home 2014 Die Tourneefassung des Monty Python Musicals steht dem West End Hit in nichts nach

Die Tourneefassung des Monty Python Musicals steht dem West End Hit in nichts nach

Nach der Schweiz bekam auch Deutschland die Tournee von Monty Python’s „Spamalot“ zu sehen. Genauer gesagt nutzte Hamburg die deutschsprachige Tour als Sommerbespielung im St. Pauli Theater. Sechs Wochen lang reisten König Artus und seine Ritter der Kokosnuss auf der Suche nach dem Heiligen Gral durch englische Landschaften. Natürlich trafen auch sie auf die Ritter, die immer Ni sagen, den legendären Schwarzen Ritter, die nörgelnden Franzosen und viele andere kuriose Gestalten. Zu bestaunen gab es unter anderem trojanische Hasen, fliegende Kühe, noch nicht ganz tote Leichen und Dieter Hallervorden als Gott.

Das Publikum kommt bei dieser Tourfassung voll auf seine Kosten. Die Bühnenausstattung von Simon Schnidmeister und seinem Team ist ideal auf eine kleine Bühne wie die des St. Pauli Theaters angepasst. Bäume, Burgen und der sagenumwobene See bilden ein funktionales und sehr harmonisches Gesamtbild. Die typischen Monty Python Cartoons finden sich im Vorspann und natürlich bei der Erscheinung Gottes wieder.

Die Kostüme von Charles Cusick Smith, Phil R. Daniels und Björn Bugiel sind aufwendig, verspielt und vielseitig; schlüpfen die elf Darsteller doch in unzählige Rollen – von Bauern über Ritter zu Finnen und Can-Can-Tänzer bis hin zu Seejungfrauen und Rio-Tänzern, die unterschiedlicher kaum sein könnten. Hier wurde erfreulicherweise mal nicht am falschen Ende gespart.

Die Darsteller nebst Bühnentechnikerin Britta, die zu zahlreichen mehr oder weniger geplanten Einsätzen kommt, überzeugen durch die Bank. Eric Hättenschwiler gibt einen stattlichen König Arthus, der seine Gefolgschaft stimmlich und schauspielerisch rollenkonform anführt. Dass dieser Part in London u. a. von einem brillanten Tim Curry gespielt wurde, scheint ihn in keinster Weise eingeschüchtert zu haben. Der von ihm standesgemäß unterdrückte Diener Patsy wird von Fabio Romano herzzerreißend tragikomisch interpretiert. Das obligatorische Aneinanderschlagen der Kokosnusshälften absolviert er mit Bravour, er muckt nur selten auf (u. a. mit der Schweizer Flagge in seinem Tornister) und ist seinem Herrn in jeder Situation eine perfekte Unterstützung. Dafür darf er mit „Always Look On The Bright Side of Life“ den schönsten und bekanntesten Song des Stücks zum Besten geben. Es gelingt ihm spielend, das Hamburger Publikum zum Mitpfeifen zu animieren.

Als Lady of the Lake bzw. Toffi Fee aus dem See steht die stimmgewaltige Marlen Oberholzer auf der Bühne, die ihre Rolle raumgreifend ausfüllt und sichtlich Spaß daran hat, die phasenweise recht zickige Diva zu geben.

Tino Andrea Honegger übernimmt u. a. die Rolle von Sir Lancelot. So ganz sicher ist man sich nicht, ob er mit seinem Ehemann, Prinz Herbert, so glücklich ist. Aber auch ihm ist die Spielfreude anzumerken – selbst wenn ihm als Schwarzer Ritter von Arthus Arme und Beine abgehackt werden.. Besagter Prinz Herbert wird von Roland Herrmann gegeben. Die Rolle des Softies übernimmt er auch in der Ritterschar als ziemlich ängstlicher Sir Robin. Er hat eine ausdrucksstarke Mimik und ein exzellentes komödiantisches Gespür. Nathanael Schaer überzeugt als zunächst widerwilliger und dann sehr eitler Sir Galahad. Als Prinz Herberts gestrenger Vater ist er kaum wiederzuerkennen.

Die meisten Kostümwechsel zu absolvieren hat das Tanzensemble bestehend aus Tobias Gerber, Sarah Madeleine Kappeler, Amaya Keller und Gianmarco Rostetter. Bei ihren Einsätzen in nahezu jeder Szene kann man sich der guten Laune, die die vier versprühen, nicht entziehen.

Eine der größten Herausforderungen hatte sicherlich Daniel Grosse Boymann zu bewältigen, der für die deutsche Adaption verantwortlich zeichnet. Das englische Original sprüht vor Wortwitz und klamaukigen Anspielungen – keine leichte Aufgabe, dies so ins Deutsche zu übertragen, dass es nicht plump wirkt. Doch man kann ihm nur gratulieren: Die Texte sind clever, lustig und mit unzähligen Anspielungen auf Hamburg und Deutschland gespickt. Letztere stammen zumeist aus der Feder von Jan Christof Scheibe. Damit holen sie das Publikum genussvoll ab und sorgen so für Erfolg auf der ganzen Linie. „Das Lied, das jeder liebt!“ gehört zu den gelungensten Adaptionen des Abends. Auch die Schimpftiraden der Franzosen sind köstlich, obwohl man bei deren Tempo mit dem Zuhören kaum hinterherkommt.

Nicht vergessen dürfen wir die Live-Band unter der Leitung von Jan Christof Scheibe. Dass eine Handvoll Musiker für soviel Stimmung sorgen kann, ist keinesfalls selbstverständlich. Doch die Band kennt das Theater, kennt ihr Publikum und lässt sich von der guten Laune, die von „Spamalot“ ausgeht, schwungvoll anstecken.

Auch wenn die Tourfassung mit 2 x 45 Minuten deutlich kürzer ist als das britische Original, vermisst man nichts. Das Publikum wird genauso liebevoll mit eingebunden wie im Palace Theatre in London: „Fabulous Camelot“ wird einfach in die Große Freiheit verlegt, plakativ werden aktuelle Themen wie die Esso-Hochhäuser oder die Elbphilharmonie aufgegriffen. Freddie Quinn, Udo Lindenberg, Carmen Geiss, Udo Jürgens, Sir Angela Merkel und Conchita Wurst sind nur einige Namen, die beim Publikum einen hohen Widererkennungswert haben.

Die Zuschauer gehen lächelnd und pfeifend aus dem Theater. So machen Sommer-Gastspiele Spaß und man kann dem Ensemble nur wünschen, dass es nach Hamburg noch weitere Stationen für die Tour geben wird. Denn mit ihrer Show treffen sie sicherlich überall auf ein dankbares Publikum.

Michaela Flint
erschienen in musicals – Das Musicalmagazin

Theater: St. Pauli Theater, Hamburg
Besuchte Vorstellung: 8. August 2014
Darsteller: Eric Hättenschwiler, Tino A. Honegger, Marlen Oberholzer, Fabio Romano, Nathanael Schaer
Fotos: Christian Knecht / St. Pauli Theater