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We Will Rock You – Kulissen & Technik

Mehr als 1000 Shows in Köln, die Spielzeit in Zürich wird bis Ende des Jahres verlängert und ab 24. Januar bekommen auch die Wiener ihre eigene „We Will Rock You“-Produktion. Dass zu einem erfolgreichen Musical nicht nur mitreißende Musik, eine gute Story und herausragende Darsteller (siehe Interview mit Vera Bolten) gehören, ist hinlänglich bekannt.

blickpunkt musical hat einen Blick hinter den Vorhang des Kölner Musical Domes gewagt, denn schon die nackten Zahlen und Fakten sind beeindruckend: 107 Personen sind jeden Abend im Einsatz, um einen reibungslosen Showablauf zu gewährleisten, die Bühne ist 20 m breit, 16 m tief und der Bühnenturm 22 m hoch, das Gesamt-Equipment macht 20 Tonnen aus, allein die Videoinstallationen mit ihren 80 Einzelbildschirmen wiegen 4 Tonnen, das Soundsystem beachtliche 5 Tonnen und die Lichtanlage 10 Tonnen, 22 Musiker und 47 Darsteller sorgen jeden Abend in wechselnden Besetzungen für akustische und optische Unterhaltung.

Wir treffen Daniel Schult, einer von zwei Bühnenmeistern bei „We Will Rock You“, und lassen uns von ihm seinen zweifelsohne abwechslungsreichen Arbeitsplatz zeigen. Schult kennt das Zelt wie seine Westentasche, schon während „Gaudí“ (1996/97) war er hier beschäftigt. Während der Zeit von „Saturday Night Fever“, „Vom Geist der Weihnacht“ und „Jekyll & Hyde“ war er beim Fernsehen als Bühnenmeister und Kulissenbauer beschäftigt, bis er im Oktober 2004 wieder in den MusicalDome zurückkehrte, um die Produktion von „We Will Rock You“ mit aufzubauen.

Wir beginnen den Rundgang im Theatersaal: „Wir haben im Parkett 1200 Plätze und im Rang ca. 540.“, sagt Daniel Schult. Am augenfälligsten für das Publikum sind die Technikkabinen hinter den Sitzreihen: „Hinten sitzen Ton- und Lichttechnik und der Caller, der für den lückenlosen Ablauf der Show verantwortlich ist und mit allen Kollegen über Headsets in Kontakt steht.“ Aber auch die beiden Lichttechniker, die für jede Show ihre Arbeitsplätze links und rechts von der Bühne erklettern, kann man vom Zuschauerraum aus kaum übersehen: „Eigentlich ist so etwas im Theater nicht üblich, aber wir setzen die beiden Spotfahrer ganz bewusst so sichtbar ein, da wir mit unserer Show eine Rockkonzert-Atmosphäre erzeugen wollen.“

Wir gehen rechts hinter die Bühne und werden von Schult in einen dunklen, schallgedämpften, kleinen Raum geführt: „Hier in der Vocal Booth singen die Darsteller die Chornummern, wenn sie nicht auf der Bühne stehen. Die Live-Musik bekommen sie über Kopfhörer zugespielt und auf dem Monitor sehen sie den Dirigenten, damit die Einsätze stimmen.“ Dort wird aber nicht nur von bis zu 20 Personen parallel gesungen, sondern auch Kostümwechsel vorbereitet und nachgeschminkt, was bei dem begrenzten Platz eine organisatorische Meisterleistung ist.

Wir betreten die Seitenbühne und müssen feststellen, dass der Platz hier im Gegensatz zu anderen Theatern sehr überschaubar ist. Es gibt kaum Stauraum für die Großkulissen wie das Heartbreak Hotel, die Bar oder den Thron der Killer Queen. Das Orchester wurde auf eine Art Balkon platziert. Parallel finden mitten zwischen den Kulissen auch noch die zahlreichen Quick Changes statt, da der Weg zu den Garderoben schlichtweg zu weit ist.

Daniel Schult erläutert, dass die Kulissen in den verschiedenen „We Will Rock Produktionen“ überall identisch sind: „Das Heartbreak Hotel ist eine massive Stahlkonstruktion, die schon allein aus Sicherheitsgründen sehr stabil gebaut ist.

Das macht es trotz der Rollen zu einem recht schweren Bühnenelement.“ Auch der in das Heartbreak Hotel integrierte Ford Transit ist ein Original. „Der Ford ist echt, aber nur so sieht es realistisch aus. Übrigens war der erste Tourwagen von ‚Queen’ auch ein Ford Transit ist. Und nun ist Ford unser Hauptsponsor – wenn das kein Zufall ist.“ gibt Schult die Anekdote augenzwinkernd wider. Auch wenn die Kulisse zweigeteilt links und rechts der Hauptbühne steht, muss sie während der Show dennoch innerhalb kürzester Zeit von vier Männern an ihre Position gebracht werden. „Die aufwendigsten Bühnenumbauten finden in den leisesten Szenen statt.“ erläutert Schult, „Bis das alles reibungs- und vor allem geräuschlos klappt, sind wochenlange technische Probenarbeiten erforderlich.“

In jeder Show sind zehn Techniker damit beschäftigt, die Kulissen, Züge und Requisiten an ihre Positionen zu schaffen: „Fünf sind unmittelbar auf der der Bühne im Einsatz, zwei steuern die Züge und Automationsfahrten von der Galerie aus und drei arbeiten unter der Bühne.“ Unter der Bühne befindet sich die „Garage“ der Show; dort stehen Harley und Van und warten auf ihren Einsatz. Mit einer Hubbühne werden die beiden Vehikel, in einigen Szenen auch Darsteller, aus den Katakomben auf die Bühne gefahren. „Ein Kollege bedient die Bühne, ein zweiter bewegt die Kulissen an die vorgesehene Stelle und der dritte ist nur für die Sicherheit da. Immerhin öffnet sich eine 1,5 x 3,5 m große Öffnung mitten in der Bühne und da muss alles hundertprozentig stimmen. Aber wenn sich der Boden öffnet, sind alle Augen von uns, inkl. einer Infrarot-Kamera, darauf gerichtet. Ohne die Freigabe des Stage Managers von der Seitenbühne, kann die Hubbühne nicht bewegt werden.“

