home 2019 Kreative Inszenierung von und mit talentierten Nachwuchsdarstellern

Kreative Inszenierung von und mit talentierten Nachwuchsdarstellern

Wer Weihnachten und Musicals liebt, ist in der „Großen Weihnachtsshow“ im Hamburger First Stage Theater goldrichtig! Schon beim Betreten des Theaters gelangt man in ein überschwänglich dekoriertes WinterWonderLand: Überall glitzert und funkelt es, lachen einen Weihnachtsmänner und Rentiere an. Die Terrasse wurde kurzerhand in eine beeindruckende Eisbar verwandelt – eine ganz andere Welt als im klassisch rot-goldenen Ambiente der Foyerbar.

Schon allein diese Verwandlung sucht ihresgleichen!

Das Publikum wird schon vor der eigentlichen Show durch ein Spalier singender Engel geleitet. Im Saal und auf der Bühne stimmt das Ensemble die Gäste mit weltbekannten Weihnachtsklassikern auf den Abend ein.

Auch der Theatersaal und die Bühne sind zauberhaft gestaltet. Auf der Bühne finden sich ein Winterwald am Teich, eine einladende Winterhütte, ein riesiger Stapel Geschenke und die Bühne links und rechts flanierende, saalhohe Weihnachtsbäume. Wirklich spitze, was sich Felix Wienbürger und Nils Hagelstein an Kulissen haben einfallen lassen!

Auch die vielseitigen Kostüme des aus Absolventen und Studierenden bestehenden Ensembles übersteigen das Niveau einer „Musical-School Produktion“ bei weitem: Die Kleider der Damen funkeln um die Wette, rote Pfauenfedern schmücken ihre Köpfe, Elfen und zahlreiche, sehr putzige „ugly jumpers“ runden das Bild ab.

Dieses sehr stilvolle Ambiente wird ebenfalls von Felix Wienbürger ins rechte Licht gerückt. Das Lichtdesign mit zahlreichen moving lights und wechselnden Farbspektren unterstreicht den hohen Anspruch der Stage School bei ihren Produktionen.

Inszenierung (jede Szene wurde von den Studierenden selbst erarbeitet), Regie (Dennis Schulze und Adam M. Cooper), Kulissen, Licht – das alles ist ganz großes Kino bzw. großes Musical!

Die „Große Weihnachtsshow“ ist ein Stück im Stück: Die Zuschauer erleben die letzte Probe vor der eigentlichen Show – inkl. gestresstem Regisseur, überspannter (und im späteren Verlauf unter Gedächtnisverlust leidender) Diva, Putzfrau mit Bühnenambitionen und herumwuselndem Choreografen.

Die „Weihnachtsmarkt Live-Kapelle“ unter der Leitung von Christian Feltkamp begleitet die über 45 Darstellerinnen und Darsteller. Es wurde natürlich darauf geachtet, dass jeder mal drankommt und sich von seiner besten Seite zeigen kann. Doch einige wenige ragen aus der Menge der Studierenden deutlich hervor.

Hierzu zählt an erster Stelle Niklas Heinrichs, der als reichlich tuntiger Choreograf versucht, den aufgeregten Hühnerhaufen kurz vor der Premiere auf die richtigen Positionen zu dirigieren und es nebenbei dem unüberhörbar genervten Regisseur (Nicolas Schulze) recht zu machen. Heinrichs macht „Home“ und „Hero“ zu den Gänsehautmomenten des Abends. Er hat nicht nur eine spannende Stimmfarbe, sondern verfügt auch über eine beachtliche Stimmkontrolle. Ihm gelingt, was seinen Mitschülern in den meisten Fällen noch fehlt: Er legt viel Gefühl in die Songs und gewinnt so die Herzen des Publikums im Sturm.

Für die lustigen Momente sind die beiden Elfen 1305 und 1.305 zuständig. Lisa Zell und Thomas Perkins werfen sich gekonnt die Bälle zu, zeigen Gespür für Timing und singen nebenbei „Alles was Du kannst“ noch sehr ansprechend.

Cedric J. Nayna ist ebenfalls einer der besseren Sänger an diesem Abend. Er hat eine sehr gute Technik, phrasiert vielleicht an der ein oder anderen Stelle zuviel, doch mit „O Holy Night“ und „Amazing Grace“ weiß er zu überzeugen.

Miss L. Toe, der Star der Weihnachtsshow, wird von Alexandra Nikolina gespielt. Sie weiß, worauf es ankommt, spielt überheblich und selbstverliebt, wie man es von einer Klischee-Diva erwartet. Auch die diesjährige Absolventin der Stage School verfügt über eine bemerkenswerte Technik, doch man wird das Gefühl nicht los, dass sie stimmlich an diesem Abend etwas angeschlagen war. Folglich gelingt ihr auch Whitney Houstons Showstopper „I have nothing“ nicht gänzlich. Auch bei Nikolina vermisst man die Emotionen.

Die „Große Weihnachtsshow“ ist eine bunte Mischung aus bekannten Weihnachtsliedern, Welthits und lustigen Showeinlagen. Jede Szene ist in sich stimmig und auch die umspannende Klammer der Show in der Show funktioniert. Viele Szenen sind eine Kombination aus Gesang und Tanz oder Schauspiel. Schauspielerisch sind die Studierenden allesamt sehr gut aufgestellt. Auch gesanglich sorgen sie vor allem in Ensemble-Nummern für fröhliche Momente. Schwachpunkte kann man vor allem im Tanz ausmachen: Viele Choreografien sind wundervoll gedacht, doch die Umsetzung ist nicht selten unsauber. Timings stimmen nicht und vielfach lassen es die Nachwuchsdarsteller auch an Körperspannung vermissen. Nichtsdestoweniger kann man den Contemporary Dance Einlagen und auch den Ballett-Nummern sehr viel Schönes abgewinnen.

Die „Große Weihnachtsshow“ liefert eine Überdosis Weihnachten – wobei, kann es von Weihnachten je genug geben?

Michaela Flint
erschienen in musicals – Das Musicalmagazin

Theater: First Stage, Hamburg
Besuchte Vorstellung: 26. Dezember 2019
Darsteller: Absolventen & Studierende der Stage School
Regie: Dennis Schulze und Adam M. Cooper
Fotos: First Stage / Dennis Mundkowski