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Der Teufel ist ein Eichhörnchen

So ziemlich jeder kennt seine Musik: „Suzanne“ oder „Lover, Lover, Lover“ hört man immer mal wieder im Radio. Leonard Cohen gehört zu den großen Namen im Musikgeschäft. Seit den späten 60er Jahren hat der Kanadier 18 Alben veröffentlicht.

Die jetzt im Hamburger Schauspielhaus gezeigte Hommage „Songs from a Room“ verwebt in einer kleinen, kurzweiligen Tragikomödie mehr als 15 Cohen-Songs mit einer Geschichte, die zum Nachdenken anregt.

Auf den ersten Blick ist die Handlung mehr als abstrus: Ein Astronaut kommt in ein Hotelzimmer, in dem schon zahlreiche potentielle Selbstmörder vor ihm genächtigt haben, legt seinen Raumanzug ab und wird von dem aufdringlichen Zimmermädchen erstmal in ein Gespräch verwickelt. Aller Widerstand nutzt nichts, er wird die penetrante Quasselstrippe nicht los. Und so lässt er sich die Geschichte dieses Hotelzimmers von ihr erzählen und wundert sich mehr als einmal über die Parallelen zu seinem eigenen Leben. Als er am Schluss endlich seine wohlverdiente Dusche nehmen kann, wartet schon eine abgesagte des Teufels auf ihn, um ihn mit sich zu nehmen, denn der Astronaut ist der einzige Todesfall, der je in diesem Hotelzimmer zu beklagen war.

Dass dieser Todesfall ein Unfall ist, weil er beim Rasieren im Bad ausrutscht, dass das Zimmermädchen ihn quasi durch den Film seines Lebens begleitet, und dass der Teufel ein Eichhörnchen ist, erfährt der geneigte Zuschauer im Laufe des kurzen Musiktheaterstücks auf mal tragische, mal komische Weise.

Die Regie führt Thomas Matschoß, der schon zahlreiche Produktionen im Hamburger Schmidt Theater und Schmidt’s Tivoli inszeniert hat. Markus Voigt, ebenfalls viel an den Schmidt Theatern zuhause, hat Cohens Songs neu arrangiert und sorgt mit seiner sechsköpfigen Band für unerwartet fetzigen Rocksound. Das funktionale Bühnenbild (es werden drei Hotelzimmer nebeneinander angedeutet: links und rechts sitzen die Bandmitglieder, im mittleren läuft die Handlung ab) lenkt die Aufmerksam wunderbar auf das eigentliche Geschehen.

Sieben Darsteller sind in den verschiedenen Rollen zu erleben, allen voran Jörn Knebel als Astronaut. Er geht durch ein Wechselbad der Gefühle, wenn er das Kennenlernen seiner Eltern erlebt, mitbekommt, wie seine Mutter eine Affäre beendet, und sich plötzlich seiner eigenen großen Liebe gegenübersteht. Knebel legt viel Intensität in sein Spiel, und noch mehr in den Gesang („Lover, Lover, Lover“, „Everybody Knows“, „Avalanche“, „There for you“). Seine tiefe Stimme, die phasenweise etwas an Chris Rea erinnert, macht definitiv Lust auf mehr.

Hedi Kriegeskotte überzeugt als Zimmermädchen vor allem durch ihr spitzes Mundwerk. Einige Ihrer Kommentare sind ungemein treffend. Dafür lässt sie es am Gesang an vielen Ecken vermissen. Letzteres gilt auch für die Darstellerin, der als große Liebe des Astronauten zwar eine wichtige Rolle zukommt, die aber durch den schwachen Gesang komplett untergeht.

Dem gegenüber stehen mit Verena Fitz und Robin Brosch zwei Darsteller, die aus Lenoard Cohens Songs alles Erdenkliche herausholen. Während Verena Fitz sich mit „(No) Diamonds in the Mine“ allen Liebesfrust der Welt von der Seele rockt, legt Robin Brosch eine ungeahnte Intensität in seine beiden Songs („Paperthin Hotel“ und „Dress Rehearsal Rag“).

Begleitet werden alle von Susanna Swierk und Patricia Rieckhoff als Background-Sängerinnen. Die Stücke von Cohen lassen ihnen doch genug Entfaltungsmöglichkeiten und so zeigen beide ihr Können.

Juliane Koren hat zum Schluss des Stücks als rechte Hand des Teufels ein paar tolle Szenen: Als echtes Original klärt sie den Astronauten in unnachahmlicher Weise darüber auf, dass sein Leben nun zu Ende ist und gibt mit „Hallelujah“ eines der schönsten Songs des Abends zum Besten (wenn auch gesanglich nicht voll überzeugend).

Man mag über die Story denken, was man will. Man kann den tieferen Sinn ignorieren und hat dennoch seinen Spaß. In diesem sehr besonderen Compilation Musical bringen die Stücke die Handlung weiter und man langweilt sich keine Minute. Das hat man in Zeiten von wie Champignons aus dem Boden sprießenden Popmusicals schon mehrfach anders und deutlich schlechter gesehen.

„Songs from a Room“ ist ein kleines, aber sehr feines Musiktheaterstück, von dem wir in Zukunft mehr sehen wollen. Nutzen Sie die Chance und schauen Sie es sich an. Es lohnt sich.

Michaela Flint
veröffentlicht in blickpunkt musical

Theater: Schauspielhaus Hamburg
Premiere: Februar 2008
Darsteller: Robin Brosch, Verena Fitz, Jörn Knebel, Juliane Koren, Hedi Kriegeskotte
Musik / Regie: Leonard Cohen / Thomas Matschoß
Fotos: Schauspielhaus Hamburg