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Deutscher Musical Theater Preis 2021

Kaum eine Branche war und ist durch die Pandemie und die damit einhergehenden Kontaktbeschränkungen so sehr gebeutelt wie die Kulturbranche. Theater standen leer oder dürfen nicht einmal halb gefüllt werden, unzählige Darstellerinnen und Darsteller standen vor dem Nichts – beruflich und finanziell.

Kein Wunder also, dass die diesjährige Verleihung des Deutschen Musical Theaterpreises dazu genutzt wurde, hier an der ein oder anderen Stelle mit mehr oder weniger subtilen Kommentaren Stellung zu beziehen.

Zunächst einmal wurde jedoch dem kürzlich verstorbenen Craig Simmons gedacht, ohne den es diesen Award gar nicht geben würde. Von seiner Showwolke aus verfolgte er einen etwas gehetzten Gala-Abend, den anstelle von Simmons nun Christoph Drewitz auf die Bühne des Schmidts Tivoli gebracht hat.

Thomas Hermanns, der Moderator des Abends schwadronierte erst einmal ausführlich, was alles passieren würde, wenn sich die Gewinner nicht an die vorgegeben Redezeit hielten: Exit-Music, penetrantes Antanzen und exzessives Mouthing waren doch sehr bedrohlich wirkende Strafen für zu langes Reden…

Claudio Pohle (Bestes Kostüm & Maske für „Goethe!“) war der erste, der diese drakonischen Maßnahmen zu spüren bekam. Aber seine Dankesrede war auch einfach zu herzerwärmend, da konnte man den herumtanzenden Thomas Hermanns gut ausblenden.

Die eingespielten Video-Ausschnitte aus den Shows, die als „Bestes Musical“ nominiert waren, sind immer eine schöne Sache für all diejenigen, die die Stücke nicht kennen. Doch in diesem Fall waren sie häufig sehr schlecht geschnitten, hörten mitten im Satz auf, oder waren einfach zu kurz. Hier wünscht man sich für nächstes Jahr gern etwas mehr Feingefühl. Anders sah es beim Video „Systemrelevant“ von Lukas Nimschek und Franziska Kuropka sowie befreundeten Darstellern aus: Dieser sehr gut gemachte musikalische Hilfeschrei ging während der Pandemie viral und bewies einmal mehr die Kreativität, die in den letzten eineinhalb Jahren weggesperrt wurde.

In diesem Kontext wurde auch der Sonderpreis der Jury an Frank Blase, Dominik Donauer und Roun Zieverink verliehen, die sich mit Beginn der Corona-Krise für Künstler eingesetzt haben und Kultur sichtbar gehalten haben.

Über den Preis für das „Beste Revival“ freuten sich Thomas Zaufke und Peter Lund ganz besonders, denn „Babytalk“ in Bielefeld komplettiert ihre durchaus beachtliche Sammlung an Awards.

„Die Welle“ vom Landestheater Linz räumte an diesem Abend die meisten Preise ab, so auch die Auszeichnung als „Bestes Musical“. Or Mathias, der hieran als Autor, Komponist und Regisseur einen maßgeblichen Anteil hatte, konnte selbst nicht vor Ort sein, aber seine Vertreter, u. a. Christoph Drewitz als Regisseur, machten deutlich wie sehr Mathias‘ unbeirrbarer Glaube an dieses Stück alle in Linz motiviert hat. Auch „Goethe!“, uraufgeführt bei den Bad Hersfelder Festspielen im Sommer, wurde mit zahlreichen Preisen, u. a. „Beste Choreografie“ und „Beste Liedtexte“ bedacht.

Für tiefgründige Momente sorgte der Song „So wirst Du Frau“ aus „Wüstenblume“ kurz vor Schluss. Auch Gayle Tufts Laudatio für das „Beste Musical“ regte zum Nachdenken an.

Die diesjährige Verleihung des Deutschen Musical Theater Preises zeigt nachdrücklich, dass sich die Musicalschaffenden nicht unterkriegen lassen: nicht von einer Pandemie, nicht von der Politik und nicht von Existenzängsten. Was in dieser Zeit trotz aller Widrigkeiten erschaffen wurde, ist beeindruckend und stehende Ovationen sind das Mindeste, die alle Künstler hierfür erhalten sollten.

