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The War of the Worlds – The New Generation

Fulminante Umsetzung des Sci-Fi-Klassikers

H. G. Wells Science Fiction Roman von 1898 sorgte nicht nur als Literaturfassung für Furore – Orson Welles erstes Hörspiel 1938 war so authentisch produziert, dass einige Zuhörer an den Radioempfängern die Invasion der Marsianer für bare Münze nahmen…

40 Jahre später schuf Jeff Wayne die erste musikalische Version des Angriffs der Außerirdischen auf das Vereinigte Königreich. Erst 2006 gelangte das Stück erstmalig als Musical auf eine Bühne. Richard Burton, der in der ersten Fassung als Erzähler fungierte, wurde als Hologramm in die Show integriert.

Es folgten einige weltweite Tourneen, von denen die letzte 2013 auch nach Deutschland kommen sollte.

Leider erreichte die Tournee mit dem Zusatz „The New Generation – Alive on Stage!“ nie deutsche Bühnen, doch mit der im Februar 2014 erschienenen DVD bekommen alle Zuschauer einen Eindruck davon, wie eine beeindruckende Musical-Arena-Produktion aussieht.

Die größte Veränderung zur vorangegangenen Produktion liegt im Austausch des Sprechers / Journalisten durch Liam Neeson. Auch er wird in die Show als Hologramm integriert, was sehr gut gelingt und den Fortschritt der technischen Möglichkeiten nachhaltig unterstreicht. Seine akzentuierte Aussprache und die Wärme seiner Stimme zeigen die beklemmende Handlung noch klarer auf.

Bei diesem Musical stehen eindeutig nicht die wenigen Protagonisten im Vordergrund, sondern die Musik. Jeff Wayne hat seine rockigen Kompositionen mit einem Symphonieorchester einstudiert, dessen gewaltige Intensität im heimischen Wohnzimmer sicherlich nur mit einer Dolby Surround Anlage zur Geltung kommt. Im Gedächtnis bleiben vor allem die Ouvertüre, die Synthesizer-Klänge, die dieses Musical so markant machen und die gefälligen Melodien, die die Sänger in ihren Soli begleiten.

Komplettiert wird die Riege der namhaften Hauptdarsteller durch Kerrie Ellis („Wicked“) und Jason Donovan („Chitty Chitty Bang Bang“, „Priscilla“). Ellis gibt Beth, die liebende Ehefrau des Pastors Nathaniel. Letzterer wiederum wird intensiv und berückend von Jason Donovan gesungen und gespielt. Im Interview bestätigt Donovan, dass er diese ernste, erwachsene Rolle sehr gern übernommen hat: „Parson Nathaniel ist ein ziemlich komplizierter Charakter, der manchmal schon fast im Delirium ist. Es sind 14 sehr aufwühlende Minuten, die ich auf der Bühne stehe. Nathaniel hat die Chance zu erklären, dass es das Böse im Menschen ist, das die Invasion der Marsianer erst möglich machte.“

Aber nicht nur die Rolle selbst hat Donovan gereizt: „Ich glaube, dass interessante an der Show ist, dass es nicht wirklich Musiktheater ist, sondern filmisch umgesetzt ist. Es ist ein „musikalisches Kino-Arena-Erlebnis“, es ist theatralisch, erzählt eine Geschichte. Ich gehöre zu denjenigen, die glauben, dass Musik ein Stück voranbringt, aber dass die Handlung das Wichtigste ist. Es geht nicht darum, wie man seine Noten singt, sondern wie man die Songtexte interpretiert. Natürlich sind die Melodien wichtig, aber das Erzählen der Geschichte ist der Kern des Ganzen.“

Das trifft es ziemlich genau. Schaut man sich dieses Bombast-Musical an, geht es wirklich darum, wie die Handlung in vielen kleinen Szenen erzählt und vorangebracht wird. Jeder Darsteller setzt seinen eigenen Schwerpunkt.

Die gesungenen Gedanken des Journalisten intoniert Marti Pellow – in England ganz sicher kein Unbekannter („Wet Wet Wet“-Sänger). Die großen Überlebensängste des Journalisten bringt er mit viel Gefühl über die Rampe.

Will Stapleton, Leadsänger der Hardrock-Band Jetblack, hinterlässt als „Voice of Humanity“ eine deutliche akustische Duftmarke. Auch wenn er nur ein Solo hat, brennt er sich mit seinem Kurzauftritt ins Gedächtnis.

Ricky Wilson, Frontman der Kaiser Chiefs und „The Voice UK“ Juror, ist als Artilleryman zu erleben. Er spielt beeindruckend und singt sich mit viel Einsatz durch seine Partien. Eine leichte Verrücktheit kann man ihm kaum absprechen.

Sicherlich hätte sich auch Jeff Wayne nicht träumen lassen, dass aus seinem als einmalige Aufführung in der Londoner Royal Albert Hall geplanten Werk eine multimediale Arenatour werden würde.

Fragt man ihn, warum das Publikum seine musikalische Adaption eines viktorianischen Sci-Fi-Klassikers so spannend findet, gerät er ins Schwärmen: „Sicherlich liegt es an der Art und Weise wie ich komponiere. Ich kenne mich mit elektronischer Musik aus, kann aber auch für symphonische Streicher Arrangements schreiben. Ich musste mich an keine Vorgabe halten und konnte einfach „ins Blaue“ komponieren. Meine Leidenschaft für Musik hat sich ausgezahlt und die Zuschauer mögen es.“

Hinzu kommt auch immer wieder die politische Komponente. Geschrieben als klare Anklage an das Britische Empire, das „einfach so“ ein Land nach dem anderen eroberte und in sein Reich aufnahm, sind Invasionen auch heute, mehr als 100 Jahre später, noch allgegenwärtig.

Nach mehr als 130 Shows, die er eigenhändig dirigiert hat, muss die Frage erlaubt sein, ob er sich im Schatten des gigantischen dreibeinigen

Marsianer-Raumschiffs über seinem Kopf nicht auch mal bedroht fühlt. „Die Kampfmaschine der Marsianer, die wir auf der Bühne haben, wiegt beachtliche 33 Tonnen. Der Hitzestrahl, den sie in fünf Richtungen abfeuert und die Pyrotechnik, die dabei zum Einsatz kommt, heizen uns schon manchmal ganz schön ein. Aber bisher ist niemanden etwas passiert.“

Alles in allem ist „The War of the Worlds“ eine in technischer Hinsicht durchaus beeindruckende Show. Auch musikalisch und gesanglich fühlt man sich gut abgeholt. Doch gerade in diesem Fall kann eine DVD das Live-Erlebnis nicht ersetzen. Die Kamerafahrten lassen die Bühne manchmal geradezu winzig wirken und werden dem großen Orchester, den beachtlichen Videoprojektionen und den herausragenden Sängern nicht gerecht. Ein Live-Dabei-Erlebnis kommt so leider nicht auf.

Doch ab Herbst 2014 soll es zumindest in Großbritannien wieder eine Live-Tour geben. Also kann man sich mit der DVD einen Vorgeschmack auf das holen, was einen live ganz sicher in die Sitze drücken wird.

Michaela Flint

Idee: Jeff Wayne
Darsteller: Liam Neeson, Marti Pellow, Jason Donovan, Ricky Wilson, Will Stapleton, Kerry Ellis
Musik: Jeff Wayne
Verleih / Fotos: Universal Pictures