home Entertainment-Shows Pompös – Das große Weihnachtsspektakel

Pompös – Das große Weihnachtsspektakel

Wie in jedem Jahr stimmt die Schmidt Theater Familie das Publikum frühzeitig auf Weihnachten ein. 2016 findet die Weihnachtsgala mit dem klangvollen Namen „Pompös“ im Schmidt’s Tivoli statt.

Die Travestiekünstlerin Elke Winter, seit Jahren ein häufiger und gern gesehener Gast im Schmidt Theater, führte als Gastgeberin durch den bunten Abend. Ihre Kostüme waren tatsächlich pompös, angefangen bei der rot-glitzernden Robe aus dem Stoff des Vorhangs, über ein hautenges gold-schwarzes Paillettenkleid, in dem ihre Kurven ganz vorzüglich zur Geltung kamen, bis hin zur Ballrobe in silber-metallic, in der sie das Finale bestritt.

Elke Winter bringt die Dinge auf den Punkt. Sie erzählt unverblümt von ihrer „Organverschiebung“, die sich umgangssprachlich als „Leber im Arsch“ herausstellt und gibt dem Publikum wohlmeinende Tipps zum Umgang mit sehr jungen Männern mit auf den Weg: „Mit 23 Jahren sind sie wie junge Welpen: Einmal streicheln und schon ist die Couch nass!“ Und wer nun denkt, dass man ihrer offensiven Art am besten entgeht, indem man sich „immer mit dem Hintern an der Wand entlang“ bewegt, der täuscht sich: „Ich spiele heute Abend auch Wand, keine Sorge!“.

Ihr erster Gast war Nagelritz, mit dem das Publikum trotz seiner charmanten Mischung aus Comedy, Kabarett und Chanson nicht so recht warm wurde. Da halfen auch die unzähligen Tüten „Ahoi-Brause“ nicht, die er unters Volk bringt.

Bei Oscar Kaufmann, der am Cyr-Wheel beeindruckende Körperbeherrschung zeigte, kamen auch „Les trois Pompadours“ zum Einsatz, die den Reifenkünstler mit ungewöhnlichen Interpretationen der Chart-Hits „Secrets“ und „Uprising“ unterstützten. Hinter dem Namen „Les trois Pompadours“ verbergen sich Diana Böge, Yvonne Disqué und Dörthe Thiel – allesamt feste Ensemblemitglieder der Schmidt-Familie (u. a. „Heiße Ecke“).

Dann übernahm Elke Winter wieder und erzählte von ihrer Oma, ihren Schwestern und insbesondere von ihrem Neffen „Pörschelbär“, der eigentlich Pierre-Gilbert heißt, was aber wohl außer seiner Mutter alle Verwandten und auch ihn selbst vor linguistische Herausforderungen stellt. Eine zum Schreien komische Szene! Schön auch die Anekdote mit der Frage, wo denn die Tampons hinkämen: „Na, da wo die Babys herkommen!“ „In den Storch???“ Das Publikum krümmt sich vor Lachen!

Als nächster Gast ließ uns Benni Stark an seinen Erfahrungen im Einzelhandel teilhaben. Wunderbar seine Aufzählung von Markennamen, die man einfach nicht aussprechen kann (bspw. „Aberkaramba und der Fisch“ anstatt Abercrombie & Fitch). Kunden sind aber manchmal ganz offenbar auch sehr speziell, um nicht blöd zu sagen. Die Frage des Verkäufers „Wie lang?“ auf die Bitte einen Kunden nach einem HDMI-Kabel wurde da kurzerhand mit „Für immer!“ beantwortet. Manchmal stehen einige aber auch wirklich auf der sprichwörtlichen Leitung. Benni Stark traf eindeutig den Geschmack der Zuschauer. Seine kurzweiligen, humorigen und durchaus glaubhaften Geschichten wurden lautstark applaudierend honoriert.

