home 2015 Schwierig inszeniertes Gute-Laune-Stück

Schwierig inszeniertes Gute-Laune-Stück

Was kann man über die Spielzeitpremiere des Jungen Staatsmusicals in Wiesbaden sagen?

Zunächst einmal ist es durchaus begrüßenswert, dass sich die Kreativen der deutschsprachigen Adaption des Klassikers „Dirty Rotten Scoundrels“, zu Deutsch „Zwei hoffnungslos verdorbene Schurken“ angenommen haben. Auch die Umsetzung eines so umfangreichen Musicals mit Nachwuchsdarstellern ist sehr lobenswert.

Leider überwiegen die negativen Elemente die positiven Aspekte dieses Stücks bei Weitem: Auffallend schöne Kostüme (Heike Korn) mit exzellenten Kopfbedeckungen passen wunderbar in die Zeit, in der die Geschichte der Trickbetrüger Lawrence „König“ Jameson und Freddy Benson spielt. Hingegen sind die Choreographien von Myriam Lifka sehr einfallslos (jede Ensembleszene endet mit einem frontal präsentierten großen Abschlussbild) und die Tänzerinnen und Tänzer trotz allem mit ihnen überfordert.

Das Casting von König und Muriel Eubanks ist eher zweifelhaft, denn beide sind in ihren Rollen wenig überzeugend: Während Muriel (Felicitas Geipel) zwar die divenhafte Erscheinung gut beherrscht, ist die anspruchsvolle Gesangspartie eine
Nummer zu groß für sie. Noran Hofmann fehlt es an Souveränität, um den angeblich so nonchalanten König
überzeugend zu spielen. Auch stimmlich kann er die Rolle nicht ausfüllen.

Sein Diener Charles hingegen (Benjamin Geipel) überzeugt genauso wie Rainer Maaß als Freddy Benson. Beide füllen ihre so unterschiedlichen Rollen gut aus. Als Bruder Ruprecht zeigt Maaß seine Wandlungsfähigkeit und empfiehlt sich damit eigentlich direkt für die Hauptrolle. Maaß versöhnt zudem auch gesanglich für so einige Misstöne, die man an diesem Abend ertragen muss. Dazu gehört auch Constanze Kochanek als Jolene Oaks, die zwar unglaublich viel Energie über die Rampe bringt, aber stimmlich sehr quietschig ist. Das passt zwar zur Figur, ist aber nicht schön anzuhören.

Gleiches muss man leider auch zur Soapqueen Christine Colgate feststellen. Nina Links mag die Rolle des naiven, reichen Töchterleins wohl durchaus akzeptabel spielen. Doch auch ihre Gesangsqualitäten genügen nicht, um der Figur die nötige Glaubwürdigkeit zu verleihen.

Wenn man in der vergangenen Spielzeit „Superhero“ gesehen hat – aufgeführt von demselben Ensemble, inszeniert von derselben Regisseurin (Iris Limbarth) – weiß man, zu was diese jungen Künstler in der Lage sind. Mit „Zwei hoffnungslos verdorbene Schurken“ hat man sich in Wiesbaden auf jeden Fall keinen Gefallen getan.

Vielleicht war das Stück auf allen Ebenen zu komplex: Gesang, Schauspiel und Tanz mit dieser Intensität kann man von Jungdarstellern ganz offenbar nicht erwarten.

Michaela Flint

Theater: Staatstheater, Wiesbaden
Besuchte Vorstellung: 16. September 2015
Darsteller: Norman Hofmann, Rainer Maaß
Buch / Musik: Jeffrey Lane / David Yazbek
Fotos: Staatstheater Wiesbaden