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La La Land

Was für ein Überraschungshit ist Damien Chazelle da gelungen! Schon 2010 hat er das Drehbuch für dieses romantische Hollywood-Musical geschrieben, doch erst nachdem sein Film „Whiplash“ 2015 drei Oscars bekam, fand sich ein Filmstudio, das sein neues Drehbuch verfilmte.

Schon nach der Uraufführung bei Filmfestival von Venedig im August 2016 überschlugen sich die Kritiker mit Lob. In der Folge erhielt der Film mit Ryan Gosling und Emma Stone in den Hauptrollen unzählige Award-Nominierungen und brach Rekorde mit sieben gewonnenen Golden Globes, fünf BAFTAs (von elf Nominierungen) und der bisher unerreichten Zahl von 14 Oscar-Nominierungen 2017.

Im Mittelpunkt des Geschehens stehen der glücklose Jazzpianist Sebastian und die erfolglose Schauspielerin Mia. Nach einigen weniger erquicklichen Begegnungen finden die beiden zueinander, verlieben sich und geben sich in ihren Karrierebestrebungen gegenseitig Halt und Ansporn. Nach einiger Zeit bestärkt Sebastian Mia darin, sich als Drehbuchautorin zu versuchen, fortan steckt sie alle Energie in ihr Einen-Personen-Stück. Sebastian legt seinen Traum, einen eigenen Jazzclub zu eröffnen, auf Eis, um mit einer Jazz-Pop-Band auf Tour zu gehen. Dass er dies nur macht, nachdem er gehört hat, wie Mia ihre Mutter von Sebastians zukünftigem Erfolg als Clubbesitzer zu überzeugen versucht, ahnt Mia nicht.

Die beiden konzentrieren sich so sehr auf ihre Projekte, dass sie sich als Paar verlieren. Nachdem fast niemand bei der Premiere von Mias Stück war (auch Sebastian verpasste diese aufgrund eines Fotoshootings mit seiner Band), wirft Mia hin und flüchtet sich zu ihren Eltern. Am nächsten Morgen Sebastian bekommt einen Anruf von einer Casting-Chefin, die Mia gern für ein neues Projekt engagieren möchte. Er überzeugt Mia, dieses Casting zu machen.

Die beiden stehen an einem Scheidepunkt: Mia weiß nicht, ob sie den Film, den sie nicht als Schauspielerin sondern als Drehbuchautorin voranbringen soll, machen wird. Sebastian sperrt sich gegen ihre Vorwürfe, dass er seinen Traum zugunsten des Geldes aufgegeben hat. Doch beide versprechen sich ewige Liebe…

Es folgt ein Zeitsprung: Fünf Jahre später ist Mia eine erfolgreiche Autorin, verheiratet und Mutter eines kleinen Mädchens. Sie geht mit ihrem Mann aus und zufällig kommen sie an einem Jazzclub vorbei. Als sie den Namen des Clubs sieht, weiß Mia, wer der Besitzer ist: „Seb’s“ war der Name, den sie Sebastian für seinen Club immer wieder vorgeschlagen hat. Sebastian erblickt Mia im Publikum und stimmt auf dem Piano eine Ballade an. Während dieses Songs wird im Schnelldurchlauf gezeigt, wie sich die letzten fünf Jahre hätten entwickeln können, wenn die beiden sich nicht getrennt hätten: Mia wäre ebenso erfolgreich geworden, Sebastian hätte seiner Jazz-Leidenschaft weiterhin bei Konzerten in kleinen Clubs frönen können, die beiden wären verheiratet und Eltern. Doch der Jazzclub gehört jemand anderem…

Die Ballade verklingt, Mia und Sebastian lächeln sich ein letztes Mal an – man spürt ihre immer noch tiefe Verbundenheit -, doch Mia verlässt den Club mit ihrem Mann und Sebastian stimmt den nächsten Song an.

Es stellen sich viele Fragen, die im Film nicht beantwortet werden:

  • Warum trennen sich die beiden? Wann trennen sich die beiden?
  • Warum ordnet Sebastian seinen Traum der Karriere von Mia unter? Liebt er Mia mehr als sie ihn?
  • Warum ist Mia so egoistisch? Oder lebt sie nur ihren Traum?
  • Gibt es nur entweder oder: entweder die erfolgreiche Karriere oder eine glückliche Beziehung?
  • Muss sich immer ein Partner dem anderen unterordnen?
  • Wenn sich die beiden so sehr lieben (wie am Ende deutlich wird), finden sie dann vielleicht doch wieder zueinander?