Michaela Flint
erschienen in musicals – Das Musicalmagaz

Theater: Schmidts Tivoli, Hamburg
Verleihung: 4. Oktober 2021
Regie: Christoph Drewitz
Fotos: Morris Mac Matzen

Alle Nominierten und Gewinner 2021

Bestes Musical

„Eine Stimme für Deutschland“ (Neuköllner Oper, Berlin)
„The Wave (Die Welle)“ (Landestheater Linz) (Gewinner)

„Wüstenblume“ (Theater St. Gallen)

Bestes Revival
Baby Talk (Theater Bielefeld) (Gewinner)
für »Der Name der Rose« (Luisenburg Festspiele, Wunsiedel)
für »Wenn Rosenblätter fallen« (KATiELLi Theater, Datteln)

Beste Komposition
Jürgen Tauber & Oliver Ostermann für » Die Schattenkaiserin« (Tiroler Landestheater Innsbruck)
Or Matias für »The Wave (Die Welle)« (Landestheater Linz) (Gewinner)
Uwe Fahrenkrog-Petersen für »Wüstenblume« (Theater St. Gallen)

Bestes Buch
Kathi Damerow für » Der Teufel mit den drei goldenen Haaren« (Westand Musical, Braunschweig)
Peter Lund für »Eine Stimme für Deutschland« (Neuköllner Oper, Berlin)
Or Matias für »The Wave (Die Welle)« (Landestheater Linz) (Gewinner)

Beste Liedtexte
Franziska Kuropka für »Der Teufel mit den drei goldenen Haaren« (Westand Musical, Braunschweig)
Peter Lund für »Eine Stimme für Deutschland« (Neuköllner Oper, Berlin)
Frank Ramond für »Goethe!« (Bad Hersfelder Festspiele) (Gewinner)

Bestes Musikalisches Arranagement
Thilo Wolf & Christoph Müller für »Swing Street« (Stadttheater Fürth)
Or Matias für »The Wave (Die Welle)« (Landestheater Linz)
Koen Schoots für »Wüstenblume« (Theater St. Gallen) (Gewinner)

Beste Regie
Gil Mehmert für »Goethe!« (Bad Hersfelder Festspiele)
Christoph Drewitz für »The Wave (Die Welle)« (Landestheater Linz) (Gewinner)
Gil Mehmert für »Wüstenblume« (Theater St. Gallen)

Beste Choreografie
Kim Duddy für »Goethe!« (Bad Hersfelder Festspiele) (Gewinner)
Hannah Moana Paul für »The Wave (Die Welle)« (Landestheater Linz)
Jonathan Huor für »Wüstenblume« (Theater St. Gallen)

Bestes Bühnenbild
Michael D. Zimmermann für »Die Schattenkaiserin« (Tiroler Landestheater Innsbruck) (Gewinner)
Veronika Tupy für »The Wave (Die Welle)« (Landestheater Linz)
Frauke Bischinger & Bernd E. Gengelbach für »Till Ulenspiegel – Eine Liebe für Flandern« (Uckermärkische Bühnen Schwedt)

Bestes Kostüm- & Maskenbild
Kathrin Baumberger & Marc Hollenstein für »Der Löwe, der nicht schreiben konnte« (Bernhard Theater, Zürich)
Michael D. Zimmermann & Rudolf Sieb für »Die Schattenkaiserin« (Tiroler Landestheater Innsbruck)
Claudio Pohle, Ute Mai & Stephanie Hanf für »Goethe!« (Bad Hersfelder Festspiele) (Gewinner)

Beste Darstellerin in einer Hauptrolle
Karolin Konert für »Swing Street« (Stadttheater Fürth) (Gewinner)
Hanna Kastner für »The Wave (Die Welle)« (Landestheater Linz)
Naomi Simmonds für »Wüstenblume« (Theater St. Gallen)

Bester Darsteller in einer Hauptrolle
Philipp Büttner für »Goethe!« (Bad Hersfelder Festspiele)
Christof Messner für »Goethe!« (Bad Hersfelder Festspiele)
Lukas Sandmann für »The Wave (Die Welle)« (Landestheater Linz) (Gewinner)

Beste Darstellerin in einer Nebenrolle
Mascha Volmershausen für »Eine Stimme für Deutschland« (Neuköllner Oper, Berlin)
Vera Bolten für »Himmel und Kölle« (apiro entertainment, Köln) (Gewinner)
Celina dos Santos für »The Wave (Die Welle)« (Landestheater Linz)

Bester Darsteller in einer Nebenrolle
Mischa Mang für »Goethe!« (Bad Hersfelder Festspiele)
Mark Weigel für »Himmel und Kölle« (apiro entertainment, Köln) (Gewinner)
Malcolm Henry für »The Wave (Die Welle)« (Landestheater Linz)

Sonderpreis der Deutschen Musical Akademie als „Auszeichnung besonderer Leistungen in der Corona- Pandemie“
Frank Blase (Unternehmer und Produzent von „Himmel und Kölle“) (Gewinner)
Dominik Donauer (Künstleragentur artinia consulting) (Gewinner)
Roun Zieverink (Pianist, Komponist, Arrangeur) (Gewinner)

Sonderpreis der Jury für die beste Ensemble-Leistung
„Himmel und Kölle“ (apiro entertainment, Köln) (Gewinner)

Ehrenpreis
Verliehen an Anna Vaughan