Kurz vor der Pause stieß dann auch Nik Breidenbach (der bei diesem Winterspektakel für die Regie verantwortlich zeichnet) hinzu und konnte sich Elkes Avancen nicht erwehren. Die Erinnerungen an einen wohl sehr heißen „Winter in Kanada“ ließen die beiden hinter der Couch verschwinden und man sah nur noch die Kleider fliegen.

Zu Beginn des zweiten Akts musste Breidenbach dann als Prellbock für Elke Winters Missgunst herhalten, und durfte nicht nur das Chaos, welches die beiden vor der Pause verursacht hatten, aufräumen, sondern auch für die nächste Künstlerin alles vorbereiten. Marie Bitaróczky ist eine sehr athletische Vertikaltuch-Artistin, die ihr Sportgerät beherrscht. In einem sehr erotischen Bühnenoutfit, bei den nur ein paar Glitzersteine die wesentlichen Stellen verbargen, erklomm sie die beiden Tücher und zeigte allerlei Kunststücke. Schade nur, dass die Eleganz, die diesen Sport so wunderschön macht, zugunsten von kraftvoller Athletik entfiel. Auch die sehr eigenwillige Fassung von Chris Issacs „Wicked Game“, gesungen von Nik Breidenbach und seiner Schwester Dörthe Thiel, trug nicht dazu bei, dass man diese Sequenz genießen konnte.

Elke Winter verpackte die „kleine Sportbarbie“ wieder in dem Geschenkkarton, in dem sie auf die Bühne gekommen war, und machte sich daran, ihren offenbar nicht sonderlich wertgeschätzten Kollegen Wolfgang „Arschloch“ Trepper anzusagen. Dieser hielt sich dann in seinem obligatorischen Jahresrückblick auch nicht zurück und motzte und meckerte sich durch die Highlights und Tiefpunkte des Jahres 2016. Die Frage jedoch, warum man beim Biathlon überhaupt Zweiter wird, wenn man doch ein Gewehr dabeihat, entbehrte nicht einer gewissen – wenn auch martialischen – Logik. Sehr gelungen auch die Analogie von Ronald Schills Auftritt bei der TV-Sendung „Adam & Eva“ zu Olaf Scholz, den Trepper in 10 Jahren beim Format „Bauer sucht Frau“ erwartet.

Zum Abschluss wurde es dann noch sehr musikalisch: Nik Breidenbach erinnerte mit einem gefälligen „Zieh die Schuh aus“ an den im März unerwartet verstorbenen Roger Cicero. Der folgende „Uptown Funk“ der „Les trois Pompadours“ war etwas arg disharmonisch, doch „Christmas“ und „Let it Snow“, bei dem alle Akteure gemeinsam auf die Bühne kamen, rundeten die Gala thematisch ab und entließen das Publikum mit dem Gedanken an Weihnachtsmarkt, Schnee, Geschenke, Hektik, Stress usw. in die vor ihm liegende Adventszeit.

„Pompös“ ist eine traditionelle Varieté-Show: Es gibt eine exzellente Conférencieuse, artistische und musikalische Darbietungen und Kabarett verschiedenster Art. Insgesamt hatten sich die Zuschauer vielleicht etwas mehr Wow-Effekt versprochen, denn Elke Winter und ihre Gäste wurden nicht müde zu betonen, dass sie die Reaktionen des Publikums sehr träge fanden. Das hinterlässt einen leicht faden Beigeschmack bei einer Show, der ohne Elke Winter und Benni Stark definitiv das sprichwörtliche Salz in der Suppe gefehlt hätte.

Michaela Flint

Theater: Schmidt’s Tivoli, Hamburg
Premiere: 17. November 2016
Darsteller: Elke Winter, Benni Stark, Oscar Kaufmann, Marie Bitaróczky, Nik Breidenbach, Diana Böge, Yvonne Disqué, Dörthe Thiel, Nagelritz, Wolfgang Trepper
Musik / Regie: Tivoli Orchester / Nik Breidenbach
Fotos:  Oliver Fantitsch, Katja Renner