„La La Land“ gaukelt eine große Leichtigkeit vor. Das liegt vor allem an den eingängigen Melodien von Justin Hurwitz und den Tanzszenen im Stil der großen 1930er Jahre Tanzfilme der Hollywood-Studios. Doch hinter dieser scheinbar bunten, schönen, erstrebenswerten Welt voller Möglichkeiten findet man Künstlerschicksale am Rande der Verzweiflung. Die beiden Protagonisten sind sehr nahbar und man kann viele ihrer Handlungen und Gefühle sehr gut nachvollziehen. Doch Damien Chazelle wirft mit seiner scheinbar fröhlichen Musicalromanze viele grundlegende Fragen zu Beziehungen und Lebensmodellen sowie der Priorisierung von Partnerschaft und Selbstverwirklichung auf. Vielleicht interpretiert man damit aber auch zu viel hinein in diesen Kinokassenschlager?

Der Film ist kurzweilig und unterhaltsam. „La La Land“ zeichnet schöne Bilder von einer aufblühenden Liebe im romantisch verklärten Hollywood-Business. Stone und insbesondere Gosling sind nicht die besten Sänger, können ihre Songs aber vor allem mit ihrer charmanten Ausstrahlung sehr glaubwürdig interpretieren (bspw. „City of Stars“, „The Fools Who Dream“). Auch tänzerisch geben die beiden ein schönes Paar ab. Gosling hat eigens für diesen Film Stepptanz und Klavierspielen gelernt und kann mit seinem neu erlernten Können durchaus überzeugen. Auch Stone hat sich tänzerisch und gesanglich explizit auf diese Rolle vorbereitet. Wie erwähnt gibt Chazelle seinen Charakteren nicht genug Tiefgang um alle Entscheidungen nachvollziehen zu können und man verlässt das Kino mit viel Diskussionsbedarf. Dennoch bestechen beide durch große Authentizität, was sicherlich auch darauf zurückzuführen ist, dass ihre eigenen Erfahrungen mit Auditions in den Film eingeflossen sind.

Ein besonderes Schmankerl ist John Legend, der als Sebastians Bandleader Keith zu sehen ist. Man hört nicht viel von seiner sanften, souligen Stimme, doch seine beruhigende, positive Ausstrahlung macht ihn zu einem überaus sympathischen (und dem einzigen bemerkenswerten) Nebendarsteller.

Warum „La La Land“ insbesondere im englischsprachigen Raum so sehr gelobt wird und die Kritiker sich mit Superlativen für die Hauptdarsteller, Regie und Musik überschlagen, ist nicht wirklich nachvollziehbar. Ja, der Film ist gut gemachtes Hollywood Entertainment und wenn man sich nicht näher mit dem Inhalt befasst, wird man gut unterhalten. Doch er ist eben nicht so oberflächlich wie er scheint, und man fragt sich unweigerlich, welche Botschaft Chazelle mit seinem Werk vermitteln möchte.

Im Interview sagt Chazelle, dass es ihm mit seinem Film um das Gleichgewicht zwischen beruflichem) Traum und Beziehung, zwischen Kunst und Realität geht. Für den jungen Regisseur ist das Genre Musical das perfekte Vehikel, um diese Gegenpole und die dazugehörenden Entscheidungen zu transportieren.

An einigen Stellen – insbesondere in der Eröffnungsszene, in der hunderte durch einen Stau zusammengeführte Menschen plötzlich auf dem Highway zu singen und tanzen anfangen, sowie in der Planetariumsszene, in der Mia und Sebastian auf den Wogen ihrer Liebe tanzend durch den projizierten Sternenhimmel fliegen – geht es mit den Kreativen aber durch. Der Bogen, die Möglichkeiten des Genre Musicals zu nutzen, um schwere Entscheidungen spielerisch zu versinnbildlichen, wird hier eindeutig überspannt.

Es sind viele eigene Erfahrungen und Erlebnisse Damiens sowie seiner Hauptdarsteller in den Film eingeflossen. Es mag sein, dass dies alles sehr realistisch ist, doch für viele ist es wohl eher schwer nachzuvollziehen, dass man seine Beziehung so leichtfertig seiner Karriere opfert und in Kauf nimmt, dass der Ex-Partner mit gebrochenem Herzen lebt, während man selbst erfolgreich ist und zudem ein erfüllendes (neues) Privatleben hat. Denn der Part, dass einer der beiden Protagonisten mit seinen Entscheidungen ringt, fehlt in „La La Land“ völlig.

Michaela Flint

Regie: Damien Chazelle
Darsteller: Ryan Gosling, Emma Stone, John Legend
Musik: Justin Hurwitz
Verleih / Fotos: Studiocanal