Dass die Harley Davidson ebenfalls echt ist, führt uns Daniel Schult direkt selbst vor. Die Drehungen auf der Bühne werden von den Darstellern selbst ausgeführt. Die Blinker dienen als Steuerungselemente für die Drehungen. „Es wird eine Drehung bis 360° ausgeführt.“

Etwas ernüchternd ist der Blick in den Van, das Liebesnest von Galileo und Scaramouche. Gemütlich ist sicherlich was anderes…

Auf dem Weg zurück auf die Bühne kommen wir am so genannten Radioraum vorbei, in dem alle Darsteller mit ihren Microports ausgestattet werden. Direkt daneben befindet sich eine kleine Videokabine für die Leinwandauftritte von Killer Queen und Khashoggi. Ein Monitor zeigt dem Darsteller das Geschehen auf der Bühne und Markierungen an den Wänden zeigen an, wo er bzw. sie hingucken muss, um die gewünschten optischen Effekte des direkten Blickkontaktes auf der Bühne zu erzielen. „Diese Szenen können beim Zuschauer den Eindruck eines Einspielers erwecken, werden aber jeden Abend live gespielt.“

Auf der Bühne sind gerade die Vorbereitungen für die Show in vollem Gang. Dazu zählt auch das Wischen der Treppe mit den weißen GaGa-Statuen: „Die Treppe muss jeden Tag gewischt werden, jede Show hinterlässt ihre Spuren, die man auf diesem weißen Untergrund sehr deutlich sieht. Außerdem wird die Treppe regelmäßig neu gestrichen.“ Die Treppe wird mittels eines im Bühnenboden befindlichen Seilsystems bewegt. Dazu sind in den Boden Führungsspalten eingelassen. Für die Darsteller sind also nicht nur die zahlreichen Markierungen mit verschiedenen farbigen Klebestreifen auf dem Bühnenboden relevant, sondern sie müssen zudem genau wissen, wo diese Spalten sind. Immerhin sind diese bis zu 2 cm breit.

Der imposante Thron der Killer-Queen steht, genauso wie die Bar, die ganze Zeit während der Show auf der Bühne. Während jedoch die Bar durch einen Vorhang für die Zuschauer unsichtbar gemacht wird, wird der Thron auf einer Zwischenebene unter dem Orchester geparkt. Da diese Kulisse 2 Tonnen wiegt, ist es mit einfach herunterheben und nach vorn schieben nicht getan. „Auch hier haben wir eine spezielle Hubbühne, auf die wir den Thron während der Show geräuschlos fahren und mit der wir die Höhe bewältigen.“ Zusätzlich ist im Thorn selbst eine Hydraulikbühne integriert, auf der Killer Queen und Khashoggi während „It’s a Kind of Magic“ stehen und sich in 3 m Höhe drehen. „Die Darsteller stehen auf einem Drehteller, der die Drehung des Panels ausgleicht, damit sie nie mit den Rücken zum Publikum stehen.“ erläutert Daniel Schult.

Nun geht es eine Etage nach oben auf die Galerie. Dort, gut 3 m oberhalb des Orchesters, ist das Reich der Züge und Automationen. Und – dort ist es sehr warm: „Im Sommer haben wir hier oben gern mal 38° C.“

Oben angekommen, stehen wir in einer Technikzentrale: Unzählige Computer, Bildschirme und Schaltpulte bestimmen den Alltag der Bühnentechniker 10 m über dem Bühnenboden. „Auf den Computern ist die ganze Show gespeichert, alle Verwandlungen, alle Positionen, alle Geschwindigkeiten.“ Bereiche, die für die beiden Bühnentechniker nicht direkt einsehbar sind, werden von Kameras abgedeckt. Zudem sind sie auch über Headsets mit dem Stage Manager verbunden und werden so über alles informiert. Deshalb gehört es zu den Hauptaufgaben des Bühnenmeisters, während der Show immer zu überwachen, wo sich etwas bewegt und einzelne Bewegungen oder Züge im Ernstfall sofort zu stoppen. Hier steht die Sicherung aller Künstler, Techniker und Mitarbeiter an erster Stelle.“

Genauso wie alle Züge ist auch die imposante Videowall doppelt gesichert: „Die Vorschriften im Theater besagen, dass Züge an Stahlseilen aufgehängt sein müssen, die das 12fache des tatsächlichen des Einzeldekoration tragen. Die Videowand allein wiegt immerhin schon zweieinhalb Tonnen.“

Daniel Schult bringt uns wieder in den Theatersaal zurück. Die gesammelten Eindrücke lassen „We Will Rock You“ noch ein Stück bombastischer erscheinen. Einmal mehr durften wir feststellen, dass ein Musical ohne die zahlreichen Mitarbeiter aus den Backstage-Bereichen Bühnentechnik, Beleuchtung, Tonabteilung, Stage Management, Maske und Kostüm nicht denkbar ist. Denken Sie daran, wenn Sie das nächste Mal eine Show besuchen und achten Sie auf die vielen technischen Kleinigkeiten, die man auch aus dem Zuschauerraum bemerkt.

Michaela Flint
veröffentlicht in blickpunkt musical