home 2015 Mamma Mia! ist und bleibt ein Gute-Laune-Musical

Mamma Mia! ist und bleibt ein Gute-Laune-Musical

Auch nach mehr als 13 Jahren hat „Mamma Mia!“ nichts von seinem Spaßfaktor eingebüßt. Die ABBA-Melodien zünden von der ersten bis zur letzten Note und das Publikum lässt sich auf eine turbulente Reise auf eine kleine griechische Insel entführen.

Meine Kritikpunkte am Stück an sich sind unverändert: Nach wie vor sind die deutschen Dialoge (Ruth Deny) und Songtexte (Michael Kunze) zu platt („Hupen, Hupen, Hupen – wir sind eine Supertruppe“) und dass Sophie, obwohl sie alles daran setzt, endlich ihren Vater zu finden, es dann am Schluss eigentlich doch gar nicht wissen möchte, erscheint wenig glaubhaft.

Doch gerade das exzellent gecastete Ensemble in Oberhausen lässt diese Kritikpunkte in den Hintergrund rücken. Carina Sandhaus gibt eine herzenswarme, in den entsprechenden Momenten sehr energische Donna. Betty Vermeulen ist wunderbar zickig und beherrscht die Bühne als Tanya vom ersten Moment an. Ihr komödiantisches Talent kommt ihr gerade in dieser Rolle sehr zu Gute. In der besuchten Vorstellung komplettierte Helena Blöcker als Rose die Dynamos. Auch sie kann man durchaus als Idealbesetzung bezeichnen. Die scheinbare Tollpatschigkeit und die leicht öko-esoterischen Ansätze kauft man ihr sofort ab.

Die drei potentiellen Väter wurden von Hannes Staffler (Sam), Jörg Zuch (Bill) und Nicolas Tenerani (Harry) gegeben, welche die verschiedenen Charaktere sehr gut herausgearbeitet haben. Staffler ist zwar augenscheinlich etwas zu jung für die Rolle, doch er füllt den Part schauspielerisch und gesanglich sehr gut aus. Zuch ist ebenfalls die ideale Besetzung, da man ihm den unabhängigen Weltenbummler (mit der selbst ihm nicht bekannten Sehnsucht nach einer Partnerin) sofort abnimmt. Tenerani zeigt gelungen die weiche Seite von Harry auf, ohne jedoch allzu stark zu übertreiben.

Lara Grünfeld und Marc Früh stehen in Oberhausen als Erstbesetzung des jungen verliebten Brautpaares Sophie und Sky auf der Bühne. Grünfeld ist eine sympathische, quirlige, phasenweise etwas zu süße Sophie, aber ihr charmanter holländischer Akzent macht dies im Handumdrehen wieder wett. Marc Früh gestaltet die dünne Rolle des Bräutigams so gut aus wie es geht. Er bringt seinen Unmut über Sophies Hochzeitseinladungen sehr nachdrücklich zum Ausdruck und den Part darüber hinaus sehr gut über die Rampe.

Genauso überzeugend wie die schauspielerischen und gesanglichen Leistungen der Protagonisten ist das Ensemble. Ob nun Sophies Freundinnen Ali und Lisa (die in der besuchten Vorstellung wie Zwillinge aussahen; gespielt von Sanne Buskermolen und Nina Ungerer) oder Pepper und Eddie (Kevin Schmid und Perry Beenen) – alle strotzen nur so vor Spielfreude und tanzen die schwungvollen Choreographien bemerkenswert akkurat.

Was auffällt ist, dass die Leadsänger kaum gegen das hervorragende Orchester ankommen. Phasenweise übertönt das Orchester trotz oder gerade wegen der sehr guten Surround-Anlage im Metronom Theater alles, vereinzelt sind die Mikros der Leadsänger einfach nicht laut genug. Dadurch geht viel an Stimmung verloren.

Nichtsdestoweniger verfehlen Stücke wie „Was sagt Deine Mami dazu“, „Der Sieger hat die Wahl“ oder „Ich bin ich, Du bist Du“ ihre Wirkung nicht. Viele Lacher erntet auch „Komm und wag‘s mit mir“, dass in Oberhausen deutlich direkter und offensiver scheint als in früheren Inszenierungen.

Etwas schade ist allerdings, dass die Kulissen der Taverne sehr viel „cleaner“ sind. Es gibt nur noch rechte Winkel und gerade Abschlüsse, keine Spuren von verlaufener Farbe und rostigen Streifen, die der Regen an den Fenstern hinterlassen hat. Der Effekt der Laternen, die auf den angedeuteten Treppenstufen in der ganzen Taverne aufgestellt waren, kann so gar nicht erst entstehen, da diese nur auf den Türabsätzen platziert werden und kaum zu sehen sind. Auch Sophie Brautkleid ist deutlich weniger aufwändig und erinnert mehr an ein Sommerstrandkleid als an ein elegantes Brautkleid für eine strahlende, junge Braut. Dass der Steg, über den Sophie und Sky dem aufgehenden Mond entgegenschreiten, nicht mit eingebaut wurde, ist sicherlich ebenfalls dem im Vergleich zu Hamburg deutlich geschrumpften Produktionsbudget zuzuschreiben.

Doch alles in allem bleibt „Mamma Mia!“ eine Fun-Show, in der es um die zeitlosen Songs von ABBA geht. Lässt man sich darauf ein, kann man knapp drei Stunden die Leichtigkeit des Lebens genießen. Dass das Theater jedoch an einem Samstagabend nur zu ca. 50 % ausgelastet war, spricht mehr als Bände… Vielleicht hat sich „Mamma Mia!“ in Deutschland inzwischen überholt?

Michaela Flint