home 2013 25 Jahre – Musik, Klamauk und (schlüpfrige) Anekdoten

25 Jahre – Musik, Klamauk und (schlüpfrige) Anekdoten

Als sich am 8.8.88 zum ersten Mal der Vorhang im Schmidt Theater hob, konnte niemand ahnen, dass sich das alte Kino zu einem der beliebtesten und erfolgreichsten Hamburger Privattheater entwickeln würde. Das Jahr 2013 steht folgerichtig ganz im Zeichen der 25-jährigen Erfolgsgeschichte.

Den Auftakt zum zweimonatigen Jubiläumsprogramm bildet „Die Schmidtparade“ – ein kunterbuntes Potpourri aus den erfolgreichen Musikshows „Sixty Sixty“ und „Karamba!“ ergänzt um eine Premiere der größten deutschen Hits aus den 1980er Jahren.

Corny Littmann lässt es sich als Gastgeber (und Regisseur) nicht nehmen und führt nicht nur als Moderator durch den Abend, sondern ist auch in zahlreichen Szenen mit von der Partie. Sein trockener Humor und die Erinnerungen an einprägsame, sehr spezielle Begebenheiten des zurückliegenden Vierteljahrhunderts sorgen für eine aufgelockerte Stimmung im Publikum.

Seine singenden und tanzenden Kollegen nehmen diese Vorlage gern auf und begleiten die Premierengäste auf ihrer Reise durch drei musikalisch einmalige Jahrzehnte.

In den 60ern als Cocktailkleider, glückliche Familien und erste Luxusgüter wie Fernseher und Autos das Bild in Deutschland prägten, ging es musikalisch erfrischend harmlos und unterhaltsam zu. Aber das Schmidt‘s wäre nicht das Schmidt‘s , wenn es nicht bei Winnetou und Old Shatterhand einen homoerotischen Kontext liefern würde oder bei „17 Jahr, blondes Haar“ oder „Wunder gibt es immer wieder“ die bekannte Sichtweise etwas auf den Kopf stellen würde. Anhand der Reaktion im Publikum merkt man genau, wer in dieser Zeit aufgewachsen ist und sich auf die eine oder andere Weise mit den Hits der 60er identifizieren kann.

Unaufhaltsam geht es weiter in die 70er: Die Kleider werden deutlich kürzer, die Songtexte sind bei weitem nicht mehr ganz so jugendfrei, großformatige, farblich kopfschmerzverursachende Muster legen LSD-Experimente der Designer nahe. „Es war Sommer“ gehört ganz sicher zu den Highlights dieses Akts, doch auch Tilly, ihre Prilblumen, „Hossa“, „Griechischer Wein“ und der aktuell mal wieder omnipräsente Heino fehlen natürlich nicht. Das Tivoli Orchester sorgt mit passenden Accessoires nicht nur optisch für das richtige 70er Jahre Feeling.

Im dritten Teil des Abends legt das Ensemble nochmal an Tempo zu: Die 80er Jahre sind schnell, hektisch, bunt, schräg. Die Kostüme der Cast spiegeln dies einwandfrei wieder. Die Songauswahl sorgt für Jubelstürme und lautstarkes Mitsingen bei den Zuschauern: Die Neue Deutsche Welle ist u. a. mit „Major Tom“, „Codo“, „99 Luftballons“ vertreten. Aber auch andere Klassiker dieses Jahrzehnts finden ihren Platz, dazu zählen Matthias Reims „Verdammt ich lieb Dich“ und auch Roland Kaisers „Joana“. Letzteres wurde vom Publikum durch die passenden Zwischenrufe aber nicht in der ursprünglichen Version belassen… Als Finale wurde der Titelsong des erfolgreichen Kiez-Soap „Pension Schmidt“ zum Geburtstagslied für das Schmidt Theater umgetextet. Welches Theater hat schon seinen ganz persönlichen Song?

Wie immer agieren die sechs Musicaldarsteller rund um Corny Littmann auf höchsten Niveau. Mit einer ordentlichen Portion Ironie trägt man auch das albernste Kostüm und die dämlichste Perücke gern über die Bühne. Gesanglich gibt es nichts zu kritteln. Mit Norbert Kohler und Manuel Lopez erlebt man zwei neue Mitglieder der Schmidt-Familie – in jeglicher Hinsicht eine echte Bereicherung des Teams. Auffällig ist, dass zahlreiche sehr anspruchsvolle Choreographien eingearbeitet wurden, die den Künstlern eine noch größere Vielseitigkeit abverlangen und die Show noch abwechslungsreicher macht. Das ist neu und zeigt einmal mehr, dass das Schmidt Theater viel mehr kann als nur Klamauk und Standup Comedy. Vielmehr untermauert das Kreativteam hiermit seinen Platz als ernstzunehmende Musical-Spielstätte in Hamburg.

„Die Schmidtparade“ ist ein großer Spaß, in dem sich mehrere musikalische Generationen spielend wieder finden. Nix wie hin und in Kindheitserinnerungen schwelgen!

Michaela Flint

Theater: Schmidt Theater, Hamburg
Premiere: 5. Juli 2013
Darsteller: Corny Littmann, Tamara Bauer, Yvonne Disqué, Norbert Kohler, Manuel Lopez, Mario Saccoccio, Leila Vallio
Regie: Corny Littmann
Fotos: Oliver Fantitsch