum scheint immer etwas zurückhaltend und hört sehr genau zu. Die Zuschauer sind einfach anders drauf im Norden. Aber unsere Fans stecken alle an – ob sie das nun möchten oder nicht.“

Mehr Informationen unter www.kevintarte.de

Matthias Brückner & Michaela Flint
veröffentlicht in blickpunkt musical